Freitag, 1. Januar 2016

Hartmudo Spezial: Die dicke Wade 4/17

Ich zwängte mich in mein Shorty - T-Shirt mit kurzem Pyjamahöschen - und legte mich aufs Bett. Blut war mir schon während der Prozessur in der Notaufnahme abgenommen worden, das blieb mir also erspart. Das Abendessen kam auch gleich. Das Graubrot quälte ich mir mit Butter rein, die Scheibe Wurst nahm ich auf die Faust. Tee ging noch, aber Pudding oder Obst oder was auch immer da noch drauf war, ließ ich liegen.
"Ich geh jetzt mal besser. Ich den schon, Du bist voll mit Die selbst beschäftigt." Das sagte sie mir nach wenigen Minuten und sie hatte leider Recht. Gern hätte ich ihr zugehört, allein... es ging nicht, ich war wie vernagelt. An diesem Punkt werde ich noch arbeiten müssen, meine Löwin hat nun wirklich mehr Aufmerksamkeit verdient. Dann war sie weg mit meiner Fahrradtasche.
Damit war ich mit Heinz und Horst allein im Zimmer. Zeit also, um sich näher kennenzulernen. Heinz röchelte ein wenig; mit ihm unterhielt ich mich anfangs, aber nach kurzer Zeit schlief er ein. Ihm ging es irgendwie nicht so gut. Horst brauchte etwas, aber dann war er nicht mehr zu stoppen.
Nunmehr 80 Jahre alt, war er als Maschinenschlosser bei VW beschäftigt gewesen und machte sich etwas Sorgen um eine Frau, die dank einer feuchten Makula vor einer Erblindung steht und ohne Brille lediglich Konturen wahrnehmen kann. Viel erzählte er mir von seiner schwierigen Jugend in den Kriegsjahren.
Er überlebte wohl nur, weil seine Mutter ihn in den letzten Kriegsjahren zu Verwandten südlich des Ostharzes gebracht hatte. Er erzählte von Bombenangriffen auf Braunschweig, die er als kleiner Knirps noch selbst erlebt hatte, derweil der Vater an der Front oder auch schon in Kriegsgefangenschaft war.
Horst selbst wurde eingeliefert, weil er diese Schmerzen im Bauchbereich verspürte. Die Diagnose lautete auf Nierensteine, und mir fiel auf, das Horst genau so ängstlich und nervös war wie ich. Wir laberten die ganze Zeit über, wobei Horst die erheblich größeren "Spielanteile" hatte.
Wir warteten auf unsere Injektionsampullen, schließlich war bei uns jeweils ein Zugang gelegt worden. Für mich sollte es, wie bereits erwähnt, Penizillin sein. 2 Pullen Flüssigkeit - Wasser - waren für Horst vorgesehen, damit die Nieren ordentlich durchgespült werden konnten. Kleinere Nierensteine würden sich so von alleine lösen, was eine komplizierte Operation unnötig machen würde.
Wir versuchten nebenbei, unsere Kopfhörer auszutesten. Es gab lediglich einen Flatscreen für uns Drei an der gegenüberliegenden Wand. Ton gab es gar nicht dazu, es sei denn, man schloss einen Kopfhörer an das Multifunktionsgerät an, welches auch als Telefon diente.
Horst hatte sich seine Hörer bei der Anmeldung gekauft und sie funktionierten überhaupt nicht. Meine vom MP3 Player brachten nur einen ganz leisen Ton raus, da machte das Zuhören null Spaß. Also ließen wir es und laberten immer weiter.
Irgendwann zwischendurch wurde an meiner Wade noch ein kühler und feuchter Wickelverband angelegt. Dazu erhielt ich den Befehl, das Bein die ganze Zeit hoch zu lagern, damit die Einlagerungen abfließen konnten. Dies war nur kurz bequem, aber was muss das muss, oder? Ich gewöhnte mich irgendwann daran.
Gegen 23.00 Uhr, so sagte die Nachtschwester, würden wir unsere Infusionen bekommen. Kurz nach Mitternacht war immer noch nichts passiert und Horst wurde müde. Er legte sich zur Seite und drömmelte so vor sich hin. Ich dagegen schnappte mir mein Buch und wartete ab.
Gegen halb eins war es dann soweit. Der nunmehr etwas angesäuerte Horst ließ es über sich ergehen und auch ich musste es schließlich aushalten. Meine erste Infusion wurde von der polnischen Ärztin der Nachtschicht, die ich bei der Notaufnahme schon kennenlernen durfte, durchgeführt und dauerte 20 Minuten. Unangenehme 20 Minuten, aber hinterher schlief ich dann endlich ein.
Beim Einschlafen achtete ich krampfhaft darauf, die rechte Wade oben zu lagern und nicht wie sonst unten, weil ich eher auf der rechten als der linken Schulter nächtige. Trotzdem konnte ich schlafen, meine Maske hatte ich in Betrieb.
Die Nachtschwester weckte mich morgens um 6.00 Uhr. Fröhlich lächelnd, denn gleich würde sie Feierabend haben, gab sie mir die nächste Infusion. Nach einer halben Stunde schaute sie nochmal vorbei. Die Flasche war vielleicht zu einem Drittel in meinen Blutkreislauf gepladdert, mir war dies zu langsam.
Außerdem schob ich einen Affen; ein nerviger, brennender Schmerz brachte mich fast um den Verstand. Eine sehr nervige Angelegenheit war das und ich wollte, das es schnell zu Ende geht. Die Schwester drehte den Hahn nochmal auf und ward daraufhin nicht mehr gesehen.
Endlich war die Pulle dann durch gelaufen, aber ich hing immer noch an der Infusion. Jetzt pissen! Ich betätigte die Klingel und die Schwester schaute noch mal rein. Sie wies mich darauf hin, das gleich Übergabe sei. Anschließend würde es losgehen.

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