Mittwoch, 19. November 2014

Contramann: TTIP 2/2

Derselbe eben genannte Effekt hebelt dann auch noch das bisher noch geltende Fracking Verbot aus, da sich Deutschland die Strafzahlungen nicht leisten könnte. Das würde uns zumindest der Dicke aus Goslar so erzählen und sich dann noch unter Tränen über die Sicherstellung einer Jugendförderung dank Rechteverkaufs zu bedanken.
Umwelt- und Gesundheitsstandards könnten somit ausgehebelt werden. Ebenso nicht nur der Verkauf von Wasserrechten, sondern auch die Privatisierung großer öffentlicher Bereiche wie Schulen oder allgemeine öffentliche Verwaltung könnten eine weitere Folge sein.
Der eigentliche Skandal daran aber ist, das dies alles ohne Überprüfbarkeit durch ordentliche Gerichte machbar sein würde, worin eben auch die Gefahr für Demokratie und Rechtsstaatlichkeit besteht. Machen selbst Wahlen dann überhaupt noch Sinn, wenn der Wählerwille z.B. zum Komplettausstieg aus der Kernenergie, Fracking Verbot und ja – keine Chlorhühnchen! – komplett durch ein Geheimgericht ausgehebelt werden kann?
Nichts, aber auch gar nichts habe ich bisher von Politikern der Regierungsparteien gehört, was diese Risiken wert wäre. Im Gegenteil. Im Netz fand ich auf den Seiten der ZEIT, einer früher eigentlich mal seriösen Zeitung, einen Kommentar, der in seiner Dämlichkeit schwer zu toppen ist:
http://www.zeit.de/politik/ausland/2014-11/fuenf-vor-acht-g20-putin-ttip-eu-amerika
Demnach setzen sich auf dem G20 Gipfel in Brisbane die USA und die führenden (west)europäischen Staaten für eine schnelle Einführung von TTIP ein, „weil damit auch die große Chance verbunden ist, die gemeinsame Überzeugung von offenen und freien Gesellschaften zu festigen und zu verbreiten.“ Hiervor hätte Putin wiederum Angst, weil der hochmoralische Westen mit den ach so edlen Werten für seine „selbstherrliche Art zu regieren und zu wirtschaften“ eine Gefährdung darstellen würde.
Jetzt weiß Contramann zugegebenermaßen nicht, welche Drogen der Kommentator der Zeit namens Martin Klingst zu sich nimmt, das es ihm sein Gehirn so vernebelt, dass er quasi weiße Mäuse sieht. Aber das Fehlen allein der Möglichkeit, geheime Schiedsverfahren der TTIP offen und nachvollziehbar wenigstens verfolgen zu können, ist gerade ein eklatanter Verstoß gegen die Werte der westlichen Demokratien.
Ja, gerade das diktatorische Regieren oder hier Wirtschaften, dass klassischerweise immer Rußland bzw. der Sowjetunion nicht zu Unrecht vorgeworfen wurde, würde gerade dank TTIP eben im Westen installiert.Das sind dann eben nicht mehr die Werte, die den „Westen“ so attraktiv und wertstabil gemacht haben.
Mann, Mann, Mann. Wieviel hat Klingst bloß für dies Geschreibsel bekommen? Oder sollte er wirklich so verbohrt sein? Schön dazu paßt aber auch das von mir vorhin entdeckte Interview der „SPD Politikerin“ Michelle Müntefering. Die Frau des Ex-Parteivorsitzenden hat ja noch nicht einmal nen Posten in der Partei:
http://www.spiegel.de/politik/deutschland/michelle-muentefering-spd-im-interview-ueber-ttip-a-1003529.html
„Zunächst war ja sogar unklar, ob die nationalen Parlamente überhaupt mitbestimmen dürfen.“ Aha, und jetzt dürfen sie es? Quatsch, die Verhandlungen laufen doch schon längst ohne Beteiligung der staatlichen Regierungen, was wollen denn da die Parlamente auf einmal noch reißen, wenn nicht einmal …
Es ist zwecklos. Wenn Frau Müntefering grandioserweise am Schluß des Interviews noch folgendes feststellt: „Wir brauchen starke Partner in der Welt“, dann erreicht sie damit ein Maß an Naivität, das seinesgleichen sucht.
