Samstag, 23. Januar 2016

Special: Contramann – Nur noch kurz die Welt retten

4
Auch wenn ich den Kapitalismus in dieser Serie negativ skizziere, eines aber hat dieses Wirtschaftssystem allen anderen in der Geschichte voraus. Es ist das denkbar leistungsfähigste Konstrukt, da dem Menschen die Gier und das Gewinnstreben tief im Innern angeboren ist.
Deshalb ist diese Wirtschaftsform auch in den meisten Bereichen einer Volkswirtschaft die effektivste Möglichkeit, qualitativ hochwertige Produkte zu entwickeln und zu handeln. Je größer auf dem einzelnen Wirtschaftsfeld jeweils die Anzahl der Anbieter ist, desto besser wirkt sich dies für den Kunden aus, da sich ein Verkaufspreis wohl eher auf niedrigem Niveau einpendeln dürfte.
Wenn sich aufgrund des Verdrängungswettbewerbes Oligopole bilden, fängt es an, interessant zu werden. Urplötzlich wird das Produkt teurer, (illegale) Preisabsprachen sind leichter zu organisieren und der Kunde zahlt den erhöhten Preis. Höchstens bei technischen Produkten ist die Chance aber gegeben, dass durch Innovationen oder Erfindungen ein wenig Bewegung in die Gruppe der Anbieter kommt, auf das das Karussell wieder in Bewegung gerät.
Bei Dienstleistungen funktioniert dies leider eher selten bis nie. Insbesondere im Bereich der sogenannten Grundvorsorge können durch Monopole gewaltige Schäden für eine Volkswirtschaft entstehen, wenn der Preis für den „armen“ Kunden nahezu unerschwinglich wird.
Polizei, Feuerwehr, Verwaltung und Schulbildung sind da die großen Klassiker der Grundversorgung oder auch Daseinsvorsorge. Die sind natürlich (noch) in öffentlicher Hand und damit den brutalen Gesetzen des Marktes entzogen. Mal sehen, wie lange dies noch so bleibt.
Zur weiteren Grundversorgung rechne ich jetzt mal den öffentlichen Personenverkehr, die Versorgung mit Strom, Heizung und Wassern sowie die Kommunikation, als da wären Telefonie, Postversand oder auch Rundfunk und Fernsehen. Dies alles ist heute leider größtenteils privatisiert worden, was ich für einen großen Fehler halte.
Es hatte schon seinen Grund, warum die zuerst privaten Eisenbahnbetriebe spätestens in den 80er Jahren des 19. Jahrhunderts in Deutschland verstaatlicht wurden. Der Staat sah sich seinerzeit in der Verpflichtung, ein funktionierendes Verkehrssystem in ganz Deutschland garantieren zu können. Es wäre ja auch Quatsch gewesen, wenn mehrere Firmen eine Verbindung z.B. zwischen Berlin und Hamburg parallel gebaut hätten, am besten noch in verschiedenen Spurweiten.
Da sind wir also schon einmal beim einheitlichen Gleissystem und der Wartung derselben „in einer Hand“. Dies soll ja heuer auch so bleiben, nur sollen jetzt verstärkt konkurrierende Firmen dank des sogenannten Wettbewerbs einzelne Linien betreiben, die vorher die deutsche Bahn in Eigenregie und früher ohne Konkurrenz betrieben hatte.
Dass der Gewinn eines privaten Unternehmens irgendwo herkommen muss (die Fahrpreise bleiben ja unverändert gleich), leuchtet wohl jedem ein. Hier können Gewinne demnach nur über die Personalkosten, sprich schlechter bezahlt und/oder chronisch unterbesetzt, oder aber über schlechter gewartetes technisches Equipment erzielt werden.
Die Sinnhaftigkeit erschließt sich mir hierbei nicht. Der einzige Mehrwert, der hierbei erzeugt wird, kommt irgendwelchen anonymen Firmen und evtl. deren Aktionären zugute. Das Ganze auf Kosten der Belegschaft oder der Kunden. Ein besseres Produkt wie z.B. schnellere und komfortablere Züge wird damit jedoch nicht einmal angestrebt. Oder sind andersfarbige Waggons allein schon ein Fortschritt?
Erwähnen zum Beispiel Bahn möchte ich wenigstens noch die allererste Staatsbahn Deutschlands anno 1838, die Herzoglich Braunschweigische Staatseisenbahn. Für wen so etwas interessant ist, bitteschön:
https://de.wikipedia.org/wiki/Herzoglich_Braunschweigische_Staatseisenbahn
Die zunehmende Aufweichung der erwähnten staatlichen Monopole gefährdet vielleicht nicht den Zusammenhalt und das allgemeine Funktionieren unserer Gesellschaft, birgt aber Risiken für alle.
Wenn ein privatisiertes Staatsunternehmen wie die Bahn oder Post die für einen Betrieb notwendigen Gewinne dadurch maximieren, indem sie die „Wartung“ ihres Betriebes vernachlässigen, wirkt sich das langfristig negativ auf die Infrastruktur aus.
Irgendwann lohnt sich der Betrieb nicht mehr, weil die Flickschusterei bei Reparaturen zu teuer wird. Dann soll der Staat den maroden Laden zurückkaufen und wieder selbst betreiben, natürlich mit voller Wiederherstellung einer optimalen Infrastruktur. Und wenn diese immensen Kosten für die Allgemeinheit dann ausgegeben worden sind, dann kann man ja wieder privatisieren…
Vollkommener Blödsinn ist eine Privatisierung jedenfalls dann, wenn ein staatliches Monopol einfach nur zu einem privaten Monopol umfunktioniert wird. Das Paradebeispiel hierfür sind die privatisierten Regionalbahnen im Eisenbahnverkehr.
Private Firmen wie Erixx oder Metronom haben im Ausschreibungsverfahren Linien der Deutschen Bahn zugesprochen bekommen. Als Alleinbetreiber der jeweiligen Strecken, zum Beispiel Uelzen – Braunschweig oder auch Braunschweig – Goslar, bewirtschaften sie als Nachfolger der deutschen Bahn dieselbe Kundschaft zu von der deutschen Bahn festgelegten Preisen.
Da müssen sie sogar Sparangebote der Bahn übernehmen, ja selbst auf Abfahrzeiten oder Umsteigemöglichkeiten haben Erixx oder Metronom keinen Einfluss. Für den Kunden ändert sich hierbei rein gar nichts. Nur die Zugfarbe ist anders. Doch das zusätzlich erforderliche Abrechnungswesen zwischen Bahn und bspw. Erixx bei einer Fahrt mit Umstieg in eine andere „Firma“ ist sicherlich auch nicht umsonst, wenn auch unnötig.
Wie bereits erwähnt: Nicht zwei Linien auf derselben Strecke treten gegeneinander an, was ja eine gewünschte Konkurrenz zur Belebung des Geschäfts für den kleinen Kapitalisten in mir wäre, sondern ein Monopolist ersetzt den anderen. Raider heißt jetzt Twix; Gespart wird höchstens am Personal oder an der Technik.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen