Rocko Schamoni: Tag der
geschlossenen Tür
„Dorfjugend“
habe ich vor Jahren gelesen. Der Film war auch gut. Und das dieser
Roman ein „literarisches Gegenstück zur Leistungsgesellschaft“
(laut Berliner Zeitung auf der Rückseite des Buches) sein soll, hat
mich zugegebenermaßen neugierig gemacht.
Und dann geht das
Ding mit so nem geschwurbelten Abiturienten Kopfkino los. Gähn.
In kurzen, 2-3
Seiten langen Streiflichtern werden einzelne Szenen des Ich-Erzählers
geschildert. Dieser lebt wohl hauptsächlich von einem kleinen Erbe
seiner Großmutter. Das einzig Produktive, was dieser Schmock
zustande bringt, ist das Schreiben einer Kolumne für ein Hamburger
Stadtmagazin.
Die im Buch kursiv
gestellten Kolumnen weisen den Erzähler als krankhaft
menschenverachtenden Charakter aus. Er ergötzt sich in blutigen
Phantasien von Progromen und Massentötungen. Das ein Stadtmagazin so
etwas abdruckt und nicht die Polizei einschaltet, ist schwer
vorstellbar.
Der Erzähler
rühmt sich ansonsten, das Kranksein toll sei. Denn dann braucht man
nicht zu arbeiten und kann so vor sich hin dümpeln.
Die locker
verbundenen Streiflichter ergeben zum Ende hin zwar eine Story. Doch
nachdem die sich anbahnende Liebesgeschichte nach einem kurzen Fick
im Sande verläuft, ist das Buch zuende und ich fragte mich: Was will
uns Rocko Schamoni mit diesem grausamen Machwerk sagen?
Der Autor stellt
zu keinem Zeitpunkt eine kritische Distanz zu dem selbstverliebten
Ich-Erzähler her. Diese Art von Schmarotzertyp, so der Eindruck nach
über 250 Seiten, ist ein toller Typ.
Nein, ist er
nicht, Schamoni! Und Du auch nicht!
Patrick Lee: Tangent Zyklus
So taufe ich jetzt
jedenfalls die 3 zusammenhängenden Romane von Patrick Lee. „Die
Pforte“, „Dystopia“ und „das Labyrinth der Zeit“ sind 3
starke Romane, die bei Rororo erschienen sind.
Wir haben hier
also keine reine Science Fiction vor uns, sondern eher ein Crossover.
Thriller steht vorne drauf und so isses auch.
Tom Clancy und
Robert Ludlum lassen grüßen.
1978. Bei einem
Experiment mit einem Teilchenbeschleuniger in einem unterirdischen
Labor in Wyoming kommt es zur Katastrophe. Mehrere Wissenschaftler
verfallen in einen Wahn und töten sich gegenseitig. Eine Pforte zu
einem mysteriösen Ort entsteht. Keiner weiß, wo diese Pforte
hinführt, da ein direkter Kontakt tödlich ist.
Aus dieser Pforte
erscheinen seitdem offenbar außerirdische Gegenstände, mehrere pro
Woche. Die Funktionen sind unbekannt und müssen seither in
mühevollen Experimenten erforscht werden.
Einer dieser
häufig gefährlichen „Waffen“ ist der Flüsterer. Ein kleiner
Würfel, der bei Berührung einen Menschen derart beeinflußt, das er
Blofeldmäßig das Ende der Menschheit einläuten möchte. Dies ist
doch mal ein schöner Ansatz für eine Science Fiction Story.
Die über 3 Romane
zusammenhängende Story setzt auf 2 Hauptpersonen. Liebesgeschichte
inbegriffen. Da wäre einmal Travis Chase. Der Ex-Polizist streift
nach mehrjährigem Knastaufenthalt durch die einsame Landschaft
Alaskas. Der korrupte Exbulle sucht eine Verarbeitung seiner mafiösen
Vergangenheit und findet die abgestürzte Boing der Vizepräsidentin.
Diese wurde, wie alle anderen Passagiere auch, mit Kopfschüssen
getötet.
Bei der Suche nach
dem Flüsterer, den er laut einer Notiz der Vizepräsidentin
unbedingt aufhalten muß, um die Menschheit zu retten, findet er
Paige Campbell.
Diese wird gerade
gefoltert, damit ihr Vater ihren Peinigern verrät, wie der Flüsterer
aktiviert wird. Der Vater stirbt, aber Travis kann Paige befreien und
die Jagd auf den Übeltäter, der den Flüsterer kontrolliert bzw.
von ihm kontrolliert wird, kann beginnen.
In Border Town,
wie das ehemalige Laboratorium in Wyoming auch genannt wird, befindet
sich die Zentrale von Tangent. Diese Organisation ist übernational
und untersteht nicht der Kontrolle der US-Regierung. Es handelt sich
hier eher um ein eigenes Staatsgebiet. Ziel dieser Organisation ist
die Erforschung der Gegenstände, die aus der Pforte auftauchen und
selbstverständlich die Rettung der Menschheit.
Ein spannendes
Szenario also, wobei hier der Spionagekrimi nicht zu kurz kommt.
Ganze Menschenmassen müssen z.B. im Verlauf der Handlung
niedergeschossen werden, um die Menschheit zu retten. Es geht in die
Zukunft, es geht in die Vergangenheit. Zurück in die Zukunft Teile 1
– 3 meets Philip K. Dick möchte man meinen. Phasenweise schaft der
Autor eine nervenzerreißende Atmosphäre, die einem vom Weglegen des
Buches abhält.
Patrick Lee wurde
1976 in West Michigan geboren und arbeitete als Drehbuchautor für
Hollywood. Der Nintendo Fan war allerdings wenig erfolgreich und
verlegte sich auf das Schreiben von Romanen. Und das macht er richtig
gut.
Diese 3 Tangent
Romane sind ganz großes Kino und entschädigen für den Nerv, den
mir Schamoni bereitet hat. Pflichtlektüre für Thrillerfans, die
auch mal in die Science Fiction reinschmecken möchten.
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