Sonntag, 16. Januar 2022

Hartmudo beim Männerarzt

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Für diesen Montag hatte ich mir den Wecker auf 6:30 Uhr gestellt, damit ich mich vor dem Besuch beim Urologen um 8:30 Uhr noch frisch machen kann und trotzdem nicht allzu viel Zeit mit dem Warten aufs Christkind verbringen müsste. Während der Nacht wachte ich öfters auf, ich würde die Träume aber nicht als Albträume bezeichnen. Wirr genug waren sie trotzdem.
Wie so häufig stand ich noch vor dem Klingeln des Weckers auf, weil da etwas drückte. Und schon waren sie wieder da, diese kreisenden Gedanken. Ich verbrachte auf dem Klo längere Zeit als nötig und ließ es auch unter der Dusche langsam angehen. Doch trotz all des Bummelns blieb mir noch eine komplette Stunde zum Grübeln und in der Wohnung Spazierengehen, bevor mich meine Löwin zum Urologen fahren würde.
Ich versuchte mich mit dem Kauf von ETFs abzulenken, aber die Börsen hatten noch nicht auf. Mit gemischten Gefühlen zog ich mich dann irgendwann an, meine Löwin war ebenfalls startklar und dann fuhren wir los.
Meine Löwin, der meine niedergeschlagene Stimmung nur allzu gut bekannt war, verwickelte mich in ein Gespräch über Suchtverlangen (Alkohol, Drogen und Zucker) und den Umgang damit. Als sie mich dann an der Ecke Alte Waage aus dem Auto entließ, waren meine Beine schwer und wurden mit jedem Schritt zum Urologen immer schwerer.
Ich hatte ein merkwürdiges Gefühl. Einerseits war ich fahrig vor Angst und andererseits innerlich ruhig wie selten. War dies die Ruhe vor dem Sturm? Im K10 fuhr ich in den dritten Stock und stand pünktlich zum Termin vor dem Empfangstresen beim Urologen. Und zu meiner nicht großen Überraschung händigte mir die freundliche Sprechstundenhilfe einen weißen Plastikbecher zum Befüllen aus.
"Wir brauchen zwar nicht so viel, aber machen sie ihre Blase bitte trotzdem vollkommen leer. Vorne rechts ist die Toilette, sie können den Becher dann in die Öffnung stellen," mit diesen Worten entließ sie mich und zeigte grob in Richtung der Toilette.
Ich entledigte mich zunächst meines Mantels und machte mich dann auf den Weg. Auf der Toilette angekommen, wurde ich sogleich fürsorglich in Empfang genommen - von der Arzthelferin mit der Brille, die den Termin verschludert hatte! Auf der Toilette gab ich mir richtig Mühe, aber der Tank war leer.
Für die Untersuchung sollte es trotzdem reichen, doch was war das da für ein Stück, welches in der Flüssigkeit schwamm? Unwillkürlich kam mir das Bild von Bakterien vor Augen, welche in meiner Blase für Verwirrung sorgten. Kurz befürchtete ich, dass man mich gleich ins Krankenhaus fahren würde, dann kam ich wieder runter.
Ich nehme es hier vorweg: das Stückchen hatte wohl keine Bedeutung, denn es wurde in der Folge nicht thematisiert. Brille (der Einfachheit halber nenne ich sie mal so) bugsierte mich nun in eine winzige Umkleidezelle, hinter deren zweiter Tür ein Behandlungszimmer zu erkennen war. Sofort war mir klar, dass hier die Action abgehen würde.
Doch ich hatte noch eine Schonfrist, denn Brille hatte noch einige Papiere für mich zum Ausfüllen und Unterschreiben. Hierbei hätte ich fast das wichtigste Dokument von allen übersehen: die Krankenkassen übernehmen nur die Kosten für ein starres Zystoskop, bei Verwendung eines flexiblen Zystoskops würde ich 47,31 € selbst dazu bezahlen müssen.
Ungeachtet meines Status als Privatversicherter, als der ich wohl auf eine Kostenübernahme hoffen dürfte, unterschieb ich den Wisch blind. Entscheidend war für mich der Satz, das dann die Untersuchung noch schmerzfreier erfolgen würde. Wobei mir zugegebenermaßen die Formulierung "noch schmerzfreier" zu denken gab, denn eine Steigerung von schmerzfrei gibt es nicht. Oder etwa doch?
Gleich nach dem Unterschreiben ging die Action los. Brille befahl mir, alle Hosen auszuziehen und mich dann in das Behandlungszimmer zu begeben. Der Behandlungsstuhl wies in der Mitte der Sitzfläche eine stark verdächtige Öffnung auf.
Kaum hatte ich mich dort hineingesetzt, fuhr Brille blitzschnell die Hydraulik an. Während der Stuhl nach oben fuhr, kippte er auch gleichzeitig nach hinten weg, so dass ich mit dem Rücken fast waagerecht zum Liegen kam.
Während dieses Vorgangs erklärte sie mir, dass sie gleich "die Stelle" desinfizieren und ein Betäubungsgel in die Harnröhre spritzen würde. Die Sau! Auf X-Hamster war "Doktor" immer ein beliebter Suchbegriff von mir gewesen, aber solche Schweinereien...
Sie deckte noch ein paar Papiertücher über meine Oberschenkel und den Schritt, damit ich nicht sehen konnte (musste), was sie dort so trieb. Sie zog meine Vorhaut zurück und merkte noch an, dass diese ziemlich eng sei. Danach erfolgte die Desinfektion, dann das Betäubungsgel. Haiiiiiii, war das unangenehm!
Sie fixierte die Vorhaut, die wohl immer zurückrutschen wollte, zusätzlich mit einer Klammer und sagte noch, dass der Doktor in ein paar Minuten kommen würde, bevor sie den Raum verließ. Da lag ich nun wie bestellt und nicht abgeholt. Vor lauter Aufregung hatte ich all meine Ängste vergessen. Ich wollte es jetzt einfach nur noch schnell hinter mich bringen, freute mich auf den Kaffee danach.
Endlich erschien der Urologe und begrüßte mich mit Handschlag. Na, sie sind sicher schon ganz aufgeregt. "Schauen Sie ruhig auf den Monitor, zum ersten Mal wird es in ihrer Blase richtig hell sein. Das werden sie wohl nie mehr erleben, oder hoffentlich nicht mehr." Der Urologe versuchte mich eindeutig aufzumuntern. Ganz mein Humor.

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