Samstag, 8. Dezember 2012

H Lecter: Bruchhausen

Es geschah an Pfingsten. Über 3 Tage ging dieses Festival traditionell in Bruchhausen-Vilsen. Ich weiß nicht mehr, ob es 1985 oder 1987 war, aber in jenem Jahr fuhren wir mit 2 Autos dorthin. Luigi war schon mit Lisa 1 zusammen. Lisa fuhr natürlich, während in dieser Karre der Kanonier und ich hinten saßen. Pils trinken auf der Fahrt zum Festival war natürlich Pflicht. Und nur Lisa 1 konnte auf das Pils während der Fahrt verzichten.
Zwischenstops an der Strecke waren daher immer nötig. So auch kurz vor der Ankunft. Alle – außer Lisa 1 – schlichen in den Wald und schafften wieder Platz für neue Biere. Es dauerte verständlicherweise immer etwas länger als normal, weil die Schlagzahl mal wieder hoch war. Trotzdem fragten wir uns, wo der Kanonier so lange blieb.
Hatte er Größeres vor? Oder war er etwa eingeschlafen? An die Möglichkeit eines Sturzes dachten wir nicht, hatte der Kanonier doch gedient. Schließlich hatte ich ihn dort kennengelernt. Eine ärgerliche Geschichte das, denn schließlich galt es bei Ankunft noch die Zelte aufzubauen. Und da wir schon gut getankt hatten, war uns klar, das trotz höchster Konzentration der Zeltaufbau mühsam und sehr zeitraubend verläuft. Also – wo bleibt der Kerl bloß.
Zum Glück tauchte er von allein wieder auf. Laut fluchend zwar, aber er war da. Die Erklärung für sein langes Fernbleiben konnte der Kanonier in einem Wort ausdrücken: Blasenlähmung.
„Wenn Du die ganze Zeit mußt und Du denkst, die Blase platzt … aber nicht kannst, das ist Blasenlähmung...“ Der Kanonier beschrieb es ziemlich ausführlich. Er hatte wohl auch schon zu der Zeit Medizin studiert, oder doch nicht? Egal. Sein Gang in den Wald war jedenfalls nicht von Erfolg gekrönt und so litt er Höllenqualen, bis es dann später irgendwann doch klappte.
Den anderen Wagen hatten wir dadurch vollkommen aus den Augen verloren. Am Steuer des VW 1600 Variant Automatik war natürlich der Besitzer himself, Pocke. Seine Freundin Lisa 2 war selbstverständlich an Bord und wohl auch für das Drehen der Raketen verantwortlich. Kroll und Jenny waren auch an Bord, beide ebenfalls ausgewiesene Raketenexperten. Auch dieses Team verlor Zeit auf der Hinfahrt, und zwar an der Tanke.
Nein, nicht weil das Bier alle war oder das Benzin oder oder oder. Der Grund war ein Anderer: Die Karre sprang nicht mehr an. Ich weiß nicht, ob Pocke dort getankt hatte, nehme es aber an. Und dann beim erneuten Anlassen will die Mistkarre nicht. Klingt verdächtig nach Batterie, aber das wars nicht. Trotz intensivster Fehlersuche dauerte es sehr lange, bis die Mannschaft das Problem endlich lösen konnte.
Pocke hatte immer einen alten Handfeger im Auto, um im Winter den Schnee vom Wagen fegen zu können. Pfingsten schneit es sehr selten, aber der blöde Handfeger (mit Holzgriff, also stabil) rutschte wohl irgendwo im Fußraum rum. Sein Variant war noch dazu ein Automatik. Das heißt also, beim Anlassen aufs Gas drücken und los. Klappt natürlich nicht, wenn unter dem Gaspedal ein Handfeger eingeklemmt ist. Die Mannschaft brauchte schon ein paar Minuten, um die Ursache für die gescheiterten Versuche beim Anlassen des Fahrzeugs herauszufinden.
Ich glaube, da waren wohl doch ein paar Raketen zu viel am Start. Wobei ich jetzt noch erwähnen muß, dass es nicht so war, dass Säufer und Kiffer getrennt fuhren. Vielmehr waren wir alle sowohl mit Bier als auch mit Raketen während der Fahrt beschäftigt, die Fahrer mal ausgenommen.
Insbesondere für den Kanonier und mich führte der permanente Raketenbeschuß zu Heißhungerattacken. Paletten mit Bierdosen hatten wir natürlich reichlich dabei, Schnaps als Turbo wurde auch immer eingepackt. Da wurden keine Kosten gescheut, Hansa Pils oder billiger Fusel wurde nie mitgenommen. Sparsam waren wir nur beim Essen. Die Mädels meinten es aber gut. An Dosenessen hatten sicherlich die Mädels gedacht. Ist ja auch romantisch, wenn man abends vor dem Zelt gemütlich zusammensitzt und aus der Dose die mit einem kleinen Gaskocher erwärmte serbische Bohnensuppe löffelt.
Für den Kanonier und mich – seinerzeit beide als Singles unterwegs – war Haute cuisine allerdings nicht angesagt. Zwischen 2 Bands stampften wir zum Zelt zurück und machten uns eine Dose Kartoffelsuppe auf. Der Inhalt hatte eine puddingartige Konsistenz, war also auf Sicht eßbar. Erhitzen tut da nicht not, schmeckt auch so. Heutzutage müßte ich mir wegen des Sodbrennens wohl die eine oder andere Tablette genehmigen. Bloß stoned und hungrig beim Festival … Da isst Du alles.
Am 2. Morgen wachte ich erschreckt hoch. Der Kanonier fluchte wie ein Rohrspatz. Offenbar hatte er beim Wachwerden nochmal in die Ravioli gegriffen. Als Frühstück sozusagen. Am Vorabend hatten wir die Dose nicht aufessen können, so dass noch Ravioli übrig waren. Der Kanonier schlief dann wohl schon. Ich hatte schon immer die Angewohnheit, quasi als Letzter zu Bett zu gehen. Den Tag nochmal in Ruhe durch den Kopf gehen lassen, eine Camel ohne dazu ….
Was liegt näher, als den Kippenrest in die Raviolidose zu entsorgen? Der Kanonier mußte richtig Hunger gehabt haben. Sonst wäre er nicht so gierig gewesen und hätte die Kippe gesehen.
Wieviel er wohl gegessen hat, bevor er es gemerkt hat?
Von den einzelnen Bands weiß ich nichts mehr, ist aber aus dem jetzigen Blickwinkel heraus nebensächlich. Es hatte aber wohl geregnet, so dass auf alle Fälle der Kanonier und ich einen Tag früher abreisten. Das war wohl auch mein letztes Festival, so dass ich das Jahr 1987 für sehr wahrscheinlich halte. Denn 1986 war ein Highlight – Pink Pop in Venlo!!
Doch dazu demnächst ….

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