Montag, 3. Oktober 2022

guterPlatzzumBiertrinken: Sommerregen

Samstag, 9. Juli. Nachdem ich Mitte Juni von einer starken Erkältung befallen war, aber kein Corona hatte, war es jetzt wieder an der Zeit nur einen kleinen Radausflug. Das ganze Frühjahr hindurch war ich sehr träge gewesen, was die Bewegung angeht.
Hinzu kamen neben meiner Corona-Erkrankung Ende März noch die tragischen Todesfälle von Bud und Harald, welche mich vermeintlich am Schwimmen im Heidbergbad oder eben den Radtouren gehindert hatten. Alles faule Ausreden, an diesem Samstag musste es einfach sein, auch um mich einfach aus der drohenden Lethargie zu reißen.
Während meine Löwin im Testcenter arbeitete, pumpte ich mein Rad auf. Passenderweise war die erste Hitzewelle vorüber gegangen und es deuteten sich für diesen Samstag einige Regenschauer an. Bei angenehm kühler, aber nicht zu kalter Luft fuhr ich los. Bloß wohin? Sojasauce sollte ich noch mitbringen. Die wollte ich von Globus besorgen.
Zunächst plante ich dann, lediglich nach Globus hin- und danach gleich wieder zurückzufahren, weil ich zu Hause noch einiges zu erledigen hatte. Doch ich merkte sehr schnell, dass ich mir da wieder nur eine Ausrede einfallen ließ.
Ich überwand meinen inneren Schweinehund mit einem Trick: Zwei bis drei Tage zuvor hatte ich nämlich überlegt, mir eine Jeansweste zuzulegen. Eine solche hatte ich im C&A Onlineshop entdeckt. Da ich mir diese aber möglichst risikofrei kaufen wollte, wäre es besser, die Weste in einem Laden zu kaufen, wo ich sie auch anprobieren könnte. Da ich selbstverständlich nicht in die Stadt zu C&A fahren wollte, blieb als Alternative lediglich Adler in Stöckheim übrig.
Das passte ganz gut, da konnte ich über Gartenstadt und Rüningen locker hinfahren und könnte auf dem Rückweg bei Globus vorbeischauen. Die dadurch zusätzlich zu fahrenden Kilometer würde das ganze Prozedere zu einer Tour machen. So überwindet man den inneren Schweinehund: Mit einer Aufgabe.
Sicherlich hätte ich auf diesem Weg auch beim Langen oder bei Pocke vorbeischauen können, um das zu einer Tour dazugehörige Bier dort trinken zu können. Es waren allerdings nicht nur die dunklen Wolken am Himmel, die mich davon abhielten. Ich hatte auch die Befürchtung, dass ich in Stöckheim versacken könnte. Ich wollte doch noch zu Hause einiges erledigen!
Jedenfalls war ich mit jedem Kilometer besser gelaunt, zumal ich nicht in einer drückenden Hitze fahren musste, wie es noch bis zu zwei Wochen zuvor der Fall gewesen wäre. Auf der Fahrt fiel es mir auch leicht, an den vorherigen Abend zu denken. Am Freitagabend hatten wir Harald an seinem Geburtstag zu Wasser gelassen.
Zur Erklärung: Jahrzehntelang war Harald ab dem Frühjahr mit seiner Familie an den Tankumsee gefahren, um sich dort mit Freunden zu treffen und Spaß zu haben. Zusammen lagen sie auf Decken am Rasen, spielten Karten oder schwammen im See; Harald am liebsten auf der Luftmatratze im Wasser treibend.
gemütlich am Minigolfplatz
Ihm zu Ehren trafen wir uns an der Stelle, wo sie immer gelegen hatten. Seine Witwe Frida, Tochter Cornelia, auch sein Sohn Bruce sowie die anderen standen im Wasser. Dort ließ Cornelia ein Teil der Asche von Harald in das Wasser rieseln. Dies war auch für mich ein bewegender Moment gewesen, obwohl ich nicht zu der Tankumsee Clique gehört hatte.
Früher hätte ich diese Szene als kitschig empfunden, heute nicht mehr. Jetzt finde ich es nur noch peinlich, sich über solche emotionalen, vielleicht auch rührseligen Momente lustig zu machen. Zum Glück kenne ich solche Arschlöcher nicht, die so etwas tun würden. Mit dieser einerseits traurigen, andererseits schönen Erinnerung fuhr ich bei Adler vor und betrat den Laden. Nach vielleicht fünf Minuten verließ ich den Laden wieder - total enttäuscht.
Sie hatten nicht einmal Stoffwesten, ansonsten waren mir die Shirts zu teuer. Nachdem ich mich aufs Rad gesetzt hatte, schaute ich skeptisch in den Himmel. Dunkle, fast schwarze Wolken waren heraufgezogen und verhießen einen starken Regenguss. Ich überlegte. Sollte ich nach gegenüber zu Kaufland gehen? Dort hätte ich auch einkaufen können, aber ich entschied mich weiterzufahren.
Als ich nach dem gescheiterten Versuch, hinter Kaufland eine Abkürzung zu finden, wieder umdrehen musste, fielen die ersten Regentropfen. Trotzdem fuhr ich weiter, da der Regen eher ein Nieseln war. Weiter ging es Richtung Melverode, dort hätte ich im Bistro Helena Unterschlupf finden können, weil der Regen inzwischen heftig auf mich eingeprasselt hatte.
Doch ich sagte mir "Scheiß drauf" und fuhr den Südsee hinunter, um mich hinter Schloss Richmond so richtig durchfeuchten zu lassen. Der Begriff "sintflutartiger Regenfall" wäre für diesen heftigen Regenguss natürlich übertrieben gewesen. Ich zog aber durch bis zum Minigolfplatz am Kennel, dort hatte ich schon oftmals eine Bierpause eingelegt.
"Eine Pulle Wolters würde mir jetzt gut tun" ging mir während des schnelleren Antritts durch den Kopf. Pittschenass erreichte ich den Kiosk am Minigolfplatz, orderte eine Pulle Wolters und setzte mich an einen freien Tisch unter einem Sonnenschirm, der in diesem Moment als Regenschutz reichen musste.
hinten die "Tränke"

