Montag, 25. September 2017

Contramann: Bundestagswahl

Das war sie gestern also, die Bundestagswahl. Und wie alle 4 Jahre eine Fußballweltmeisterschaft stattfindet, bei der (fast) ganz Deutschland mitfiebert, so findet alle 4 Jahre (sofern kein Misstrauensvotum o. ä. passiert) die Wahl zum deutschen Bundestag statt. Da fiebern dann zumindest die deutschen Leitmedien in Print und Fernsehen mit. Das Interesse der Wähler war dieses Mal dagegen überschaubar, stand der Ausgang der Wahl doch schon vorher fest.
Die Titelverteidigerin und ehemalige FDJ Funktionärin für Agitation und Propaganda, Frau Angela Merkel, galt während der „Vorrunde“, also im gesamten Wahlkampf, als unantastbar und alternativlos. Letzteren Begriff hatte Frau Merkel selbst in ihrer bisher 12 Jahre währenden Kanzlerschaft immer wieder als Adjektiv für ihr politisches Handeln missbraucht. Mittlerweile löst allein das Aussprechen des Wortes „alternativlos“ bei den Zuhörern Lachanfälle aus, ist es doch zum Synonym für permanentes Nichthandeln verkommen.
Dass die CDU/CSU bei dieser Bundestagswahl mit knapp unter 33 % der gültigen Stimmen krachende Verluste eingefahren hat, wundert mich deshalb einerseits nicht, andererseits kam dieser Einbruch doch etwas überraschend, lag die CDU doch noch letzte Woche in allen Umfragen bei 38%. Die Union ist somit zwar immer noch die mit Abstand stärkste Partei, hat aber jetzt das Problem, dass die Konkurrenz von ihrer Stärke her eher dicht beisammen steht und in den kommenden Koalitionsverhandlungen mehr Forderungen einbringen wird.
Hier kommt die SPD ins Spiel. Die ehemalige Fan-Freundschaft zwischen Angela Merkel und Martin Schulz war bereits in der Elefantenrunde nach der Wahl, dem traditionellen Verbal-Gangbang, passe. Der vordem heilige Martin aus Würselen griff die Kanzlerin scharf an und machte sie für das Erstarken der AfD verantwortlich. In die Opposition will die SPD gehen, keine große Koalition mehr. Und der Martin verkauft das noch als zutiefst edlen Akt, um die Führungsrolle der Opposition im neuen Bundestag nicht der AfD zu überlassen. Hätte der charmante Dampfplauderer mal seinen Wahlkampf so engagiert geführt, hätte er wohl nicht das schlechteste Ergebnis der SPD seit 1949 eingefahren. 20,5% - bald hat die SPD jene legendären 18% erreicht, die einst Guido Westerwelle als Wahlziel seiner FDP ausrief. Allerdings von oben kommend. Wer hätte das nach der triumphalen Inthronisation von Martin Schulz als Kanzlerkandidat der SPD zum Jahresbeginn gedacht? Mit 100% der Delegiertenstimmen wurde er gewählt. Das ist ein Wert, den weder Erich Honecker erreichte noch Jogi Löw bei Umfragen einfahren würde.
Eine halbe Stunde nach Schließung der Wahllokale brachte es Sarah Wagenknecht endlich auf den Punkt. Ihr Resumee lautete, dass es die Linken versäumt hätten, sich im Wahlkampf mehr der Flüchtlingspolitik zu widmen. Weil die Linke, und mit ihr alle anderen Parteien, „bestimmte Probleme“ ausgeklammert hätten, erhielt hier die AfD eine ideale Bühne, um die tatsächlich ja vorhandenen Probleme für sich zu beanspruchen. So sehe ich das auch, wobei ich weiß, dass Frau Wagenknecht in ihrer Partei relativ isoliert dasteht. Die Linken haben sich einfach von Frau Merkel und den Medien von dem sicherlich berechtigten AfD Bashing einfangen lassen und daher ihr (mögliches) Wählerpotential verschenkt.Und bei Leuten wie Kipping, Riexinger und leider auch Ramelow sehe ich die Gefahr, dass sie eherne Grundsätze der Linkspartei zugunsten eines Machtgewinns aufgeben würden. Wie Frau Merkel hat auch Sarah Wagenknecht eine DDR