Mittwoch, 28. August 2024

Uncle Fester: grad gelesen August 2024

Andreas Brandhorst - Infinita
Meine Güte, der Brandhorst schreibt wohl 24 Stunden am Tag. Schon wieder ein neuer, Äonen umspannender Roman. Dieser spielt im selben Universum wie zwei andere Romane von ihm: „Das Schiff" hatte ich vor geraumer Zeit schon einmal gelesen; „Das Erwachen" - laut Beschreibung eher ein Wissenschaftsthriller - liegt bei mir noch auf Halde und ist wohl ein Prequel zu den Geschehnissen der anderen beiden Bücher.
Das Ausgangsszenario, hier als Midstream Null bezeichnet, ist in einer fernen Zukunft der Erde angelegt. Auf der Erde leben lediglich noch knapp 500 Menschen und die sind auch noch unsterblich. Verwaltet wird der Planet von den sich entwickelnden künstlichen Intelligenzen, die sich jeweils ihre eigene Identität bewährt haben - sie bezeichnen sich selbst als Individuelle - und auch in Roboterkörpern stecken - wie bei Asimov seinerzeit.
Die Handlung beginnt mit einem der höchst entwickelten Individuellen namens Horus, welcher weitreichende Pläne für die Zukunft des „Clusters", sprich der Gemeinschaft der Individuellen, entwickelt und vorgeblich eine Gefahr für die Erde bekämpfen will. Diese wird durch den „Stream", welcher sich mittels eines immer größer werdenden Lochs in der Planetenkruste manifestiert, verursacht. Denn aus den Weiten der Zukunft (Upstream) bedrohen gefährliche Artefakte die Integrität des Planeten.
Dieser Stream, vergleichbar mit dem Hyperraum aus altbekannten Science Fiction Serien, ist das Bindeglied zwischen tiefster Vergangenheit und ferner Zukunft. Dazu gibt es noch unendlich viele Multiversen bzw. parallele Realitäten, welche allerdings für die Handlung unwesentlich sind. Sie dienen lediglich zur logischen Auflösung von Paradoxien bei den vielen Zeitreisen.
Horus schickt Korian, den mit 60.000 Jahren ältesten Menschen, in den Stream, um nach den Absendern der gefährlichen Artefakte zu suchen. Horus verdächtigt eine abtrünnige Gruppe von Unsterblichen um den Wissenschaftler Esteban, welche sich als Gruppe Morgenrot Jahrtausende zuvor in den Stream begeben hatte und seitdem als verschollen gilt.
Korian trifft bei seinen Reisen durch die verschiedenen Zeiten und Realitäten der Erde auf das vielleicht 10jährige Mädchen Ria, die ihn dank ihrer übernatürlichen Fähigkeiten aus unlösbaren Schwierigkeiten rettet. Ria ist tatsächlich teils biologisch als auch maschinell und steht somit zwischen den beiden rivalisierenden „Richtungen" des Lebens - Mensch gegen Maschine.
Doch sie trägt auch das Erbe der Muriah in sich; die legendäre Hochkultur hatte das Universum einst beherrscht, ehe die Muriah vor einer Million Jahren aus unerfindlichen Gründen spurlos verschwand. Vor allem die Maschinellen wollen Ria diese Geheimnisse notfalls mit Gewalt entlocken. Tatsächlich stirbt sie mitten im Roman, völlig unerwartet für den Leser.
Doch zu dem Zeitpunkt steht Korian mit Daniel ein eher zwielichtiger Charakter zur Seite. Jedenfalls gelangt er dank Daniel in den Besitz eines Artefaktes (die Spirale), welche ihm die Macht der Muriah verleiht - er kann sich jetzt ohne weitere Hilfsmittel in der Zeit und im Raum bewegen, wie er möchte.
Und er nützt dies, um den Tod von Ria zu rächen. Ria, die sowohl von Menschen wie auch den Maschinellen lediglich als "Ding" angesehen wurde. Anscheinend hatte Korian zärtliche Gefühle für das Mädchen entwickelt. Jedenfalls tötet er - remember Charles Bronson - gnadenlos alle Beteiligten.
Der Roman endet mit der Absicht von Korian, ein Versprechen einzulösen: Das Grab von Ria aufzusuchen. Wahrscheinlich reitet er anschließend auf Jolly Jumper in den Sonnenuntergang. Zusammenfassend möchte ich meinen, dass dies ein guter und routinierter Roman von Brandhorst ist, dessen Lektüre ich nicht bereuen musste.

