Montag, 8. September 2014

H Lecter: Weg nach Salzgitter 4/5

Kommen wir nun zurück zu meinem wohlverdienten ersten Urlaub nach 6-7 Jahren. Mit Uli, Ron und dem Altenpfleger (Name habe ich tatsächlich vergessen) sollte es per Busreise für ne Woche zur Insel Rab gehen. Ins damalige Jugoslawien also.
Uli war seinerzeit mit Klara zusammen; Ich war gerade frisch mit Cindy liiert. Ich fuhr noch schnell eine Nachtschicht durch und war gegen halb sieben bei Klara zum Frühstück. Uli, Ron und ich hatten uns extra für die Tour nach Jugoslawien schön etwas vom Schwarzen besorgt. 23 Gramm, 10er pro Gramm.
Und beim Frühstück wurde dann auch schnell eine erste Testrakete gezündet. Holla die Waldfee! Schon beim Zerkrümeln waren die einzelnen Plastikschnitze und Kügelchen ertastbar. Aber da es ordentlich rummste, war es uns dann doch egal. Bierchen dazu - gegen die taub gerauchte Zunge - und ab in den Bus nach Jugoslawien.
28 Stunden nonstop im Bus – würde ich heute nicht für 5 Pfennig mehr machen. Geschickterweise hatten wir in diesem Doppeldecker unten unsere Plätze. Raucher, da wollte keiner hin. Dafür handelte es sich aber um Sitzplätze mit Tischchen, was es uns ermöglichte, Doppelkopf zu spielen, um die Zeit besser rumzukriegen.
Sicherlich konnten wir dort keine Raketen starten lassen, aber wir hatten ja eine Flasche Tequila als Reiseproviant mit dabei. Für die 3 Raucher (Uli, Ron und mich) wohlgemerkt. Der Altenpfleger rauchte nicht und trank gern Proszek. Etwas weniger Prozente als Julischka, dafür aber süßer. Brrrrrrrr.
Während sich im oberen Deck des Busses alles auf die engen Reisebussitze zwängen mußte, hatten wir reichlich Platz und konnten auch die Busfahrerin überreden, die eine oder andere Musikcassette von uns reinzulegen. Ab und an kamen die Raucher von oben zu uns, um mal in Ruhe ne Zigarette durchziehen zu können. Ich wette, die waren total neidisch auf uns.
Wie ihr Euch aber sicherlich denken könnt, war dieses Idyll zwar schön, hielt aber nicht die ganze Fahrt an. Ich hatte die Nacht ja nicht schlafen können und das eine oder andere Bierchen dazu … Hatte ich schon den Tequila erwähnt? Der war jedenfalls schnell alle, dafür war ich dann richtig voll. Ich legte mich daraufhin auf einen der anderen Plätze mit Tischchen – waren ja alle frei sonst – ab und schnorchelte ein paar Runden.
Den hernach eingefangenen Schnupfen wurde ich übrigens im ganzen Urlaub nicht mehr los. Scheiß Klimaanlage. Aber das war noch nicht einmal das Schlimmste. Wie mir Uli nach meinem Wachwerden berichten mußte, hatte ich im besoffenen Koppe einem Rentner zuvor, also vor dem Einschlafen, Schläge angedroht. Der klassische Blackout also.
Es war augenscheinlich passiert, dass der Rentner freudestrahlend damit prahlte, dass er ja zuletzt 1941 in Jugoslawien war und sich wohl auf ein Wiedersehen freute. Dies hatte ich automatisch als faschistische Grundgesinnung aufgefaßt und bin dementsprechend aggressiv aufgetreten. Gottlob konnte mich Uli noch abhalten; Hinterher schlief ich dann wohl ein.
