Freitag, 2. September 2022

Contramann: kurz gesehen im September

https://www.berliner-zeitung.de/wirtschaft-verantwortung/die-ukraine-ist-die-neueste-katastrophe-amerikanischer-neocons-li.242093
Ich diskutiere mittlerweile nicht mehr über den Krieg in der Ukraine, seitdem ich feststellen musste, dass Streitgespräche sehr schnell hitzig wurden, wenn ich bei den Kriegsgründen die traurige Vorgeschichte der Bombardierung der abtrünnigen Donbas-Republiken erwähnte. Die „gewaltsame Annektierung der Krim“ durch die Russen ist dann das beliebte Gegenargument.
Wenn ich dann noch die umfangreiche Unterstützung der Maidan-Bewegung durch den Westen, der durch einen nationalistischen Mob verursachte Brand im Gewerkschaftshaus Odessa am 2.Mai 2014 mit 48 Toten oder das Verbot von Russisch als Amtssprache erwähnte erwähnte, wurde das Gespräch meist schnell abgebrochen.
„Der alte Scheiß interessiert mich nicht“ ist dann schon mal zu hören. Nun, die Neocons arbeiten gezielt und langfristig. Dieses strategische Denken packt der westdeutsche Intellektuelle nicht (mehr), deshalb geht es in Deutschland auch mehr und mehr bergab. Mit diesem Artikel kann man starten, wenn man sich über die Neocons näher informieren möchte.

https://taz.de/Vorwuerfe-von-Amnesty-gegen-die-Ukraine/!5868245/
Da ist selbst Amnesty International aufgefallen, dass sich die ukrainische Armee nicht davor scheut, sich in zivilen Einrichtungen zu verschanzen und die Zivilbevölkerung damit als Geiseln zu benutzen. Dies entspricht nicht dem Völkerrecht und wurde auch zu Recht angemahnt.
Jetzt kommt die TAZ mit so einem Kommentar um die Ecke. Russland ist der Angreifer in diesem Krieg und allein das Benennen des ukrainischen Fehlverhaltens führe dazu, dass Moskau die Täter-Opfer Zuordnung umkehrt. Außerdem hatte Amnesty International das publiziert, bevor eine Stellungnahme der Ukraine vorlag. Es würde unter den Tisch fallen, das Russland zivile Ziele angreift.
Wie im deutschen „Qualitäts“-Journalismus mittlerweile üblich, wird die Hälfte der Geschichte weggelassen bzw. mit zweierlei Maß gemessen. Die russische Sicht auf die Ereignisse in Mariupol oder Butscha wurden bei den Meldungen der hiesigen Presse ja auch nicht abgewartet, sondern eher unterdrückt. Und das ein Verschanzen des ukrainischen Militärs in Zivileinrichtungen völkerrechtlich dazu führt, das diese eben nicht mehr als Zivileinrichtungen geschützt sind, hätte der Kommentator ruhig erwähnen können.
Frage: Reichte dazu seine intellektuelle Qualität nicht oder durfte er nicht?

https://www.spiegel.de/ausland/ukraine-42-staaten-fordern-abzug-russischer-truppen-aus-akw-saporischschja-a-4b5ac042-6f0d-45cc-8a0c-884268f7d007
Die Lage im russisch besetzten Atomkraftwerk Saporischschja, das wohl größte AKW Europas, sieht nicht gerade rosig aus. Russland und die Ukraine bezichtigen sich gegenseitig, das AKW zu beschießen, um dadurch eine weitaus schlimmere Katastrophe als Tschernobyl zu verursachen. 42 Staaten fordern deshalb die Russen auf, der Ukraine die Kontrolle über das Atomkraftwerk zu überlassen.
Dass diese 42 Staaten sämtlich die Ukraine unterstützen, ist nicht wirklich überraschend. Verwunderlich finde ich es eher, dass die Russen auf das AKW schießen sollen, obwohl sie dies selbst besetzt halten. Da erscheint mir die russische Version, dass die Ukrainer die russischen Soldaten ohne Rücksicht auf Kollateralschäden beschießen, wahrscheinlicher.
Aber ich bin ja auch nicht so objektiv wie die deutsche Qualitätspresse. Wie viel Staaten nochmal? Ah - 42! Die Antwort auf die Frage nach nach dem Leben, dem Universum und dem ganzen Rest. Na dann.

