Samstag, 13. Juni 2020

Warren Smith 2/4

Über den Sommer 1956 folgte eine einwöchige Tour durch die Gegend von Memphis mit einigen Stars von Sun Records wie Johnny Cash, Eddie Bond & the new Boys, Carl Perkins und auch Roy Orbison & the Teen Kings, deren „Ooby Dooby“ gerade auf Sun erschienen war. Höhepunkt dieser Tour war wohl die Show im Overton Shell Park in Memphis, bei der Elvis Presley lt den Quellen einen schwachen Auftritt hingelegt hatte.
Den Rest des Sommers verbrachten die Bands on the Road, um eine überregionale Beachtung zu erreichen. So spielten Warren Smith und Roy Orbison eine Ochsentour durch die Bundesstaaten Arkansas, Tennessee und Mississippi.
Während dieser erfolgreichen Tour wurde Warren Smith bewusst, dass seine Person allein für den Erfolg verantwortlich gemacht wurde. Seinerzeit wurden ja auch eher die Sänger vermarktet und nicht die dazugehörigen Bandmitglieder, obwohl diese zumeist den Erfolg von Künstlern wie Elvis Presley oder Jerry Lee Lewis überhaupt erst ermöglichten.
Warren Smith verstieg sich in dem Glauben, dass er „the Man“ sei und seine Band eher zufällige Begleitmusiker wären. Damit beleidigte er seine Band, die sich dank einer ungeschriebenen Vereinbarung als gleichberechtigte Mitglieder der Band mit gleich großen Anteilen an den Tantiemen wie Smith verstand.
Doch Warren Smith war kein Mensch, der sich unnötige Sorgen um Andere machte und löste seine Verbindungen zu den Snearly Ranch Boys auf. Als Ersatz baute er eine eigene Band mit Al Hopson an der Gitarre, dem renomierten Bassisten Marcus van Story (spielte auch u.a. für Charly Feathers und wurde Warren Smith`s Manager) und Johnny Bernero am Schlagzeug, der ja auch schon bei „Rock `n`Roll Ruby“ trommelte.
Mit diesem neuen Line-Up spielte Warren Smith im August 1956 in zwei separaten Sessions die Sun Single #250 ein. Als A-Seite fungierte die von Johnny Cash entwickelte Version eines alten schottischen Folk Songs, den die in Vorkriegszeiten bekannte Carter Family aber 1940 auch schon mal aufgenommen hatte.
Wie so häufig ist auch hier die B-Seite der eigentliche Hit. „Ubangi Stomp“. Doch trotz hervorragender Kritiken seitens des Billboard Magazins verliefen die Verkaufszahlen mit 38.000 Platten im gerade expandierenden Markt enttäuschend. Vielleicht wäre es ratsam gewesen, in der beginnenden Hysterie um den Rockabilly „Ubangi Stomp“ als A-Seite einzusetzen.
Geschrieben hatte den Song der Student Charles Underwood von der Memphis State University, der über Jahre als Songwriter, Musiker und Produzent für Sun Records aktiv war.
Es geht um einen Seemann, der in Afrika den Rhythmus für sich entdeckt. „Had a good rocking time with the chiefs daughter May“ .Heute würde man vielleicht sagen, dass der Song in einem sexistischen Text eingebettet wäre. Wikipedia zählt Größen wie u.a. Jerry Lee Lewis, the Trashmen, Alice Cooper, Stray Cats oder auch die Honeymoon Killers auf, welche diesen Standard des Rockabilly gecovert hatten. Es fehlt hierbei die alles überragende Version der Cramps, durch die ich diesen Song kennenlernen durfte.
Zu Beginn der beiden Session war Warren Smith von dem Song dagegen wenig begeistert. Da er selbst jedoch keinen alternativen Song für die Session dabei hatte, probierte Smith „Ubangi Stomp“ notgedrungen aus. Die Performance von ihm und seiner Band wurde aber mit jedem Take besser und so schaffte es dieser überragende Song auf die Jubiläumssingle von Sun.
Das dennoch erfolgreiche Jahr (zumindest für Sun) endete für Warren Smith mit einem fünftägigen Konzert im Malco Theatre zu Memphis mit Carl Perkins und Roy Orbison. Danach folgten noch einige Termine in Huntsville und Sheffield, Alabama. Carl Perkins war wieder mit von der Partie, aber auch ein junger Pianist, der dank seiner forschen Performance gerade in Memphis für Furore sorgte und sich anschickte, Warren Smith als Top Act von Sun abzulösen, zumal Elvis ja bereits bei RCA unter Vertrag stand.
Das Jahr 1957 begann für Warren Smith mit einer unproduktiven Session. Die beiden Songs „the darkest Cloud“ sowie eine frühe Version von „So long, I`m gone“ wurde nicht veröffentlicht und verblieb im Archiv. Eine weitere Session im Januar brachte ebenfalls kein Ergebnis, so dass Warren Smith jetzt unter Druck geriet, da seine zweite Single wenig Erfolg gehabt hatte.
Deshalb versuchte Warren Smith es im Februar mit einer geänderten Besetzung. Bei der schließlich veröffentlichten Aufnahme von „So long, I’m gone“, einem Song von Roy Orbison, saß Jimmie Lott an den Drums, weil Bernero nicht mehr touren wollte.

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