Dienstag, 1. Januar 2019

Hartmudo: Jahresabschlussbericht


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Die Hamburger Weihnachtsmärkte waren also ein voller Erfolg. Ein letzter Weihnachtsmarkt fehlt allerdings noch in meiner Aufzählung. Das ist der in Wernigerode und den besuchten wir am Samstag vor dem dritten Advent. Da stand die Fahrt mit einer Dampflok der Harzer Schmalspurbahnen von Wernigerode zum Brocken (und zurück) an. Es war das Geschenk von Pocke und mir (und unseren Frauen natürlich) an Tillmann zu seinem 60. Geburtstag.
Leider war Tillmann schwer verkockt unterwegs und gedanklich auch schon irgendwie auf seiner Kreuzfahrt, die er mit Ehefrau Heidi eine Woche später startete. Dennoch kamen Heidi und er zum Treffen am Bahnhof pünktlich an, Tillmann jedoch während der Zugfahrt nach Wernigerode nur schwer in Gang. Dort war es dazu bereits erheblich kälter als in Braunschweig.
Bizarr wurde es, als ich mit Tillmann vor der Toilette anstand. Auf dem gesamten Bahnhof gab es nur diese eine Toilette mit Zahlenschloss für Damen UND Herren. Das Zahlenschloss war augenscheinlich defekt, weshalb ein Rentner vor dem Klo stand und von den Bedürftigen jeweils 50 cent abkassierte. Nach Bezahlung gab er dann den Zahlencode ein, worauf sich am Kopf der Warteschlange ein Gefühl der Glückseligkeit ausbreitete.
Mein Fazit aus der Situation: Normalerweise hält der fertige Besucher für den nächsten Gast die Toilettentür auf, so dass dieser den kostenpflichtigen Code nicht mühsam erfragen muss. Da natürlich niemand von sich aus 50 cent hinterlegt, wenn er umsonst pinkeln kann, lohnt es sich für den Betreiber offenbar, einem Rentner dessen schmales Salär etwas aufbessern zu lassen.
Die Fahrt mit der Dampflok kostete 43 Euro für Hin- und Rückfahrt. Ein stolzer Preis für die doch unbequemen und engen Sitze in einem hoffnungslos überbelegten Zug, in dem noch nicht einmal genug Sitzplätze für alle Passagiere vorhanden waren. Da schmeckte selbst das gerade noch am Bahnhof erstandene Hasseröder (oder war es das Wolters von Patti?) etwas schal, weil wir Jungs uns die Vierer Sitzgruppe noch mit einer mondänen Frau teilen mussten.
Wobei die Fahrt allerdings wirklich schön war. Je näher wir dem Brocken kamen, umso winterlicher, weil mit Schnee eingepudert, sah die Landschaft aus. In Drei Annen Hohne musste ich kurz wohin. Der aufzusuchende Ort befand sich außerhalb des Zuges, weil dieser Zug anscheinend keinen derartigen Ort besaß. Ich schmiss ein schnelles „Bin gleich wieder da“ in die Runde, schon war ich weg zum Klo. 8 Minuten Zeit – erfreulicherweise mehr Klos als in dem wesentlich größerem Bahnhof Wernigerode – und ich bin schnell.
…Und doch fast zu langsam, denn der Zug setzte sich schon in Bewegung, als ich die Verriegelung des Eingangs öffnete und die erste Sprosse erklomm. Man gut, dass der Lokführer zuvor noch das Horn betätigt hatte, so dass ich die Beine in die Hand nahm und den nächstbesten Waggon ansteuerte - sicher ist sicher. Ich musste mich zwar im fahrenden Zug durch die Massen quälen, aber ich war wenigstens nicht gestrandet. Und – oh Wunder – den Klowagen hatte ich beim Durchgehen auch entdeckt, hätte also den Zug gar nicht verlassen müssen. Meiner Löwin, die von meiner eleganten Einlage nichts mitbekam, hätte ich dann eine sorgenvolle Viertelstunde erspart gehabt.
Drei Annen Hohne - waiting for the Bus

Auf dem Brocken selbst war es kalt, der Schnee lag bald einen halben Meter hoch. Wenn es nur nicht so diesig gewesen wäre, dann hätten wir trotz der Kälte noch einen schönen Spaziergang zum Stein machen können. So aber eroberten wir für unsere Kleingruppe von sechs Leuten eine kleine Sitzecke. Profis wie Pocke und ich griffen selbstverständlich zum Graubrot mit Harzer, für die anderen gab es Süppchen mit Wurst.
Schnell fuhren wir wieder zurück. In der Nebelküche gab es nicht wirklich viel zu bestaunen und beim Brockenwirt war es aufgrund der Enge eh ungemütlich. In Drei Annen Hohne brauchte ich das Klo nicht mehr, denn wir setzten uns praktischerweise in den Waggon mit dem Klo. Schade war lediglich, dass wir dort umsteigen und bald eine Stunde auf den Anschlusszug nach Wernigerode warten sollten. Da investierten wir lieber 12 Euro für den Bus, der binnen 5 Minuten fuhr, und stiegen weitere 10 Minuten später wohlgelaunt in Wernigerode aus.
Dort war es nach wie vor kalt und feucht, aber schneefrei. Und während Heidi, Patti und meine Löwin durch die kleinen Geschäfte huschten, ergatterten Tillmann, Pocke und ich am allerersten Stand des Weihnachtsmarktes einen Glühwein – mit Schuss. Und nach dem ersten Schluck wurde ich wieder gewahr, warum ich keinen Glühwein mehr trinke. Dieses bunte Zuckerwasser mit roter Lebensmittelfarbe und einer Asmussen Note im Abgang führt nach einem Liter garantiert zu einer Verätzung der Magenschleimhaut. Boah, was für eine Beize!
Statt Mosel und Hanglage wohl doch eher 20 Liter Plastikkanister mit einem Beutelchen Glühfix. Na ja, wenigstens war das Zeug heiß. Tröstlich war dann zumindest der schwedische Glök an einem anderen Stand. Das nenn ich einen Glühwein: Heißer Blaubeerenwein mit Wodka; angereichert mit Mandeln und Rosinen. Ist zwar auch süß, aber eben nicht ekelhaft süß. Leider nahmen wir hier nur einen von, weil Tillmann nach einem schnellen Austausch mit einem Kumpel aus einem Urlaub was essen musste und wir danach zum Bahnhof ein gehöriges Stück für die Rückfahrt nach Braunschweig laufen mussten.
Wir waren daher gegen halb acht abgekämpft wieder in Braunschweig angekommen und trennten uns noch auf dem Bahnsteig. Patti und Pocke mussten den Hund von ihrer Hundesitterin loseisen, während Tillmann und Heidi noch gerade so ihre Tram erreichen mussten. Fast im Laufschritt waren beide Paare verschwunden. Der Abschied gestaltete sich also explosionsartiger als eine Woche zuvor. Schade, denn meine Löwin und ich hätten uns als Abschluss gerne noch ein Sit In in einer Gastwirtschaft vorgestellt. Dem standen allerdings Tillmanns angeschlagene Gesundheit und die leider doch stressigen Zugfahrten entgegen.

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