Freitag, 21. Januar 2022

Hartmudo beim Männerarzt

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Auf dem gegenüber liegenden Tisch packte er das Zystoskop aus und schraubte fachmännisch eine Lampe hinten dran, bevor er auch noch den Tropf mit Wasser, welcher vor mir an der linken Seite hing, anschloss. Dafür war der also da, ich hatte mich schon gewundert.
"Keine Angst, es dauert nur wenige Minuten," sagte er und setzte das Zystoskop an. "Und bitte entspannen sie sich. Lassen Sie das Becken locker. Locker lassen!" Meine Gefühle während der folgenden Minuten, als er das Zystoskop reinschob, vermag ich nicht in Worte zu fassen. Auf keinen Fall würde ich das Wort "angenehm" damit in Verbindung bringen wollen.
Insbesondere als er das Wasser rein laufen ließ, fühlte es sich sehr unschön an, obwohl sich die Schmerzen in Grenzen hielten. Vielleicht kommt der Satz "Lass mich fühlen wie eine Frau" dem Ganzen am nächsten.
Als der Urologe sagte: "Sieht ja alles ganz gut aus, keine Metastasen sichtbar. Alles in Ordnung," blickte ich kurz auf den Monitor und sah tatsächlich eine wabernde und ledrige Oberfläche, welches meine Blase von innen darstellt.
Kurz darauf war es vorbei. Der Urologe zog das Zystoskop raus und drückte mir noch ein paar Papiertaschentücher zum Säubern in die Hand. Als ich ganz verdattert oberflächlich zwischen meinen Beinen herumrieb, war der Stuhl bereits wieder heruntergefahren, ohne dass ich es bemerkt hatte.
Ich hatte es tatsächlich geschafft und überlebt. Freudenschreie kamen mir dennoch nicht über die Lippen, weil mein kleiner Freund wie Hölle brannte und juckte. Der Arzt bat mich, die Hosen wieder anzuziehen, damit ich in einen anderen Raum zum Ultraschall gehen konnte.
Auf den Weg dorthin fing mich jedoch Brille ab, die mich zu einer besonderen Toilette geleitete. Dort sollte ich im Stehen in einen großen Trichter hinein pinkeln." Lassen sie raus, was geht," meinte sie nur. Ich tat wie geheißen, aber: Oh, wie das juckte!
Im anderen Behandlungszimmer war der Urologe schon vor Ort. Dieses Prozedere kannte ich bereits. Er forderte mich zum Hinlegen auf der Liege auf. Den Gefallen tat ich ihm aber nicht, weil ich beim Hinsetzen schon merkte, dass mich ein tierischer Harndrang quälte. Und während er an einen Tisch herumhantierte, ging ich in dem kleinen Raum meine Runden auf und ab, bevor er fertig war und ich mich dann doch hinlegte.
Nur sehr kurz fuhr er mit dem Ultraschall über die Stelle, wo ich die Prostata vermute. Nun war die Untersuchung endlich abgeschlossen, der Urologe hatte nichts entdecken können. Er vermutete noch, dass meine Schmerzen und das Blut im Urin vier Wochen zuvor von Divertikeln im Dickdarm herrührten.
Er empfahl mir einen Besuch beim Gastroenterologen, um eine Darmspiegelung durchführen zu lassen. Ich versprach ihm noch, in einem Vierteljahr zu einer Nachuntersuchung wiederzukommen. "Einmal im Jahr Urologe sollte man sich schon geben," meinte er noch. Dann verabschiedeten wir uns. Überglücklich sagte ich auf dem Weg nach draußen allen Mitarbeiterinnen tschüss und verließ das Gebäude.
Nicht verlassen jedoch wurde ich von diesem Jucken und Brennen, welches ich zwischen den Beinen immer noch verspürte. Fieberhaft überlegte ich, wo der nächste Bäcker zum Frühstücken sei, als es mir auch gleich einfiel. Lediglich 50 Meter weiter, an der Ecke alte Waage, befindet sich eine Filiale von Sander.
Dort ging ich hinein und stellte mich erst einmal an. Für mich kam heute natürlich nur das große Rührei Frühstück mit zwei Brötchen und Butter in Frage, das war ja nun wohl mal klar. Ich schnappte mir schnell Kaffee und Tablett und begab mich in eine ruhige Ecke. Das Rührei würde ich von der Theke abholen müssen, aber zunächst einmal musste ich eh pinkeln gehen.
Tatsächlich konnte ich noch einen kleinen Strahl absondern und setzte mich wieder auf meinen Platz. Das Jucken und Brennen war jetzt verschwunden, auch wenn wir hier zunächst über einen kurzen Zeitraum reden müssen. Aber egal!
Diesen Moment würde ich als das Ende der gesamten Qual ansehen, und schon war das Rührei fertig. Noch vor dem Essen rief ich meine Löwin und die Kollegen an, damit war der Pflicht Genüge getan. Wichtig an der gesamten Untersuchung war letzten Endes die Erkenntnis, dass ich keinen Blasenkrebs habe.
Hierüber waren alle Gesprächspartner sehr erleichtert, am meisten ich selbst. Nach dem Kaffee musste ich erneut pieseln, dann verließ ich den Laden und ging wieder zurück in K10. Warum, fragst du? Ich machte gleich Nägel mit Köpfen beim Gastroenterologen und buchte einen Termin zur Darmspiegelung für Anfang Dezember.
Gleich darauf tauchte ich noch einmal beim Urologen auf, denn ich hatte vergessen, den nächsten Termin zur Untersuchung zu vereinbaren. Im Februar des neuen Jahres soll er dann sein Ultraschallgerät anwerfen und meinen Bauch abfahren. Wehe aber, wenn er wieder sein Zystoskop benutzen möchte. Eine Spiegelung meiner Blase möchte ich nach Möglichkeit vermeiden, so schön war es nun wirklich nicht gewesen, dieses Erlebnis.
Die Antibiotika, die ich nach der Spiegelung drei Tage lang schlucken musste, um eine mögliche Entzündung zu vermeiden, erinnerten mich daran, dass eine Blasenspiegelung einen stärkeren Eingriff in den Körper darstellt als Ultraschall oder Röntgen.
Apropos Röntgen: der aufmerksame Leser wird sich sicherlich erinnern, dass ich eigentlich geröntgt werden sollte. Es war Brille gewesen, die mir noch vor der Desinfektion erzählte, dass das Röntgengerät der Praxis kaputt sei. Ich denke aber auch, dass das Röntgen der betroffenen Region des Körpers nach der Blasenspiegelung obsolet geworden war.
Eigentlich hätte ich erwartet, dass mir nach der Spiegelung ein riesiger Stein vom Herzen gefallen wäre, was allerdings nicht so war. Ist vielleicht auch besser so, denn ich hatte mir die ganze Zeit sicherlich viel zu viel Gedanken gemacht. Am meisten gefreut habe ich mich für meine Löwin, die nun meinen panischen Blick nicht mehr ertragen musste. Erst einmal, denn ich kenne mich: Häuptling Nervöses Hemd reitet bald wieder. Versprochen.

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