Dienstag, 8. Mai 2012

Udorallala: Dictators

Lester McNeil gründete (nach eigener Aussage) das PUNK – Magazin lediglich aus einem Grund: Er und seine Mitstreiter wollten die Dictators kennenlernen.
Die Dictators hatten mit der New Yorker Stricher- und Junkiescene um die Dolls und Herartbreakers nichts zu tun. Die Band kam ja auch nicht aus Manhattan, sondern aus der Bronx und hatte bereits ihre erste LP draußen (Go Girl Crazy, 1975), bevor sie im CBGB spielen „durften“.
Handsome Dick Manitoba, der ursprünglich der Roadie der Band war, wurde in der Bronx berüchtigt als Partyschreck. Ein früher „Frank the Tank“ oder auch Bierminator. Klassisch mit Atze-Schröder-Frisur in Wrestlingklamotten zog die geborene Rampensau die Blicke auf sich. Nicht zuletzt dank der begnadeten Gitarristen Ross „the Boss“ Funicello und Scott „Top Ten“ Kempner spielten sie – Jahre vor den Beastie Boys – einen brettharten Stil, bei dem keine Bierflasche geschlossen bleiben konnte. Sie hatten eine große Zukunft vor sich, bis eines Abends im CBGB…
Wayne County trat auf. Manitoba, eigentlich ein Fan der Band, wollte County, den bekennenden Transvestiten, pushen. Anmache und Pöbeln kam in der Scene immer gut an, so das Manitoba vor der Bühne stand und ständig „Schwuchtel“ grölte. Als er pinkeln mußte – zum Klo ging es nur über die Bühne – verstand County dies falsch und drosch auf Manitoba mit dem Mikroständer ein. Das Schlüsselbein war gebrochen, der Kopf um Haaresbreite verfehlt und Manitoba mußte ins Krankenhaus.
Ich erzähle dies so ausführlich (aus „Please Kill Me!“), weil es seinerzeit – bis Heute! – in der Presse genau andersherum dargestellt wurde. In Umkehrung der tatsächlichen Geschehnisse war auf einmal County das Opfer. Die Schwulen- und Lesbenbewegung hatte ihren großen Aufhänger und alle, wirklich alle spielten mit. Von Debbie Harry bis Dee Dee Ramone bekundete die „Scene“ ihre Solidarität mit County und spendete Geld.
Manitoba konnte zusehen, wie er die Krankenhausrechnung bezahlte. Daß sich Debbie und Dee Dee später bei Manitoba entschuldigten, änderte nichts mehr am internationalen Karriereknick der Dictators. Sie durften wieder im CBGB spielen, aber den Erfolg hatten andere.
Diese Version der Geschichte habe ich erst vor ein paar Tagen gelesen. Jedoch zählten die Dictators trotzdem auch vorher schon zu meinen Lieblingsbands. Sie sind neben den Dolls quasi auch die Einzigen aus der alten Garde, die heute noch aktiv sind. Und – siehe das Video – better than ever.
Die Dictators legte ich früher immer auf, wenn ich zuhause wartete. Darauf, daß Pocke oder wer auch immer mich zum Konzert abholte oder ich zu Fuß Richtung Koka oder FreiBIZ ging. Ein bis Drei Pülleken Bier, dazu dröhnte „Borneo Jimmy“ aus den Mega-Boxen, die ich von Aki hatte. So was nennt man Aufwärmtraining.

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