Mittwoch, 21. September 2022

Hartmudo: erst zum Brunnen, dann zur Penne 5/5

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Beim Hinausgehen trafen wir hinter der Aula noch einen meiner alten Leistungskurs-Lehrer. Im Fach Gemeinschaftskunde legte er seinerzeit sehr viel wert auf das genaue Analysieren von Hintergründen politischer Vorgänge. Dieses von ihm vermittelte Vorgehen prägt meine politische Weltsicht bis heute, obwohl er meine Meinung sicherlich nicht teilen würde.
Aki-Bua, der Lange und ich unterhielten uns mit ihm noch eine geraume Zeit lang. Wer ihn nicht kennt, sollte ihn sich wie Harald Schmidt vorstellen. Nachdem wir den Werdegang verschiedener alter Lehrer mit ihm durchgekaut hatten, verabschiedeten wir uns von ihm. Auch er musste weiter und der Lange und ich mussten aufs Klo.
Während Aki-Bua sich wieder zu den anderen gesellte, landeten der Lange und ich nach erfolgter Verrichtung am Stand des DJs. Dieser war neben dem Tresen der alten Cafeteria aufgebaut. Früher hatte hier der Hausmeister in den Pausen das Sagen und verkaufte uns den guten alten Hansano Kakao in dem 0,5 Liter Tetrapack.
Nun allerdings quälte uns der DJ mit schmusigem 80er Jahre Pop. Der Lange wollte dies ändern und versuchte ihn von AC DC und ZZ Top zu überzeugen. Währenddessen organisierte ich Pils und brachte ihm eine Pulle vorbei.
Auf dem Weg hatte ich die anderen entdeckt. Sie saßen auf einer Bierzeltgarnitur vor dem Eingang der Schule und waren im Gespräch vertieft. Der Lange und ich setzten uns ebenfalls hinzu. Kiste war leider nirgendwo zu entdecken, er war anscheinend schon nach Hause gefahren und wollte endlich wieder in seinem eigenen Bett schlafen.
Ich setzte mich zwischen die beiden Mädels und unterhielt mich angeregt mit der schon beschriebenen Mitschülerin, welche ich drei Jahre zuvor etwas angeranzt hatte. Sie war Lehrerin geworden, war alleinerziehend und gibt nun wohl Kurse in der Volkshochschule. Ihre Freundin, die in unserem Jahrgang war, die ich allerdings auch nach dem Blick aufs Namensschild nicht wiedererkannt hatte, wurde zwischenzeitlich von Pocke gut unterhalten.
Mittlerweile war die Dämmerung und schließlich die Nacht über uns hereingebrochen. Das Pils wollte mir nicht mehr so richtig schmecken und ich nahm eine kurze Auszeit, um mir eine Bratwurst reinzuschieben. Senf und Toastbrot waren selbstverständlich alle, da musste ich mich mit Curryketchup begnügen.
Als ich mich wieder setzte, war die Lehrerin mit jemand Anderem in ein Gespräch vertieft und ich konnte mich endlich auf Aki-Bua konzentrieren. Hier zogen auch der Lange und Henry mit, endlich wurde es gemütlich.
So bedauerte es Henry, seine Platten weggeschmissen zu haben. Ich hatte meine wenigstens noch verkauft. Der Lange und Aki-Bua dagegen hatten ihre Scheiben behalten, genau wie Pocke übrigens. In letzter Zeit waren sie sogar dazu übergegangen, sich die alten Scheiben wieder anzuhören.
Aki-Bua hatte sich tatsächlich einen neuen Plattenspieler gekauft. Hin und wieder gönnt er sich eine Auszeit von allem und hört wieder andächtig die LPs durch, so wie in den vergangenen Zeiten, als er die selbige dafür noch hatte oder sich nahm. Immer noch über eine vernünftige Anlage, nicht über den PC mit Kopfhörern - so wie ich.
Henry und der Lange nickten zustimmend. Aki-Bua bekommt das hin, ohne seine Frau dabei zu stören. Da dies bei mir mangels entsprechenden Wohnraums nicht der Fall ist, blieb bei mir als Lösung letztendlich nur PC und Kopfhörer übrig.