Ich fing an, diesen Text einzusprechen, musste aber nach kurzer Zeit aufgeben. Der Regen war einfach zu stark. Seufzend stellte ich mich an den Kiosk unter die Pergola, wo ich trockenen Fußes den Regen abwarten wollte. Die Mannschaft neben mir trank ebenfalls Wolters und "Roten", ein Schnaps, der interessant aussah.
In der Folgezeit unterhielt ich mich mit Mestemacher, dem Betreiber dieses Kiosk und des Platzes. Ich lernte ihn mal vor über 20 Jahren kennen, als er mein Kollege im Wohnheim gewesen war. Wir sprachen über alte Zeiten und Kollegen. Eine Stunde und ein zweites Wolters lang verbrachte ich im Gespräch, bevor ich bezahlte und noch zwei Rote orderte.
Nein, der zweite war nicht für Mestemacher, sondern für den Typen, der neben mir stand und den Roten verdutzt entgegennahm. Wir stießen an, dann fuhr ich weg und war gleich darauf bei Globus. Wahrscheinlich fragt sich der Typ heute noch, warum ich ihm einen ausgegeben hatte. Manchmal mache ich solche komischen Sachen, einfach so.
Das gehört für mich dazu, zum Leben, meine ich. Im Globus brauchte ich nicht so lange wie sonst, den Rest des Weges brachte ich schnell hinter mich. Noch vor 18 Uhr war ich wieder zu Hause gelandet und erledigte meine Vorhaben nicht mehr, was nach der Bierpause eigentlich zu erwarten gewesen war.
Zum Abschluss noch zwei Dinge: Der "Rote" war ein roter Genever und die Jeansweste bestellte ich am nächsten Tag bei C&A online. Blind.

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