Sonntag, 14. September 2014

Hartmudo: Kay Ray

Der Entertainer Kay Ray ist ein sehr interessanter Typ. Der gelernte Friseur aus Osnabrück hat eine eigene Show in Schmidt`s Tivoli auf St. Pauli namens Late Night. Der bisexuelle Tausendsassa war jahrelang mit einem Mann liiert, ist mit seiner Frau seit 2010 zusammen und hat (mit ihr) eine Tochter.
Kay Ray`s Bühnenprogramm besteht aus langen Textelementen und Songs aus dem Rock/Pop Bereich, die er mit seiner hervorragenden Band auch schon mal mit abgeänderten Texten versieht.
Der Tip zu diesem außergewöhnlichen Künstler kam letztens von Bruce. Als ich mitbekam, dass Kay Ray anläßlich „Kultur im Zelt“ Braunschweig am 4.9. die Ehre gibt, griff ich schnell zu und sicherte meiner Löwin und mir 2 Karten.
Eins gleich vorweg: Kay Ray zog sich nur bis auf die Unterhose aus. Ganz nackig und dann mit seinem Penis Figuren formen - das gab es heuer nicht zu bestaunen .
Gleich nach der Arbeit (langer Donnerstag) radelte ich in den Bürgerpark und enterte die „Scene“. Ich gedachte mir ein Bierchen reinzupfeifen, bevor meine Löwin erscheint. Doch gerade in dem Moment, in dem ich das Innenzelt betreten wollte, wurde ich von einer Hostess aufgehalten.
Sie wies mich darauf hin, dass ich erst Getränkegutscheine kaufen müßte. Das kenne ich ja schon aus Malle oder Grani und halte es bei diesem Publikum des gehobenen Bildungsbürgertums für overdressed. Aber nun gut, erst mal anstellen.
An der ersten Gutscheinkasse tauchte gleich ein Hindernis auf: Der Strom für die Kassen war ausgefallen, so dass die jungen Servicekräfte ziemlich ratlos in die Gegend blickten. Also wieder raus und gaaanz hinten anstellen, bis ich endlich dran war.
Halb verdurstet fragte ich: „Was habt Ihr denn für Gutscheine? 5, 10 oder 20?“
Entgeistert glotzte mich die junge Servicekraft an. „Sie suchen sich vorher die Getränke aus, die sie haben möchten“ , entgegnete sie vorwurfsvoll. „ Diese bezahlen sie hier genau und bei der Bestellung wird das jeweilige Getränk von der Bedienung an der Theke ausgestrichen.“
Ich war irritiert und bestellte 4 gezapfte Biere und zwei Cola Light für meine Löwin. Für die Wartezeit gönnte ich mir erst mal ein kühles, frisches Bier. Leicht verärgert gesellte ich mich nach draußen zu den Mücken und wartete auf meine Löwin.
Wollen die hier nichts verkaufen? 2 Tage vorher bei Selig lief alles noch normal. „5 Bier, 15 Euro. Bitteschön, hier sind die Biere. Dankeschön fürs Geld.“ Die haben ja wohl die Pfanne heiß. Wenn es nicht für meine Löwin gewesen wäre, dann hätte ich das Gelände sofort verlassen.
Meine Löwin bekam dann noch ihre Cola, ich mein zweites Bier und wir Beide etwas zu Essen. Merkwürdigerweise musste man fürs Essen keine Marken vorher kaufen. Ein Kumpel von Bruce mutmaßte, dass der Betreiber nur 3 Euro-Kräfte an den Theken beschäftigen würde und Angst hätte, dass diese bescheißen könnten. Glaub ich jetzt nicht so, weil bei Selig waren die Thekenkräfte die selben. Unprofessionell ja, aber sie hatten selbst kassiert.
Super geniale Idee, das Ganze. Auf einer – möglicherweise – nassen Theke einzelne Getränke mit nem Kuli ausstreichen! Wahrscheinlich gehen die Betreiber von „Kultur im Zelt“ davon aus, das die Gäste, die ja fast ausschließlich dem gehobenen Bildungsbürgertum entstammen, nur mit großen Scheinen bezahlen können.
Ein letzter Kommentar noch zum Service: Als ich den Kassenbon mit dem letzten Bier drauf hinlegte, wohlgemerkt einem gezapften Bier; so stand es eindeutig drauf, stellte mir die Thekentusse eine Pulle hin. Aufgrund des Alters der Bedienungen könnte die These von Bruce`s Kumpel von den „Billigkräften“ hinhauen.
Wenden wir uns nun dem Künstler zu. Ich würde ihn einfach mal als Mischung aus Stefan Chone und Fips Asmussen beschreiben. Ja, denn man kann sagen über Chone, was man will: Er ist ein akzeptabler Musiker. Gut als Sänger … da ist Kay Ray wirklich Spitzenklasse.