Zu jener Zeit waren wir selbstverständlich sehr gegen Neonazis und Faschos aufgebracht; In Braunschweig war dies in den späten 80ern ein Dauerthema, bei dem wir uns einfach positionieren mußten. Das gehörte zum guten Ton und zeitigte nicht zuletzt im Stadion Wirkung. Ich weiß ja nicht, ob die heutigen Radler- und Faßbrausetrinker gegen die Faschos bestehen könnten, wenn wir damals nicht so gut vorgearbeitet hätten.
Wie gesagt. Ich war total breit und jeglicher Hauch von Wehrmachtsromantik löste natürlich Beißreflexe aus. In jenem Fall seinerzeit allerdings unnötig. Ich habe später mit dem von mir angegangenen Rentner irgendwo auf Rab in einer Kneipe einige Slibowitz getrunken und mich für mein Verhalten entschuldigt. Ohne sagen zu können, was ich da eigentlich gemacht hatte. Er war ja kein Fascho und eigentlich ganz nett, wie ich dann an der Theke feststellen konnte.
Der Schlaf tat mir gut, was das Ausnüchtern betrifft. Mit dem durch die Klimaanlage hervorgerufenen Schnupfen konnte ich aber auch schon wieder Bier trinken, ja sogar Raketen steigen lassen. Nach weit über 20 Stunden konnten wir dann zum ersten Mal den Bus verlassen, denn wir hatten die Fähre nach Rab erreicht. In unserer Ferienanlage waren wir dann nach 28 Stunden. Da hätt ich heuer keinen Bock mehr drauf, auf so nen Ritt.
Die Bungalows waren richtig klasse. Schlafzimmer mit Doppelbett, Wohnzimmer und davor ne schöne Terrasse. Immer zu zweit ein Bungalow – super. Ich teilte mir einen mit dem Altenpfleger, während Uli mit Ron nächtigte.
Es waren dann doch schöne Tage trotz des ständigen Schnupfens. In diesem Jahrtausend stehe ich normalerweise gegen 5.00 Uhr morgens auf. Richtig, das war ungefähr unsere Zeit zum Schlafengehen. Die Morgensonne wärmte auch schon sehr gut, so dass ich dann auch zeitig auf der Terrasse mit nem Kaffee saß. Und damit mich das Zittern trotz Kaffees nicht störte, blieb es nicht nur bei Zigaretten. Gemütlich hing ich also mit nem Buch ab und ließ schon mal die erste Rakete steigen.
Die anderen brauchten immer tierisch lange, bevor sie aufstanden. Aber irgendwie hatten wir dann alle irgendwie gefrühstückt (Weißbrot, Salami, Butter …) und die ersten Pivos wurden geöffnet. Der Altenpfleger blieb bei seinem Proszek und ließ sich auch von den Raketen nicht beirren. Die 23 Gramm waren am Ende des Urlaubs übrigens alle – war ja auch nicht allzu schwer.
Wir schlichen dann auf der Ferienanlage ein bißchen rum, spielten Tischtennis und hielten den einen oder anderen Zeh ins Wasser. Kieselküste, ohne Badeschuhe ging da nichts. Hinterher, so am frühen Abend, fuhren wir dann mit einer Taxe immer in den Ort, um in einer Kneipe was Gezapftes trinken zu können. Die Nummer hatten wir uns vom Fahrer gleich am ersten Tag geben lassen. Immer für 10 DM pro Tour, Dinar wollte er gar nicht haben.
In unseren Hütten ließen wir dann hinterher den Tag ausklingen, Karten waren da natürlich Pflicht. Auf der Rückfahrt hatte ich wohl wieder einen Adrenalinschub. Uli und ich hätten uns beinah im Bus noch geprügelt. Das war fast gleich beim Losfahren. Ich schiebe das entweder auf die vielen Raketen oder den Wein, den wir beide im Bus direkt aus der Flasche nahmen. Dieses Plastik aber auch beim Zerbröseln ….
Eine schöne Fahrt dennoch, obwohl ich heuer solche langen Bustouren nicht mehr fahren möchte.

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