Samstag, 8. Februar 2020

H. Lecter: Alf


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Selbstverständlich waren wir nicht nur nach Malle gefahren. Da war noch so eine Busreise nach Prag, an der neben Mr. Rhönrad auch Jupp, unser polnischer Sozialarbeiter, teilnahm. Da Alf bei der Rutsche nicht mit dabei war, werde ich auch nicht näher auf den bierseligen Abend mit den tschechischen Eishockeyfans oder den Nachmittag in der Tabledancebar am Wenzelsplatz eingehen.
Wo Alf allerdings mit war, das war unsere Rutsche nach Istanbul. Hier war Buck noch nicht mit im Kader gewesen. Der harte Kern bestand zu der Zeit aus Alf, Max, Klaus-Ewald, mir und Moritz. Wie immer Moritz mit dem Einzelzimmer und ich mit Alf auf einem Zimmer, weil nur ich sein Schnarchen aushielt und außerdem seine Schlagzahl halbwegs mitgehen konnte.
Das Schöne an diesem Urlaub war gewesen, dass wir uns in Istanbul mit der Sauferei gewaltig zurückhalten mussten. Efes und Raki zu bekommen war zwar kein Problem gewesen, aber eine Druckbetankung erschien uns aufgrund der bereits seinerzeit überall zu spürenden Militärpräsenz nicht angezeigt. Die PKK war in den 90ern sehr aktiv gewesen und deshalb stand an fast jeder Straßenecke ein schwerbewaffneter Soldat.
Abgesehen von diesem bedrohlichen Umfeld waren wir in unserem Hotel außerhalb der türkischen Metropole gut untergebracht, hier waren wir abends ungestört und ausgelassen. Wie gesagt, Efes und Raki. An einem Abend ging es insbesondere mit dem Raki hoch her. Das war dann für Alf zu viel gewesen.
Von dem Tresen der Bar ging es über drei breite Stufen auf die Ebene der Halle. Auf dem Weg zu den Zimmern durchlief man den Eingangsbereich mit Rezeption und gemütlichen Sitzecken, ehe man zum Fahrstuhl und darüber zu den Zimmern kam. Wie in den meisten Hotels auf der Welt halt.
Nur diese 3 Stufen… Beim Gang aufs Zimmer zum Bubu machen vergaß Alf den zu überbrückenden Höhenunterschied mittels der Stufen und wunderte sich, warum sich der Fußboden bei einem Schritt versteckt hatte. Dieser Fuß sackte durch und fand zwar auf der Treppenstufe seinen Halt, doch da hatte Alf bereits seinen Körperschwerpunkt nach vorn verlegen müssen und segelte unvermeidlich auf die Fliesen der Eingangshalle zu.
Glücklicherweise fallen Betrunkene automatisch so, dass sie sich nicht verletzen. Und so legte sich Alf eben nicht aufs Maul, sondern konnte sich, mit den Knien aufgekommen, hochrappeln und Richtung des Fahrstuhls torkeln.
Die Koordination war leider eingeschränkt, so dass er völlig unkontrolliert gegen einen Tisch lief und die darauf stehenden Vasen vom Tisch fegte, Blumen und Wasser flogen im hohen Bogen durch die Halle. Notdürftig reparierten wir den Schaden, während einer Alf festhielt, damit er nicht noch mehr Schabernack veranstalten konnte. Hinterher brachten wir, respektive ich, Alf zu Bett.
Ansonsten verliefen die anderen Abende glimpflich, wir waren in Istanbul auch eher am Tage unterwegs. In dieser von Menschen nur so wimmelnden Großstadt sind wir gerade am ersten Tag sehr planlos durch die Gegend gelaufen, ehe Moritz meckerte, dass es bereits 12.00 Uhr sei und wir nun ganz dringend etwas essen müssten. So lernte ich McDonalds Istanbul kennen.
Schön war es im Bazar von Istanbul. Ich interessierte mich für eine Wasserpfeife, welche zuhause meine blaue Giraffe ersetzen sollte. Die dort erhältlichen Pfeifen waren mir allerdings zu klobig, so dass ich sie nicht in meine Reisetasche bekommen hätte. So begnügte ich mich mit einem Apfeltee, den wir nahezu an jedem Stand angeboten bekamen. Immer freundlich, die Verkäufer.
Wir hatten dort auch etwas gegessen – leckere Spieße mit Reis und frischem Salat. Alf und ich mussten auf Toilette; bei mir drückte die Blase und Alf hatte Größeres vor. Der Kellner bedeutete uns, in den ersten Stock zu gehen, wo sich die Toiletten befanden.
Was soll ich sagen: Ich war geschockt. Die Wände waren zugeschissen; die Klobrille ebenfalls. Der Gestank war mörderisch, deshalb hatte ich nach dem Pinkeln aufs Waschen der Hände verzichtet. Alf erledigte in dieser Kloake sogar sein Geschäft. Selbstverständlich blieb ich nicht, um dies jetzt bestätigen zu können.
Highlight dieses Urlaubs war zweifelsohne das UEFA Cup Spiel Besiktas gegen den FC Valencia. Wir standen im total überfüllten Stadion sehr beengt und ein alter Mann beschimpfte uns aus nicht mehr nachvollziehbaren Gründen als deutsche Arschlöcher. Wir ignorierten ihn und warteten auf den Anpfiff, denn wir waren bereits drei Stunden vor Spielbeginn in die Kurve gegangen.
Bier gab es nicht, dafür aber wunderbare Fangesänge. Die Choreo war hervorragend. Die Kurve stimmte ein Lied an und die Tribüne antwortete. Das Publikum peitschte dann zu Spielbeginn Besiktas nach vorne. 20 Minuten lang mit ohrenbetäubender Lautstärke. Dann schoss Valencia das 1:0 und spätestens nach dem 2:0 waren die Gesänge vorbei und die Zuschauer verließen das Stadion.
4:0 für Valencia hieß es am Ende und Besiktas war damit ausgeschieden. Was für ein bizarrer Stadionbesuch, Bengalos inklusive. Am nächsten Tag fuhren wir noch kurz über den Bosporus, um asiatischen Boden zu betreten. Im Stadtteil Fenerbace sind wir dann noch ein wenig herumgelaufen; überall hingen blaugelbe Fahnen und Schals.
Ein Urlaub mit wenig Alkohol . auch den konnte man mit Alf machen, obwohl ihm das Alle nicht mehr zugetraut hatten.

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