Mittwoch, 31. Mai 2023

Uncle Fester: grad gelesen Mai 2023

Dirk van den Boom - Die Welten der Skiir: Prinzipat, Protektorat und Patronat (Band 1-3)
Die hochgelobte Triologie des deutschen Politologen. Schaun mer mal, dachte ich zunächst. Denn der erste Band legte ein sehr gemächliches Tempo vor. So richtig fesselnd wurde es jedoch im dritten Band, als die Zusammenhänge offenbar wurden und das Finale anbrach. Für mich persönlich bedeutet die eingestreute Reminiszenz an die Ringwelt von Larry Niven den Gamechanger, dazu später aber mehr.
Das Volk der Skiir beherrscht seit Jahrtausenden die gesamte Galaxis. Dank der dreigeteilten Gewalt aus Prinzipat (Religion), Protektorat (Militär) und Patronat (Verwaltung), welche für sich genommen jeweils autark sind, herrscht ein ausgeglichenes Kräfteverhältnis. Vergleichbar mit Star Trek werden Völker, welche die Technologiestufe zur Eroberung des Weltraums geschafft haben, in dieses System integriert.
Allerdings legen die Skiir jenen Völkern eine 200-jährige Quarantäne auf, in denen etwaige Widerstände und Unruhen unterdrückt werden. Die Handlung des Romans setzt in dem Moment ein, in dem die Quarantäne für die Menschen beendet wird.
Nun entsenden die Menschen einen ständigen Botschafter und drei Mitarbeiter in den Reichsrat des Imperiums, der auf einer Sternstation im Argus System beheimatet ist. Der Tischler Flockhart Eder wird überraschend als Botschafter bestimmt.
Es stellt sich jedoch im Laufe der Handlung heraus, dass Eders Vater ein hochrangiger Vertreter der Widerstandsbewegung gegen das Imperium gewesen war und auf der Erde ein Artefakt versteckt hatte, mit dem sich Tore zu anderen Universen öffnen lassen.
Doch erst im dritten Band wird sich herauskristallisieren, dass die Skiir nicht durch natürliche Evolution entstanden waren, sondern künstlich durch das Volk der Hatta erschaffen worden waren. Gleiches gilt auch für sämtliche Völker des bekannten Universums, einschließlich der Menschheit. Ohne Scheiß, dies halte ich für einen erfrischend neuen Denkansatz in der Science-Fiction. Nicht einmal Philip K. Dick kam dieser Gedanke.
Flockhart Eder und seine drei Mitarbeiter sind an fast allen Geschehnissen während der drei Romane direkt beteiligt. Die Chinesin Bixa Li steht dem Protektorat nahe und ist eine Kämpferin - ausgebildet, um notfalls Aliens umbringen zu können.
Harkin Leybold ist Wissenschaftler und Ersatzmann für Torgen, einem genialen Xenobiologen, der vom Prinzipat ausgewählt worden war. Der Mord an Torgen wird vom Investigator Tobias Markensen untersucht. Dieser trägt im Verlauf der Romane noch wesentlich zur Handlung bei, während Leybold lediglich „dabei" ist.
So ist es Markensen, der im zweiten Band entführt wird und in der Folge als erster am eigenen Leib erfährt, dass er selbst gerade mal ein paar Jahre alt ist und seine gesamten Erinnerungen künstlich eingepflanzt worden waren. Dies im Wesentlichen dadurch, dass der eigentlich tote Markensen in einen anderen Körper transferiert wird.
Fehlt noch der dritte Mitarbeiter. Dies ist die spröde und nachdenkliche Yolana, welche vom Erfüller, dem Vertreter des Patronats auf Erden, vor Beginn der Mission noch einmal besonders indoktriniert wird.
Nachdem die menschliche Delegation im Reichsrat angekommen war, musste sie sehr schnell feststellen, dass sie als Neulinge im allgemeinen Politikbetrieb nur eine untergeordnete Rolle spielen. Zum Glück geht es aber sehr schnell los mit der Action - am Ende des ersten Bandes. Bis dahin muss der geneigte Leser also durchhalten.
Der Zerstörer, ein vom Patronat künstlich erschaffenes Wesen, welches gleichzeitig ein Raumschiff ist, zerstört die Station des Reichsrates. Wie wir später erfahren, sind die drei Fraktionen der Skiir zerstritten. Außerdem sind die drei Fraktionen nicht nur autark, sondern haben komplett eigene Strukturen aufgebaut, unter anderem auch Streitkräfte.
Das Reich zerfasert somit in drei Machtbereiche. Dem Zerstörer gelingt es, einen Teil der zahlreichen Botschafter aller möglicher Völker von der Sternenstation zu retten und als Geiseln zu nehmen. Infolgedessen erhält der krebskranke Eder einen neuen Körper, dazu verpflichtet der Zerstörer Eder als Herold, auf dass dieser ihm als Sprachrohr dienen möge.
Und um das Hatta Artefakt zu schützen, errichtet der Zerstörer eine undurchdringliche Mauer um die Erde, so dass die vereint angreifenden Flotten der Skiir in Schach gehalten werden können. Zwischenzeitlich kann Eders neuer Körper das Hatta Artefakt absorbieren und der alte Skiir Wissenschaftler Xiin, der hinter der Entwicklung des Zerstörers gesteckt hatte, löst den Wall auf und setzt sich mit dem Schiff „Wahre Freude" in Richtung des Ringplaneten ab, wo er ein Tor in das Taschenuniversum öffnen will, in welches sich die Hatta zurückgezogen hatten.
Dieser Ringplanet ist allerdings unbewohnt - ganz im Gegensatz zum literarischen Vorbild von Larry Niven. Hier ist die Heimat der Hatta, der einzigen echten biologischen Lebensform der Galaxis. Der Ringplanet selbst spielt für die Handlung keine Rolle und wird auch nur lediglich über zwei bis drei Seiten beschrieben.
Die ersten Hatta strömen in unser Universum, um alle künstlichen Lebensformen - wir erinnern uns: Alle Lebensformen sind künstlich, als Xiin es gelingt, das Tor zu öffnen. Aber nicht zuletzt dank des mutigen Einsatzes der Vereinten Flotten der Skiir und des selbstmörderischen Opfers von Flockhart Eder, welcher sich selbst aufgibt und sich als Transformer in wilder Raserei den Hatta entgegenstellt, kann das Tor wieder verschlossen werden.
Ganz am Ende entdeckt Xiin seinen Irrtum und hilft den vom Zerstörer in Geiselhaft genommenen Lebewesen zur Flucht auf den Ringplaneten. Im Epilog wird deutlich, dass das Skiir-Imperium seine Macht verloren hat. Ansonsten bleibt aber alles offen.
Das riecht also nach einer Fortsetzung, obwohl ich den Eindruck habe, das van den Boom mittlerweile keine Hard Science Fiction mehr schreiben möchte. Insgesamt ist der Zyklus spannend und kurzweilig geschrieben, man sollte das Werk jedoch zügig durcharbeiten. Die vielen Charaktere und Handlungsstränge erfordern eine hohe Aufmerksamkeit, zu lange Pausen und Du bist raus.

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