Karsten Dusse - Achtsam Morden 4
Wieder ein guter Band dieser außergewöhnlichen Reihe, welche vor Sarkasmus nur so strotzt. Die Art und Weise, in der Björn Diemel die Achtsamkeitsregeln seines Personal Coaches - man könnte ihn auch als Psychotherapeuten bezeichnen - an seine Lebensrealität anpasst, ist nicht nur sehr lustig, sondern mir auch ein gutes Vorbild für meine eigene Achtsamkeit. Natürlich bringe ich keine Leute um, aber ich lebe dank dieser Lektüre entspannter - ebenso meine Umgebung mit mir. Wenn das keine Empfehlung ist, dann weiß ich auch nicht.
Bei einem seiner turnusmäßigen Besuche bei Joschka Breitner, seinem Coach, muss Björn feststellen, dass sein Mentor zusammengeschlagen worden war. In einem Magazin entdeckt er einen Artikel über „Tantra, Sex und Achtsamkeit“. Das kann doch eigentlich nur ein Zeichen seines Mentors sein!
Anscheinend muss Björn seinen Horizont in einem Tantrakurs am Wochenende erweitern. Weil er sich alleine da nicht hintraut, nimmt er ausgerechnet seine Frau mit. Unter anderem angewidert vom Kursleiter Günther, der den Kurs lediglich veranstaltet, um selbst so oft wie möglich zum Stich zu kommen, reisen beide aber wieder am nächsten Tag ab.
Björn war es auch unangenehm gewesen, von Dieter eingeölt zu werden. Dieter, der in Wirklichkeit Stefan heißt und als schmieriger Privatdetektiv sein Leben fristet. Um die Wohnung von Herrn Breitner vor Einbrechern zu schützen, die ein ominöses Buch stehlen wollen, engagiert Björn den Privatdetektiv dann doch zur Observierung der Wohnung.
Wie zu erwarten war, wird Dieter/Stefan in der Nacht erstochen und Björn muss die Leiche verschwinden lassen, damit Herr Breitner nichts merkt. Bei dieser Gelegenheit findet Björn das Buch und ab diesem Zeitpunkt wollte ich diesen Roman nicht mehr aus der Hand legen. Denn jetzt kam so nach und nach Joschka Breitners dunkle Vergangenheit ans Licht.
Joschka hatte sich Ende der 60er in Babsi verknallt und ist dank ihr zum Anhänger Bhagwans mutiert. Dusse schildert in diesem Nebenstrang sehr schön, wie aus einer gut gemeinten Bewegung ein Multimillionen Dollar Imperium entsteht, dass seine Wurzeln aus den Augen verloren hatte.
Joschka dachte, er hätte Günther erschossen und damit gleichzeitig die an diesen gefesselte Babsi getötet. Genau jenen Günter vom Tantrakurs. Ende der 70er waren sich Günter und Babsi, die nunmehr zur Managerin des Bhagwan Konzerns mutiert war, näher gekommen. Und der zu gutmütige Joschka störte da nur.
Deshalb fingierten Günther und Babsi den Mord an ihnen, damit Joschka endlich verschwindet. Und der tat ihnen den Gefallen und mutierte anschließend zum Psychotherapeuten. Nachdem Björn dann das Buch und Joschkas Geschichte durchgelesen hatte, wusste er, was zu tun war, um Joschka Breitner zu schützen und bei ihm keine alten Wunden aufbrechen zu lassen.
Mit seinem Partner Sascha sorgt Björn dafür, dass Günther mit dem toten Dieter auf dem Rücksitz seines Tesla einen Abhang hinunterrast, so dass der Tesla richtig schön abfackelt und alle Spuren verwischt sind. Jetzt kann er endlich mit Herrn Breitner über die Einschulung seiner Tochter sprechen, an der er etwas zu knabbern hat.
Der fünfte Roman ist auch schon draußen - allerdings nicht als Taschenbuch. Da warte ich noch ein bisschen.

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