Sonntag, 19. Juli 2020

Contramann: Randale in Stuttgart


Am 20. Juni abends kam es in Stuttgart (!) anlässlich einer Polizeikontrolle – wegen eines „BTM-Vergehens“ – zur Eskalation der Gewalt. Warum auch immer, griffen die „Leute aus der Event-Szene“ die Polizisten an. Die Polizisten orderten Verstärkung an. Ihnen gegenüber standen 400 – 500 Leute im Alter von 14 – 30 Jahren (offizielle Angaben).
Flugs per Twitter hochgeladene Videos zeigten u.a. einen maskierten Menschen, der mit ausgestreckten Beinen voran in einen Polizisten hineinsprang. Angeblich seien auch „Allah Akbar“ Rufe zu hören gewesen. Letzteres habe ich nicht mitgekriegt und halte es auch in der Beurteilung der Geschehnisse für zweitrangig, weil eine neue Migrantendiskussion hier auch am Thema vorbeigeht.
23 Polizisten wurden bei der folgenden Randale, bei der die Leute in kleineren Gruppen durch die Stuttgarter Innenstadt zog und 37 Geschäfte beschädigt hatten, verletzt. In 9 von diesen Geschäften wurde auch geplündert, vorwiegend wohl Handys. Bislang wurden 26 Leute festgenommen. Etwa jeder zweite bislang Festgenommene hat einen deutschen Pass, unter ihnen haben mehrere einen Migrationshintergrund. ( entnommen aus folgender Quelle: https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2020-06/krawalle-stuttgart-festnahme-tatverdaechtiger )
Landesinnenminister Strobl (CDU) kündigte für das folgende Wochenende eine höhere Polizeipräsenz an. So weit die Zusammenfassung der Geschehnisse, die mich dann doch geschockt und geärgert hatten. In dieser Sekunde ist mir immer noch nicht klar, wie es zu diesem Ausbruch an Gewalt kommen konnte. Bei der Zusammensetzung der „Event-Szene“ bleiben die Berichte der Medien als auch der Politik bewusst vage, um der AfD keinen Aufschwung zu geben.
Für Alice Weidel von der AfD war jedenfalls sofort klar, dass „Antifa und Migrafa“ hinter der Randale steckten. Die Rumeierei der Pressevertreter stärkt leider diese Position, was ich als ärgerlich empfinde, weil es hierbei meiner Ansicht nach nicht um Politik geht, sondern eher um Desinteresse an derselben. Ich würde die Gruppe der Randalierer eher als desillusioniert und degeneriert beschreiben.
Antifa war schon in den 80ern, aber da waren „wir“ noch politisch interessiert. Da gab es den Spruch aus einem Seyfried Comic: „Haut die Bullen platt wie Stullen“. Trotzdem hätten wir uns nicht zusammengerottet, um die „Bullen“ platt zu machen. Eine gewisse Ethik und eben auch Interesse an Politik war da noch vorhanden gewesen. Dies trifft auf die Randalierer von Stuttgart sicher nicht zu.
https://www.nzz.ch/meinung/krawall-in-stuttgart-deutschlands-polizei-als-boxsack-ld.1562429
Es ist häufig angezeigt, sich Meinungen aus der Neuen Züricher Zeitung durchzulesen. Dieser Blick von außen auf Ereignisse in Deutschland ist oft erhellend. In diesem Fall sogar noch objektiv, denn es werden die richtigen Fragen gestellt. Auch in Deutschland schlossen sich viele Menschen den „Black Lives Matter“ Demos an, die gegen die Tötung von George Floyd in Minneapolis durch einen Polizisten auch in Deutschland ins Rollen gekommen war.
Im Zuge dieser Demos wurde ebenfalls von verschiedenen Politikern der Rassismus innerhalb der deutschen Polizei angeprangert. Dies überwiegend leider aus den eher links verorteten Parteien. Das Ganze gipfelte dann in der Woche vor dem Stuttgarter Krawall in der unsäglichen Kolumne in der TAZ, die hinterher nur müde als Satire dargestellt wurde, als von mehreren Seiten eine Strafanzeige gegen die Verfasserin angestrengt wurde:
https://taz.de/Abschaffung-der-Polizei/!5689584/
Von wegen Satire. Hier wurde nicht die Polizei als Organisation aufs Korn genommen, was als Satire durchgehen könnte. Nein, hier wurden Menschen, die sich für diesen Beruf entschieden haben, als „reif für den Müll“ bezeichnet. Das ist übelste Verunglimpfung, man ersetze den Begriff „Polizist“ durch „Flüchtling“ oder gar „Jude“, dann könnte diese Kolumne auch im Stürmer gestanden haben.
Ich habe wohl mit Hengameh Yaghoobifarah nach Carola Rackete eine zweite Ätztussi gefunden, die in ihrer verblendeten „richtigen“ Meinung nicht mehr schnallt, dass sie genau den Faschismus predigt, den sie bei anderen anprangert. Solche Leute wie Hengameh Yaghoobifarah sind erbarmungslos in ihrer Mediengeilheit.
