Donnerstag, 13. Februar 2020

Ray Sharpe 2/2


Ray hatte den Song in seiner Zeit mit den Wailers in den Clubs von Fort Worth und Dallas gespielt. Danach vergaß er „Linda Lu“, bis zu dieser zweiten Aufnahmesession in den Audio Sounds Studios. Und anders als oft behauptet wird, spielt Duane Eddy auf der zweiten Session in Phoenix nicht mit.
Dank der teilweisen Phrasierung (Wiederholung) der Silben, was fast einem Stottern gleich kommt, und des zupfenden Gitarrenlaufs war „Linda Lu“ wie geschaffen für die nach schnellen Songs dürstenden Teenager. Zusammen mit „Red Sails in the Sunset“ wurde „Linda Lu“ als Single auf Jamie Records veröffentlicht - allerdings als B-Seite.
Denn „Red Sails in the Sunset“ galt den Machern als bessere Chance auf einen Hit, zumal die Fachpresse und die DJ`s für Ray`s Fassung des alten Hits positive Rückmeldungen abgaben. Nur verkaufte sich die Single eher mäßig, so dass man nicht von einem Hit sprechen konnte. „Linda Lu“ als B-Seite wurde von den Kritikern offenbar nicht wahrgenommen.
Das änderte sich allerdings schlagartig, als Dick Clark „Linda Lu“ in seiner TV Show American Bandstand spielte. Urplötzlich stieg die Single auf Platz 46 der Billboard Pop Charts und gar bis auf 11 in den R&B Charts. Der Song hielt sich 13 Wochen in den Hot Hundred. Geistesgegenwärtig zogen die Produzenten Sill und Hazlewood die ursprüngliche Single aus dem Verkauf zurück und ersetzten flugs „Red Sails in the Sunset“ durch den erheblich besseren Titel „Monkey`s Uncle“, zumal sie die Verlagsrechte an diesem Titel hielten. Übrigens finde ich diesen Uptempo Rocker sogar noch stärker als „Linda Lu“.
Leider verhielt es sich so, dass Ray ohne ein starkes Management die ganze Situation falsch einschätzte. Er verließ eine Tour an der Ostküste mit seiner Band, um auf einer Package Tour spielen zu können. Diese Tour war eine von Dick Clark organisierte Package Tour, bei der aus American Bandstand bekannte Künstler wie Jack Scott, Rusty York, the Coastern, Duane Eddy und LaVern Baker aus Kostengründen mit der gleichen Backing Band spielten.
Ray Sharpe & the Wailers

Rays eigene Begleitband, die Wailers, verhinderte in der Folge einen größeren Erfolg seiner Hitsingle. Sie glaubten wohl, dass Ray sie verlassen würde, als „Linda Lu“ durchstartete, weil Ray mit den üblichen lokalen Musikern auf der Package Tour spielte. Wäre er bei seiner Band auf der Tour an der Ostküste geblieben, hätte er „Linda Lu“ sicher noch bekannter machen und damit besser verkaufen können.
Stattdessen stand er dann ohne Band da, da jetzt seine Musiker ausscherten. „Linda Lu“ wurde auch von vielen Bands, welche fest in den vielen Bars der USA live auftraten, als eine Art Hymne im Programm aufgenommen. Dazu gab es noch verschiedene Coverversionen, unter anderem von Wayne Cochran. Ich kenne den Song eigentlich eher durch das Cover von Johnny Kidd & the Pirates, die mit ihrer Version Anfang der 60er in die britischen Top 50 stürmten.
Leider konnte Ray nach „Linda Lu“ keinen Nachzieher platzieren, trotz seines guten Drahtes zu den Top Produzenten Lester Sill und Lee Hazlewood. Die Nachfolgesingle „Long John“ / „T.A. Blues“ fiel da schon etwas ab und floppte dementsprechend. Auch die weiteren Singles auf Jamie Records verkauften sich nicht mehr, so dass sich Ray nach einem erfolglosen letzten Versuch mit „Justine“, einem sehr schönen Midtempo Song, auf Trey, einem Sublabel von Sill und Hazlewood, ohne einen Plattenvertrag dastand.
Ich denke mir auch, dass Ray Sharpe mit „Monkey`s Uncle“ als Nachfolgesingle zu „Linda Lu“ eine bessere Chance gehabt hätte, eine große Karriere zu starten. So blieb er leider nur ein One Hit Wonder, dessen Hit heute eher durch die Coverversionen diverser Rockgrößen bekannt ist.
In der Folge veröffentlichte Ray in den 60ern mehrere Singles auf verschiedenen kleinen Labels, die leider keine Beachtung fanden. Interessant ist dabei lediglich eine Singles für Atco aus dem Jahr 1966. Von King Curtis produziert, wurde Ray von dem zu der Zeit noch unbekannten Jimi Hendrix an der Gitarre unterstützt. Zur Info: Da Ray zwei Singles auf Atco veröffentlichte, handelt es sich bei der Single mit Hendrix um „Help me“.
Ray Sharpe ist seinerzeit Ende der 50er ein Unikum gewesen. Er war der einzige schwarze Rockabilly gewesen, der dafür gelobt wurde, dass er wie ein Weißer klang. Dies stellte eine komplette Umkehrung der seinerzeit vorherrschenden Einordnung der Musiker in die unterschiedlichen Musikstile - lediglich aufgrund ihrer Hautfarbe - dar.
Ray Sharpe soll in seiner Jugend auch geplant haben, mit Rockabilly-Musiker Ronnie Dawson ein Duo zu gründen, dass sie The Oreo Crookies nannten. Jedoch wurden sie sich klar darüber, dass ihre Mitmenschen (aufgrund der in den USA zu der Zeit noch vorherrschenden Rassentrennung) dies missbilligten, daher ließen sie ihr Vorhaben wieder fallen.
Und genau wie sein alter Kumpel Ronnie Dawson wurde Ray in den 90ern während des x-ten Rockabilly Revivals wiederentdeckt und tritt seitdem auf Bluesfestivals oder Rockabilly Revivals auf. Spät, sehr spät, bekam Ray verdientermaßen etwas Aufmerksamkeit.

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