Mittwoch, 3. Juli 2019

Hartmudo: Vitalium


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In der Nacht zum Dienstag schlief ich nicht wirklich gut, da ich bereits um 1.00 Uhr aufstehen musste. Klar, es war der körperliche Druck, der mich trieb. Es ging wohl im Traum wie auch in der Realität daneben, doch ich war zu schlaff, um nachzusehen.
Den Wecker hatte ich nach den Erfahrungen gestern auf 5.49 Uhr gestellt. Das hätte ich mir allerdings auch sparen können, weil ich um halb sechs von allein wach geworden war. Das Bittersalz schlug in der Nacht auf Dienstag richtig durch. In aller gebotenen Eile flitzte ich auf die Toilette und drückte schnell noch einen Schwall Flüssigkeit ins Becken. Danach legte ich mich wieder hin, spielte Futurama auf dem Smartphone und wartete sehnsüchtig auf die Frau mit dem Wickel.
Kurz nach Sechs Uhr kam sie dann endlich. Heute stand ein Lendenwickel auf dem Plan. Hierzu bat mich die Frau aufzustehen. Dann breitete sie die braunen Decken in Höhe meines Rückens und Popos auf der Matratze aus. Fast zärtlich folgte dann das weiße und angenehm nasse Tuch darüber.
Nun war ich an der Reihe. Ich sollte mich auf die Decken legen, was ich auch tat. Der Kälteschock überraschte mich dann doch etwas, obwohl ich es mir ja bereits gedacht hatte, dass dieses weiße Tuch mit eiskaltem Wasser durchtränkt war. Nach kurzem Japsen für Luft beruhigte ich mich wieder und die Frau wickelte mich in die Tücher ein. Selbst die Bettdecke rollte sie noch darüber und herum, die Enden schlug sie unter meine Füße. Da kam ich mir glatt wie eine Mumie vor.
Mit dieser Aktion war sie für heute Morgen fertig. Sie wünschte mir beim Hinausgehen noch einen schönen Tag, nicht ohne zu vergessen, mir einzuschärfen, dass ich so eingewickelt mindestens eine Dreiviertelstunde, besser noch eineinhalb Stunden, liegen bleiben sollte. Eine Dreiviertelstunde ließ ich mir das noch gefallen, griff dann aber Pockes Tipp vom Vortag auf, der da meinte, dass er sich mit dem Wickel zur Seite umgedreht hätte, um besser lesen zu können.
Genau so machte ich das auch und schaffte deshalb ein gutes Stück in meinem Buch. Gegen 7.00 Uhr war es dann an der Zeit, aufzustehen. Wie am Vortag riss ich die Decken weg und schmiss diese auf den Boden. Und noch einmal schlich ich auf die Toilette; da war das Bittersalz immer noch nicht ganz draußen gewesen. Das gab mir die Zeit, die Rennen des Tages bei Angry Birds Go anzugehen.
Nach Erledigung dieser Aufgaben wurde es auch bereits Zeit, sich für den Frühsport umzuziehen. Heute stand Bürosport an, da war ich richtig gespannt. Als ich mit meiner Löwin die Sporthalle im 2. Stock betrat, stellte ich erfreut fest, dass an diesem Tag erheblich mehr Männer als am Vortag teilnehmen würden. Sogar Pocke begleitete Patti zu diesem Event, da er Anregungen für etwas Bewegung bei der Arbeit zwischendurch zu schätzen wusste.
Die Vorturnerin wies uns an, jeweils einen Stuhl zu ergreifen und uns damit im Halbkreis zu verteilen. Nun setzten wir uns auf die Stühle und arbeiteten uns an diversen Dehnübungen ab. Ohne viel Kraftaufwand bewegten wir uns im Sitzen, doch anstrengend war diese halbe Stunde dann doch.
Am besten gefiel mir eine Übung, bei der beide Hände einfach unter einen Oberschenkel griffen, wodurch das dazugehörige Knie frei und ohne Druck hin und her geschwungen werden konnte. Dies dient neben einer besseren Durchblutung des Knies dem Aufbau der womöglich fehlenden Knorpelmasse im Knie. Das soll die beste Übung für Menschen mit Arthrose im Knie sein, weil das Knie unbelastet bewegt werden kann.
Ich weiß nicht, ob Pocke etwas aus dieser Übungseinheit mit ins Büro nehmen konnte, für mich jedenfalls war da nichts Verwertbares dabei. Da ich nach Möglichkeit in einer Arbeitswoche mit dem Fahrrad zwischen Wohnung und Bahnhof pendele, habe ich schon genug Bewegung in der Woche.
Am vorherigen Tag hatte mich eins etwas gestört: Die geringe Zeit für das Frühstück, weil ich ja noch den Guss um 9.00 Uhr an der Backe hatte. Die Zeit fürs Frühstück war heute sogar noch knapper, weil sich die Vorturnerin zum Frühsport etwas verspätet hatte. Da hatte ich mir überlegt, gleich in meinen Sportklamotten zum Frühstück zu gehen. Das bedeutet in kurzer Turnhose und T Shirt.
Meine Löwin war strikt dagegen und raunzte mich auf der Treppe gleich richtig an: „Nein, das machst Du nicht. Du gehst nicht in kurzer Hose zum Frühstück!“ Der stark aggressive Tonfall machte mich zwar sofort wütend, aber ich hielt mich an ihren Befehl. Ich hatte zwar das Gefühl, mich jetzt vor Pocke und Patti lächerlich zu machen, was bei mir automatisch zu einer gewissen Bockigkeit führte. Mit knirschenden Zähnen ging ich auf mein Zimmer und zog mich um. Zur Strafe würde ich nur den Karottensaft hinunterstürzen und sofort wieder aufstehen! Bätschi!
Als ich gleich darauf immer noch grummelnd meine Löwin abholte, erwähnte sie nur kurz die Hausordnung des Vitaliums, welche ich bislang selbstverständlich nicht durchgelesen hatte. Als ich dies jetzt in dem Zimmer meiner Löwin nachholte, sah ich es natürlich auch. Der Speisesaal durfte nur mit langer Hose betreten werden; Turnhose war hier nicht angesagt. Das änderte sofort alles. Meine Ehre war wiederhergestellt.
Mit erheblich besserer Laune setzte ich mich mit meiner Löwin zu Patti und Pocke an den Frühstückstisch. Logischerweise erwähnte ich sofort die Hausordnung mit der Vorgabe einer langen Hose, weil ich das Image eines Pantoffelhelden nicht an mir haften lassen wollte. Wohlgelaunt nahm ich noch einen Anis Fenchel Kümmel zu dem Karottensaft; mein „Boykott“ des gemeinsamen Frühstücks war vergessen.
Die Zeit bis zum Guss um 9.00 Uhr war zwar nicht länger geworden, aber ich bekam es trotzdem gut hin. Mit dem Fahrstuhl fuhr ich in den 3. Stock und wechselte im Rekordtempo in den Bademantel. Weiter ging es erneut mit dem Fahrstuhl in den Keller und um Punkt 9.00 Uhr betrat ich Bad 2, wo ich auch sogleich von der Bademeisterin in Empfang genommen wurde.

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