Dienstag, 8. Januar 2013

H Lecter: Pink Pop

1987 – nicht 1986 - fuhren Kroll und ich zum Pink Pop Festival nach Holland. Pfingsten war ja immer schon Festivalzeit; Ich erzählte es letztesmal ja schon. Auf dem Gelände wollten wir uns mit Jopi und Jenny treffen, die – warum auch immer – schon vorher hinfuhren. Ob noch jemand, Urmel z. B., dorthinfuhren, vermag ich heute nicht mehr zu sagen.
Alle schwärmen ja von Roskilde, dem gigantischen 4-Tagefestival in Dänemark. Aber Pinkpop war in den 80ern DIE Adresse, wenn man „New Wave“ und Artverwandtes sehen wollte. Stars am Stück. Ain`t no Fillers, just Killers.
Lone Justice war Ersatz für Mission!
Und die Setlist war 1987 excellent. Fatal Flowers und In Tua Nua als Starter sagen mir heute zwar nichts mehr, aber bei Lone Justice geht mir das Herz auf. Maria McKee hatte eine hypnotisierende Stimme in den Jahren, Morrisette oder selbst Sheryl Crow können da nicht mithalten. Die Songs waren auch gut – alles wunderbar. Hüsker Dü waren seinerzeit ja sehr angesagt. Von diesen (damaligen) Amirock-Kapellen haben eigentlich nur REM richtig Karriere gemacht. Dabei hatten die (seinerzeit) die schlechtesten Songs. Chris Isaak mit seinem schmachtenden Gesang war natürlich genau das Richtige für Jenny. Noch ein Schmalzbrot, bitte!
Iggy Pop steht da natürlich drüber. Er steht sowieso über Allen. „Candy“ war um 1987 der aktuelle Titel. Und obwohl diese „Discophase“ von Iggy bestimmt nicht seine stärkste Zeit war, hat der Mann natürlich eine Bühnenpräsenz … unerreicht!
Communards danach – Igitt! Gar nicht meins. Echo and the Bunnymen als nächstes waren zwar bekannt, aber eben nicht Cure. Mit denen wurden sie immer verglichen. Die Hasenmänner waren aber nicht so eingängig und sind heute vergessen.
Zum Schluß dann noch das Leckerlie: Lou Reed. „Mistrial“ hieß Onkel Lou`s damalige Scheibe und die war denn ja auch sehr discolastig und auf den Mainstream schielend. Das Konzert war auch dementsprechend. Der blubbernde Discobass fiel richtig auf.
Aber so ein Festival ist ja nicht nur Musik hören. Bier und Raketen gehörten immer mit dazu. Spaß haben, Action, Schlafen im Zelt. Essen aus der Dose oder vom Stand, hauptsache Bierdosen. Jedenfalls hatten wir mit Jenny und Jopi einen Treffpunkt ausgemacht, an dem wir uns getroffen haben. Gab ja schließlich keine Handys seinerzeit. Das ganze noch natürlich am Abend VOR dem Festival; Pink Pop war halt nur ein Tag.
Nachdem alles, das heißt, das Zelt, aufgebaut war, konnten wir es langsam angehen lassen. Wie gut, das nebenan auf dem Parkplatz ein schwarzer Cadillac stand. Charlys Coffeeshop stand auf den Vordertüren. Und das war auch drin. In dem rollenden Coffeeshop kauften wir den Treibstoff für unsere Raketen. Wir kauften viel Treibstoff.
Die Oktanzahl war hoch, wie wir feststellen mußten. Sehr ergiebig, das Ganze. Einschlafschwierigkeiten hatte keiner von uns, soviel weiß ich noch. Am Morgen galt es daraufhin, irgendwie Kaffee zu kriegen. Tabak und Blättchen waren genug da. Daran hat es uns nie gemangelt. Ne Aspirin vielleicht noch gegen die Kopfschmerzen und der Tag kann beginnen.
Die ersten Acts nahmen wir nur am Rande wahr. Vorm Zelt beim Bier aus Dosen und der einen oder anderen Rakete rumsitzen machte mehr Spaß.
Lone Justice (geil, geil, geil) und Chris Isaak`s Jammern habe ich noch halbwegs in Erinnerung. Hüsker Dü spielte wohl noch nicht mal ne halbe Stunde. Arrogante Amis halt. Irgendwann zeigte der permanente Raketenbeschuß Wirkung; Ich weiß nicht mal mehr, ob ich Iggy überhaupt noch erlebt hatte. Communards auf keinen Fall, daher auch Echo und die Hasenmänner nicht.
Denn Kroll und ich mußten uns ins Zelt legen. Wir waren so richtig platt. Zum Aufstehen zündeten wir uns noch eine extra große Rakete. Treibstoff war ja genug da. Auf Onkel Lou hatten wir schon die ganze Zeit gefiebert. Endlich war es soweit.
Für Kroll war die Rakete leider zu mächtig. Er lag hinterm Mixer. Starren Blickes nicht Richtung Bühne, sondern davon abgewandt. Ich raffte mich gerade noch auf, um Lou anzuschauen. Die „Mistrial“ ist sicher eine unterschätzte Platte. Trotz des damals üblichen Funkysounds war der Gig gut. Kann aber nicht behaupten, das ich weggeflogen wäre.
Hinterher mußten wir noch über die Grenze nach Aachen, weil Jopi und Jenny schon aufgebrochen waren zu Edith, die schon damals dort wohnte. Vor Grenzübertritt begaben wir uns mit der Karre noch auf nen verlassenen Parkplatz, um eine weitere Rakete zu zünden. Den meisten Treibstoff mußten wir eh wegwerfen. In der Euphorie hatten wir tags zuvor logischerweise zuviel gekauft.
Zuviel wurde es uns dann auch, da wir in der Dunkelheit Paranoia kriegten und Geräusche hörten. Wahrscheinlich irgendein Hund oder ne Katze, aber wir hatten Schiß und machten die Autotüren von innen zu. Trotzdem schafften wir noch den Weg zu Edith, wo wir den Abend gemütlich ausklingen lassen konnten.
Ein wunderbares Festival also. Ein Tag reicht schließlich auch. Mittlerweile könnte ich ein Festival nicht mehr durchstehen. Erstmal das Campen an sich, aber auch die Vielzahl an Bands … Lieber eine Band und gut.

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