Da hilft es auch nicht, dass die Chefredakteurin der TAZ nach dem großen und eher negativen Medienecho zu beschwichtigen versucht. Dass sie ihre freie Mitarbeiter entschuldigt und sie nicht in die Pfanne haut, ehrt sie. Die folgende Veröffentlichung verschiedener Beiträge zum Thema Polizei in der TAZ durch diverse Redakteure soll den Schaden begrenzen, geht aber am wahren Ärgernis vorbei.
Selbst wenn es nur in den letzten Sätzen direkt sichtbar wird: Es geht um die Verunglimpfung von Menschen einer Personengruppe - der Polizei. Diese Menschen auf den Müll schreiben zu wollen, ist eben keine Satire. Dazu hätte die Autorin das sanfter (z.B. als Frage oder in Gänsefüßchen) formulieren müssen.
Es bleibt eine menschenverachtende Aussage. Ich nenne Leute, die solche Aussagen treffen, Faschisten. Mir rutscht evtl. gelegentlich auch mal ein Scheißspruch raus, aber ich schreibe keine Kolumnen in einer großen bundesweit erscheinenden Tageszeitung.
https://www.spiegel.de/politik/deutschland/diemar-bartsch-solidarisiert-sich-mit-polizisten-wie-viel-law-and-order-vertraegt-die-linke-a-238444fb-4f75-413e-841d-68983686a7cd
Der Fraktionschef der Linken, Dietmar Bartsch, stellte sich in der Woche nach der Randale demonstrativ hinter die Polizisten. Teile seiner Partei fanden das gar nicht gut. Ich zitiere hieraus einen Mitarbeiter von Niema Movassat: „Deine Aufgabe ist es, an der Seite der Menschen zu stehen, die von Rassismus, Sexismus und Diskriminierung betroffen sind, nicht an der des Staates.“
Es sind solche Genossen wie dieser Mitarbeiter, die es mir verleiden, diese Partei zu wählen. Nun steht mir ein Dietmar Bartsch auch schon sehr nah an SPD Positionen, die schon in Zeiten eines Helmut Schmidts die Konterrevolution des Neoliberalismus eingeleitet hatte. Aber wo er Recht hat, hat er Recht.
Als Linker darf und soll man Polizeieinsätze kritisieren, denn solche Kritik richtet sich vor allem gegen diejenigen Politiker und nachgeordnete Verantwortliche, die solche angeordnet haben. Die plumpe Herabwürdigung von Menschen als Müll oder mutwillige Tritte gegen Menschen - nichts anderes ist da in Stuttgart passiert - ist in erster Linie von den Linken zu verurteilen.
Man kann nicht fehlenden Humanismus beklagen und dann in gleicher oder gar noch stärkerer Aggression agieren als der Klassenfeind. Das war schon immer ein Problem von Teilen der Linken gewesen, auch in den unglücklichen 20er Jahren des letzten Jahrhunderts.
Eine Partei der Linken, die noch vor 10 Jahren von Gysi oder Lafontaine zusammen gehalten wurde, existiert wohl nicht mehr. Riexinger und Kipping mit ihren wachsweichen Positionen halten das Schiff auf klaren Kurs in die Eisberge hinein. Bartsch und Ramelow sorgen dafür, dass das kleine und illusionäre Licht der Hoffnung auf eine gerechtere Welt für die Menschen nicht komplett erlischt.
Update 25. Juni abends:
https://www.t-online.de/nachrichten/deutschland/id_88119444/krawalle-in-stuttgart-polizei-erhebt-schwere-vorwuerfe-gegen-die-stadt.html
„Probleme besonders mit "jugendlichen und heranwachsenden Tätern mit überwiegendem Migrationshintergrund" hätten die Polizei in den vergangenen Wochen vermehrt beschäftigt und seien der Stadtverwaltung seit langem bekannt gewesen.“ So weit der Kommentar der deutschen Polizeigewerkschaft.
Die Stuttgarter Stadtverwaltung wies den Vorwurf natürlich zurück. Jetzt, einen Monat später Mitte Juli, ist das Thema schon wieder raus aus der Presse. Erhellung bringt hier vielleicht folgender Artikel: https://www.suedkurier.de/baden-wuerttemberg/was-laeuft-schief-in-stuttgart-wie-die-stadt-schnelle-loesungen-fuer-die-krawall-probleme-sucht;art417930,10565353
Es sieht also ganz danach aus, dass man hier jahrelang weggesehen hat, als frustrierte Kids ihre Parties mit Drugs und Alkohol abfeierten. Die Polizei vor Ort durfte es richten - im Sommer 2020 dann also die sich abzeichnende Eskalation.
Stattet die Polizei mit mehr Personal aus und kümmert Euch um ausgegrenzte Jugendliche. Taten statt Worte; gerade grüne Politiker achten wohl mehr auf Political Correctness statt auf Lösung von Problemen, weil dabei die eigene Weltanschauung nicht beschädigt werden darf.
Das passiert in Stuttgart so. Und das passiert überall in der Republik so.

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