2 Cover von Patti Smith – Hammer. Billy Joel, Zarah Leander oder der Song aus der Vodafone Werbung; Kay Ray gibt alles und hat eine ausdrucksstarke wie auch wandelfähige Stimme. Dass er nach ner halben Flasche Wodka und immerhin schon über 3einhalb Stunden Programm nur noch sang, sei ihm verziehen.
Die umfangreichen Textbeiträge, sprich Witze oder auch Comedy, sind noch unter Fips Asmussen Niveau. Einige Witzchen kannte ich schon, aber gelacht habe ich trotzdem. Zwar macht er sich über alle möglichen Randgruppen lustig, wie z.B. Neger, Behinderte, Frauen oder auch Bayern und Ossis. Doch immer, trotz derbster Witze, irgendwie nicht diskriminierend.
Hier fiel mir dann doch etwas unangenehm auf; nicht am Künstler, sondern am Publikum. Denn traditionellerweise rekrutierte sich das Publikum an diesem Abend aus dem Kreis des berufsmäßigen Bildungsbürgertums, wahrscheinlich alle vom östlichen Ringgebiet kommend.
Der Humor des Kay Ray wäre normalerweise für dieses Publikum nicht akzeptabel, aber hier, unter dem Gruppenzwang von 800 Leuten und dem Bewußtsein, dass Kay Ray aufgrund seiner Shows in Schmidt`s Tivoli einen kulturellen Höhepunkt darstellt, können sie darüber lachen.
Nur hier, in dieser edlen Umgebung, können sie zu diesen „schweinischen“ Witzen lachen. Das sogar noch, als er wiederholt lauthals rülpst oder sich das Handy der Geschäftsführerin des Bolero durch seine Unterhose zieht.
Jawohl, am Ende des ersten Sets sitzt er – nackig bis auf die Unterhose – auf einem Stuhl und prollt weiter rum. Entlarvend, das dieses Publikum dies mitmacht. Dieser Aspekt hat mir dann doch am Meisten gefallen. Ein schöner Abend ging für meine Löwin und mich noch vor der Zugabe zu ende, weil es dann doch ausreichte und wir zugegebenermaßen müde waren.
Kommen wir nun zu den traurigen Neuigkeiten. Nein, nicht die Tode von Blacky Fuchsberger und Richard Kiel, dem Beißer, am 11.9.. Eintracht hat gestern in Leipzig das dritte Spiel hintereinander verloren. Und das völlig zu Recht.
Nach 5 Spieltagen ist es zwar noch zu früh, um beurteilen zu können, wo die Reise hingeht, aber einige Dinge kristallisieren sich leider jetzt schon heraus. Die Abwehr, in der Aufstiegssaison wie auch vorher noch das Prunkstück des Teams, macht in jedem Spiel entscheidende Fehler. Und das, obwohl der neue Torwart Rafal Gikiewicz, augenscheinlich besser ist als Davari, weil fehlerfrei und „mitspielender“ Torwart. Erstaunlich.
Vorne passiert zu wenig. Und das, obwohl sie meiner Meinung nach gut eingekauft hatten und im offensiven Bereich besser besetzt sind als in der Erstligasaison. Aber sie bringen es einfach nicht auf den Rasen. Auffällig ist darüber hinaus, das das Team insbesondere dann vollkommene Harmlosigkeit ausstrahlt, wenn es um alles geht – sprich, wenn sie hinten liegen und die Brechstange ran muß.
Das hatte mich im letzten Spiel der Vorsaison in Hoffenheim schon gewundert. Als sie zurücklagen, passierte gar nichts mehr. So als ob sie sich für kommende Spiele schonen wollten. In Hoffenheim wurden sie trotzdem noch gefeiert, bei der Heimniederlage gegen Bochum vor 2 Wochen gab es schon die ersten Pfiffe.
Alexander Wallasch hatte ja den Gesichtsausdruck von Gisdol, den Hoffenheimer Trainer, als Anerkennung für die Unterstützung durch das Braunschweiger Publikum trotz der Niederlage interpretiert. Ich bin nun aber um so mehr davon überzeugt, das sein Lächeln Folgendes bedeutete: „Ihr dummen Schweine, wenn ihr wüßtet!“
Nun gut, Frust beiseiteschieben. Weiter geht’s. Am Freitag gegen Darmstadt müssen sie es krachen lassen. Ansonsten ist Lieberknecht irgendwann nicht mehr zu halten. Das gesamte „Braunschweiger System“ wäre dann in Frage gestellt.
Wenn ich nur daran denke, wie Paderborn zur Zeit auftrumpft, könnt ich heulen. Mit so viel Power im gegnerischen Strafraum in der letzten Saison, ruhig auch am Saisonbeginn, wäre Eintracht nicht zwangsläufig abgestiegen. Ist zwar „hätte, hätte, Fahrradkette“, aber zur Zeit wirkt das ganze Auftreten des Teams eher lustlos.
Wie gesagt, gegen Darmstadt gilt es. Ein Sieg und der Frust ist vergessen.

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