Donnerstag, 6. November 2014

Uncle Fester: Flashback

Dan Simmons ist ein angesehener Science Fiction Autor. Seine preisgekrönten "Hyperion Gesänge" habe ich fasziniert gelesen und hier auch schon besprochen.
Zur Story. 2036 haben die USA endgültig abgerockt. Einige Bundesstaaten sind schon abgefallen bzw. von den Reconquistas, die aus den mexikanischen und sonstigen Hispano Drogenkartellen hervorgegangen sind, erobert worden.
Im Norden klopft das Weltkalifat aus Richtung Kanada an. Nachdem die Amis unter der Obama Administration in Vorderasien zu zaghaft agiert hatten, überrannte das neugegründete Weltkalifat erst Europa (außer Rußland, wo sich der steinalte Putin immer noch an der Macht hält, weltpolitisch aber bedeutungslos ist) und anschließend Kanada.
Die ansässige Bevölkerung wurde massakriert, soweit sie nicht konvertieren wollte. Speziell an dieser Stelle haben mich die aktuellen Bezüge zum "Islamischen Staat" an den Roman gefesselt.
Während die reale IS im Moment, wo ich dies tippe, die kurdische Stadt Kobane plattmacht, hat das imaginäre Weltkalifat des Dan Simmons Israel erstmal mit Atombomben ausgelöscht.
 
In den noch bestehenden "Rest USA" haben die wiedererstarkten Japaner das Zepter übernommen, im Hintergrund versteht sich. Die dem Roman titelgebende Droge "Flashback", an der quasi die gesamte Bevölkerung hängt, lähmt die amerikanische Lebenskultur. Kurz gesagt, die Amis taugen nur noch als Söldner in Diensten der Japaner, um für diese im ebenfalls wirtschaftlich darniederliegenden China die Interessen durchzusetzen.
Ein spannendes Szenario möchte man meinen. Gut erzählt sowieso, hat der Roman das Zeug zum absoluten Klassiker. Dachte ich zumindest bis Seite 158. Jetzt war ich allerdings voll von den Socken.
Simmons erklärt den Niedergang mit der hohen Schuldenlast der USA, die erheblich stärker wächst als die Wirtschaftsleistung, so dass dem Staat das Geld für die Infrastruktur und den Erhalt der Kampfstärke der Armee (aha!) fehlt, was wiederum die Wirtschaft immer weiter schwächt.
Da wäre ich ja noch halbwegs bei Simmons, aber als er den Hauptgrund des Niedergangs bei der "übermäßigen" Sozialpolitik der Obama Administration verortet hatte, da war ich dann doch entsetzt.
Die niedrigen Steuern, die ewig "notwendige" Gewinnerwartung der Konzerne, "Rationalisierungsdruck"... Neeein, daran liegt es natürlich nicht, dass die Amis mehr und mehr am Abkacken sind. Und "übermäßige" Sozialausgaben der USamerikanischen Administration... Das ich nicht lache!
Viele tumbe Amis haben in den letzten Jahren sogar demonstriert, als Obama Ihnen endlich per Gesetz eine Krankenversicherung garantieren wollte. Dank der "Tea Party" Bewegung haben sie sich einseifen lassen und glaubten tatsächlich, das die Wirtschaft dann zusammenbrechen würde.
Dan Simmons wohnt mit seiner Familie in Colorado und weist mit diesem Roman - leider - eine üble Cowboymentalität nach, die diesen handwerklich sehr guten Roman entwertet. Schade.
Dabei sind die Protagonisten des Romans schön gezeichnet. Nick Bottom ist ein flashbacksüchtiger Ex-Cop aus Denver, der nach dem Unfalltod seiner Frau aus der Spur geriet und mittlerweile nur noch für die nächste Dosis lebt, um immer wieder die schönsten Momente mit seiner Frau im Traum zu wiederholen.
Denn das ist der Effekt dieser Droge: Die Süchtigen flüchten sich mehr und mehr in ihre Traumwelten, in denen sie immer wieder die Highlights ihres Lebens erneut empfinden können. Gerüchteweise soll es sogar eine Version "F2" geben, dank der man auf die Träume aktiv einwirken und diese ändern kann. Damit könnten die Junkies sogar ihr ganzes Leben ausfüllen.
Seinen Sohn Val hatte Nick zu seinem Vater Leonard nach LA abgeschoben. Val ist Mitglied einer Gang, welche ein Attentat auf den japanischen "Westküstenchef" Omura verübt. Dieser dilettantisch geplante Anschlag scheitert natürlich und Val muß zusehen, das er aus LA abhaut.
Der ehemalige Literaturprofessor Leonard kann allein dank alter Kontakte eine Mitfahrgelegenheit in einer LKW Kolonne für beide organisieren, um nach Denver zu Nick Bottom zu gelangen.
Der dortige japanische "Berater" will nach Jahren endlich den Mord an seinen Sohn aufklären lassen; Von Nick Bottom selbstverständlich, der einst die vergeblichen Ermittlungen durchgeführt hatte. Seinen 1. Bodyguard Sato stellt er Bottom als Unterstützung zur Seite.
Und während Nick der Lösung des alten Falles dank mysteriöser Andeutungen über die Verbindung seiner verstorbenen Frau zum Mordopfer immer näher kommt, versteigt sich Val in die Vorstellung, das Nick sie ermordet hätte.
Eins ist aber offensichtlich: Seine Frau ist keines natürlichen Todes gestorben. Am Schluß steckten selbstverständlich die Japsen dahinter und die Familie Bottom, die sich dann doch noch getroffen hatte, kann gerade noch in die freie Republik Texas fliehen.
Dort plant man - mit Unterstützung fortschrittlicher Japaner - die Rückeroberung und Befreiung der USA. Merde! Diese Amis, da wundert es mich, dass die Neger hier nicht noch eine üble Rolle spielen.
Auch kurz vor Schluß (ca. ab Seite 594) bekräftigt der Autor nochmals sein rassistisches Weltbild mit den Muslimen als absolute Bösewichter. Ich hatte ja gehofft, das Simmons das gesamte faschistoide Gequatsche als Stilmittel einsetzt und zum Schluß durch eine Läuterung der Hauptfiguren den Roman zu einem Klassiker neuerer Literatur macht. Weit gefehlt, da kam nichts.
Uncle Fester hat hier Contramann an seiner Seite. Solche Autoren sollte man boykottieren.

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