Vergangenheit. Der Unterschied besteht darin, dass die „Qualitätsmedien“ bei der Wagenknecht permanent deswegen draufhauen, während sie dies bei der Kanzlerin eben nicht tun. Wer heutzutage noch an die Unabhängigkeit der Medien glaubt, der hat die politische Bühne in Deutschland nicht begriffen. Leider nur 9,2% für die Linke. Nachgewiesenermaßen wären nach ihrem Wahlprogramm alle Steuerzahler mit einem Jahreseinkommen bis zu 129.000 € bei den Linken am Besten aufgehoben. Ja haben wir denn so viele Besserverdiener in Deutschland? Es soll mich in nächster Zeit bitte keiner volljammern, von wegen Steuer und so.
Ebenfalls FDJ-Funktionärin, ebenfalls zuständig gewesen für Agitation und Propaganda (laut welt.de): Katrin Göring-Eckardt. Sie und „ich-habe-eine-Graspflanze-auf-dem-Balkon“ Özdemir haben die Grünen mit 8,9 % zur sechststärksten Partei im Bundestag gemacht. Und wo sind die Grundsätze der Grünen hin? Wohl alles für nen SUV mit Elektromotor draufgegangen, oder was? Die ehemaligen Birkenstockträger kaufen zwar noch im Reformhaus ein, wollen aber keine Problemfälle vor der eigenen Haustür ertragen. Was für Menschen haben gestern Grün gewählt? Geht eigentlich gar nicht.
Die AfD ist der legitime Nachfolger der NSDAP. So lautet jedenfalls das Credo der anderen 5 im Bundestag vertretenen Parteien. 12,6 % haben diese Neoliberalisten gewählt, die meisten der AfD Wähler können neoliberal wahrscheinlich nicht einmal buchstabieren. Und dann noch der Paukenschlag heute morgen auf der AfD Pressekonferenz. Frauke Petry hat einen Tag nach der Wahl (sie ergatterte in Sachsen sogar ein Direktmandat) die AfD Fraktion verlassen, weil sie glaubt, mit Leuten wie Gauland oder Meuthen ihre Ziele nicht erreichen zu können. Als da wäre eine Koalitionsfähigkeit 1921. Da gebe ich ihr sogar recht, zumal Gauland am Wahlabend durch Äußerungen wie „wir werden Frau Merkel oder wen auch immer jagen“ ein denkbar unschönes Bild abgab. Aber trotz dieses ganzen Chaos ist die AfD der Wolf im Schafspelz: Vordergründig für die Rechte des kleinen Mannes antretend, notfalls auch auf Kosten von Flüchtlingen wie Minderheiten, in Wirklichkeit aber straff einen Manchester Kapitalismus im Gepäck. Das Maschmeyer da nicht persönlich dabei ist, wundert mich stark.
Aber vielleicht ist Maschmeyer auch bei der FDP. Der Lindner hat mit seinem Posing in Schwarz-Weiß auf überlebensgroßen Wahlplakaten eine geschickte Werbekampagne inszeniert. 10,7 % der Wählerstimmen gab es dafür. Ein Wunder, dass er nicht auch noch blank gezogen hatte. Aber das ist glücklicherweise noch nicht erlaubt. Und wie verzweifelt muss ein Mensch sein, um die FDP zu wählen?
Jetzt sollen sie sogar zusammen mit den Grünen und der Union eine „Jamaika“ Koalition bilden. Die Parteien der Gutsituierten also unter sich, meine Güte. Schatzi, wo ist ein Eimer? Ich muss göbeln. Oder geht die große Koalition mit den Spezialdemokraten doch noch in die nächste Runde?
Unter ferner liefen kamen die Piraten ins Ziel. 0,4 % für die ehemalige Hoffnung aller Hipster. Genau soviel wie die NPD übrigens. Die Partei mit Martin Sonneborn ergatterte immerhin 1,0 % der Stimmen. Ich finde die Leute ja sympathisch, aber ehrlicherweise ist eine satirische Grundhaltung ohne wirkliche politische Grundsätze wenig zielführend.
Wenigstens bleibt mir jetzt erst einmal die dümmliche Wahlwerbung eine Zeit lang erspart. Ich bin zwar neugierig, mit was für Nasen die Merkel diesmal die Karre an die Wand fährt, aber meine Aufmerksamkeit gehört jetzt wichtigeren Dingen.
Fußball WM, gell?

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