Bei den Jungs war seinerzeit (wie auch noch heute) Hard und Heavy angesagt gewesen. Mit Motörhead, AC DC und vielleicht noch ZZ Top hatten wir damals Berührungspunkte gehabt, doch mein Metier waren eher Punk und New Wave.
Doch dessen ungeachtet war es diese eher unangepasste Musik gewesen, welche uns Ende der 70er geprägt und zusammengeführt hatte. Deshalb waren wir am Brunnen, an der Kuhle oder im Trixi gewesen. Der Misanthrop z.B. war an diesen kultigen Orten nie zugegen gewesen. Hätte er das man seinerzeit gemacht, dann hätte er an diesem Abend vielleicht "Positive Vibrations" ausgestrahlt.
Abgesehen davon ist Aki-Bua derjenige von uns, welcher einen nahezu geraden Lebenslauf vorzuweisen hat. Dennoch sind auch wir anderen in ruhigeres Fahrwasser geraten, rechtzeitig zum Übergang in die Rentenzeit.
Zwischenzeitlich setzte sich auch noch Brocki zu uns, den möchte ich zumindest noch erwähnt haben. Mit ihm gesprochen hatte ich jedenfalls nicht, das ergab sich leider nicht.
Die beiden Mädels waren die ersten, welche sich nach Mitternacht verabschiedeten. Kurz vor 1.00 Uhr wollten der Lange und ich auch los. Dass wir alle gerne etwas länger geblieben wären, war förmlich in der Luft zu spüren.
Aber auch Aki-Bua hatte schon sein Taxi zu seinem Vater bestellt, er musste am Sonntag ja auch noch in die Pfalz zurück. Wenn er demnächst seinen Vater wieder besuchen wird, wollte sich Aki-Bua melden. Schön, wenn dieser Kontakt zustande kommen würde.
Auf dem Weg zu meinem Fahrrad kam ich noch an Jopi vorbei. Ihn hatte ich an diesem Abend gar nicht gesprochen, weil ich mich auf diese Erlauchten-Abteilung konzentriert hatte. Aber er lächelte wissend, wir umarmten uns und dann ging ich die Stufen hinunter in die Dunkelheit.
Jetzt merkte ich auch an meinem Kratzen im Hals, das diese beiden Tage voller Aktion ein wenig zu viel für mich gewesen sein mussten. Nach Hause schaffe ich es mit dem Radl noch sehr gut, aber ab dem nächsten Morgen hatte mich der Männerschnupfen dann voll im Griff.
Das Schultreffen war ein voller Erfolg gewesen, zumindest, was mein Befinden angeht. Dass ich mit Jopi und Edith, den beiden Geschwistern aus dem Nachbarblock meiner Kindheit, an diesem Wochenende keine Zeit zusammen verbringen konnte, hat mich schon ein wenig geärgert. Wobei das Versäumnis eindeutig bei mir liegt.
Das bezieht sich nicht auf das Schultreffen direkt, sondern auf die Zeit davor. Freitagabend und Samstags tagsüber - hätte ich vielleicht doch noch irgendwie Zeit finden sollen, um mich mit beiden und natürlich Jürgen noch zu treffen.
Im Vorfeld des Wochenendes hatte ich dafür den Sonntagmorgen ins Auge gefasst, doch da grätschte mir Phil mit seiner Wohnungsbesichtigung am Sonntagmorgen hier im Haus dazwischen. Und dann ging ich da vollkommener Ermattung noch nicht mal mit, so dass ein eventuelles Treffen bei Pocke in Stöckheim sowieso schwierig geworden wäre.
Abgesehen von dieser Kalamität musste ich feststellen, dass mich diese vielen Eindrücke während der drei Veranstaltungen am Wochenende wohl über Gebühr beansprucht hatten. Doch die anschließende Mattigkeit habe ich gern in Kauf genommen, denn vor allem das Schultreffen erwies sich als tolle Fortsetzung des Nachmittags an der Kuhle.
Und dass ich vorher der alten Tradition am Brunnen, welcher nun leider nicht mehr existiert, nachgegeben hatte, freut mich besonders. Allerdings wäre eine Dose Karlsquell von Aldi statt Holsten die stilvollere Wahl gewesen.
Und das Trixi fehlte... Der ewig knackende "Countdown", an dem ich vor wenigen Jahren im Wolfsburger Phaeno zu meiner großen Freude noch einmal spielen durfte. Bimm, Bimm, Bimm - knack!

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