Natürlich brauchen wir „starke Partner“ bei der wirtschaftlichen Zusammenarbeit, aber das kann doch niemals bedeuten, das multinationale Konzerne einzelnen Staaten und damit den Menschen vollkommen unkontrolliert vorschreiben dürfen, dass letztendlich jeglicher Schutz der Umwelt oder der des sozialen Miteinanders zugunsten reiner wirtschaftlicher Interessen von Großkonzernen ausgehebelt werden kann.
Sicher hat Contramann die gesamte Thematik hier etwas plakativ und polemisch dargestellt, aber die von mir angesprochenen und zitierten Kommentare strotzen nun auch nicht gerade vor objektiven und vor allem versierten Fakten. Hierzu möchte ich schließlich nochmals zum anfänglich erwähnten Kommentar von Frau Merkel zurückkommen.
„Wir sollten alles daran setzen, als Europäer nicht abgehängt zu werden“
Und: „Die Welt wartet nicht auf uns.“
Werte Frau Merkel, was soll das? Das sind doch Platitüden. Und dann das ewige Gerede – zwar nicht in dem Artikel über den G20 Gipfel, aber ansonsten in den Medien – über das angebliche Weltwirtschasftswachstum von gigantischen 0,05 %. Und dafür das ganze Getöse? Frau Merkel, guckst Du hier:
http://ase.tufts.edu/gdae/Pubs/wp/14-03CapaldoTTIP_ES.pdf
Diese Zusammenfassung der Untersuchung an der Tufts University in Massachusetts kommt zu dem Schluß, dass TTIP zu einem Verlust von ca. 134.000 Arbeitsplätzen in Deutschland führen würde. Hinzu käme ein errechneter Einkommensverlust von 3400,-€ jährlich pro Arbeitnehmer. Natürlich kann man dies ignorieren, wenn man bei Zahlen im Allgemeinen mißtrauisch ist. Hierbei geht es ja auch nicht um die Höhe dieser Verluste, die uns allen drohen.
Zum Abschluß möchte Contramann noch einmal daran erinnern, was hier auf dem Spiel steht, auch wenn ich mich wiederhole. Allein der Umstand, dass die ganzen Verhandlungen zu TTIP unter Ausschluß der Öffentlichkeit laufen und selbst das deutsche Parlament nicht eingeweiht wird, sollte uns allen zu denken geben.
In der Schule habe ich mal gelernt, dass in unserer Demokratie Gesetze ausschließlich im Parlament beschlossen werden und diese über die Gerichte nachprüfbar sind. Dieser Wert der „westlichen Welt“, worauf sich der Kommentator der Zeit ja so gerne beruft, wird durch TTIP gnadenlos pervertiert, wenn ein „Geheimgericht“ Staaten zu Strafzahlungen verdonnern kann, ohne dass sich diese auf dem nach den jeweiligen Verfassungen vorgesehenen Wegen dagegen wehren können.
Das riecht eher nach Diktaturen a la der ehemaligen Sowjetunion und ist unseren demokratischen Werten abträglich. Jetzt könnte man einwenden, dass dies ja nicht das problem sein sollte, weil die Grundrechte ja von unserer Verfassung geschützt sind und deshalb solche Strafzahlungen gar nicht erfolgen dürfen.
Da sagt Contramann nur Argentinien. Ehe Deutschland durch eine Verfassungsklage z.B. der Linken eine Strafzahlung z.B. an Monsanto vermeiden kann, wird die Regierung – und Ihr wißt, über welche Parteien wir da in den letzten 65 Jahren reden – durch den Beschluß eines neuen Gesetzes im Bundestag die Zahlung zum Investorenschutz vermeiden. Somit haben wir keine Grundrechtsverletzung und damit keine Klage.
Stattdessen dürfen wir unser Wasser dann bei Nestle kaufen und dieses dann über das Chlorhühnchen gießen.
Schöne neue Welt, 1984 läßt grüßen.
Fragt Uncle Fester, welche Romane er zu der Machtübernahme der Staatsgewalt durch multinationale Konglomerate empfehlen kann. TTIP ist ein möglicher Schlüssel hierzu.

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