https://www.un.org/en/black-sea-grain-initiative/vessel-movements
Hier nun mal eine Verlinkung auf eine Seite der UN, nicht dass es wieder heißt, Contramann streut Fakenews in die Welt. Wir sehen hier die Liste der Schiffe, die dank der ukrainisch-russischen Vereinbarung seit Anfang August die angeblich von den Russen blockierten ukrainischen Getreidelieferungen endlich in die Welt schippern, um drohende Hungerkatastrophen verhindern zu können.
Das diese Lieferungen für die hungernden Staaten der Dritten Welt vorgesehen sind, wurde die ganze Zeit von unseren Qualitätsmedien kolportiert. Insbesondere der Weizenmangel wurde hervorgehoben, da die Ukraine ja als Kornkammer Europas gilt. Hier die Liste der weltgrößten Weizenexporteure 2020:
https://www.topagrar.com/mediathek/fotos/ackerbau/das-waren-2020-die-groessten-weizenexporteure-weltweit-13102005.html
Immerhin – Platz 5, knapp hinter Frankreich. Aha. Und auf Platz 1 – quasi als Rekordmeister – Russland. Aber halt! Die zählen ja nicht, weil die dank der Sanktionen ihre Schiffe nicht versichert kriegen und auch nicht an Getreidelieferungen verdienen sollen. Die könnten davon ja Waffen kaufen. Die Tausende von Kindern in der 3. Welt, die deshalb verhungern müssen, sind das Opfer schon wert. Die ehemalige US-Außenministerin Madeleine Albright hielt seinerzeit 300.000 tote Kinder im Irakkrieg ja auch für gerechtfertigt.
Aber bleiben wir bei den Schiffen, die das ukrainische Getreide ausliefern. Hauptsächlich Corn und Sunflower Meal – also Mais und Sonnenblumenmehl - waren geladen. Die Lieferung ging dann nach Italien, China, Türkei oder Iran und wurde dort wohl eher zu Tierfutter verarbeitet. Die einzige Weizenlieferung – lächerliche 3000 Tonnen – ging in die Türkei. Damit hat Erdogan sicherlich die Kurden beliefert.
Es fällt schon auf, dass in der Tagesschau nicht mehr über die Getreidetransporte berichtet wird. Das ist die Taktik im momentan laufenden Propagandakrieg. Erst den Gegner (Russland) als Verursacher von Hungerkatastrophen in der 3. Welt hinstellen und dann schnell das Thema wechseln, wenn sich die ursprüngliche Behauptung als unwahr herausstellt.
Und alle Bildungsbürger machen mit. Spiegelleser wissen ja mehr – Scheiße was!

https://globalbridge.ch/ukraine-selenskyj-und-seine-regierung-sind-alles-andere-als-stabil/
Eine staubtrockene Analyse der politischen Lage in der Ukraine, deren heldenhaften Kampf gegen den russischen Aggressor nicht nur die deutsche Außenministerin bedingungslos unterstützt. Der Autor Gordon Hahn ist „Senior Researcher“ im „Center for Terrorism and Intelligence Studies (CETIS) in San Jose.“
Mehr habe ich zu Hahn in der Kürze nicht herausfinden können, aber da er an einem US-amerikanischen Institut beschäftigt ist, scheint mir die Gefahr einer durch russische Propaganda gesteuerte Fehlmeldung gering zu sein.
Egal, das Fazit allein reicht. Selenskji scheint nicht so sicher im Sattel zu sitzen, wie es uns die Nachrichtensendungen Glauben machen wollen. Egal ob Oligarchen oder Neofaschisten im Hintergrund arbeiten - in der Heute Redaktion und Co. wird so etwas gnadenlos ignoriert. Mal sehen, wann es dort zum Pusch kommt.
Nicht, dass die chaotischen Machtverhältnisse am Ende doch noch publik werden. Könnte für die herrschende politische Elite in der Nato peinlich werden.

Alsdann: Bleiben Sie links, bleiben Sie kritisch. Und:
„I`m so bored with the USA. But what can I do?“

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