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Die nächsten Tage verliefen relativ ereignisarm. Sonntagabend war wieder Kegeln angesagt gewesen. Da hatte Ralle mir noch gesagt, dass ich an dem Abend außergewöhnlich still gewesen sei. Ich konnte da nur mit den Schultern zucken, von dem Schock des Vorabends mit dem üblen Stimmungsumschwung dank Tillmanns Vortrag über seine Kreislaufprobleme wollte ich beim Kegeln nichts erzählen.
Bis heute habe ich darüber mit Niemanden außer meiner Löwin gesprochen und das wird wohl auch so bleiben. Auf der Rückfahrt nach Hause genoss ich die wärmende Heizung im Auto und das sanfte Gleiten des Wagens über den regennassen Asphalt.
Die letzte Nacht war mit ängstlichen Gedanken gefüllt gewesen, da sehnte ich mich am Sonntagabend nicht gerade danach. Zum Glück gab es ja noch Alan und Charlie, 4 Folgen davon brauchte ich schon zum Runterkommen am Sonntagabend. In der Nacht zuvor musste das TV-Erlebnis ja ausfallen, weil die Doppelkopfrunde so lange getagt hatte. Und tatsächlich brachten mich 4 Folgen am Stück etwas nach vorne, besser in die Waagerechte.
Dienstag, 21. Februar. Heute stand wieder eine Aktion „außer der Reihe“ an. Nein, ich meine nicht den schon gewohnten Termin bei meinem HNO. Über Vitamin D3, Algenöl und lange Vorträge über das Vermeiden verarbeiteter Lebensmittel brauche ich an dieser Stelle sicher nichts mehr zu erzählen.
Abends waren wir zum Essen im Greekhaus am Frankfurter Platz mit meinen alten Freunden Roberta und Randy verabredet. Mit beiden hatte ich bereits in den 90ern jeden Dienstag dort zusammen gesessen, wahrscheinlich sogar schon in den 80ern. Da war dieses Restaurant noch kein Grieche gewesen, sondern das Gambit.
Jener legendäre Laden hatte ab Ende der 80er Jahre mehr als 2 Jahrzehnte lang die Studenten der Künste und Sozialpädagogik geprägt, natürlich auch die Leute in meiner „Blase". Blumenkohl in Käse-Sahne-Soße mit Käse überbacken; diese Gericht hatte die gemütliche Kneipe mit den Halbliter Steinkrügen zu einer Institution in der Braunschweiger Gastronomie gemacht.
An unzähligen Abenden hatte ich mich dort mit meinen Freunden getroffen, der Laden war nahezu mein Wohnzimmer gewesen. Was auch kein Kunststück war, da ich genau gegenüber im 1. Stock gewohnt hatte.
Und nun war diese Zeit mit Corona vorbei gewesen und ein Grieche rückte nach - auch mit weißen Tischdecken. Ich fühlte mich gerade aus diesem Grund im falschen Film, aber das Essen des Griechen war an diesem Dienstag wirklich gut.
Randy kam etwas später, derweil meine Löwin und ich die Speisekarte sondiert hatten. Für mich gab es an diesem Abend aus schon genannten Gründen Wasser mit Kohlensäure - als Tellergericht blieb ich bei Gyros mit Pommes. Mein erstes Gyros mit Schweinefleisch seit langem übrigens.
Normalerweise meide ich Schweinefleisch Gyros, weil ich das häufig zähe Fleisch nicht weichkauen mag. Im Greekhaus hatte ich dieses zweifelhafte Vergnügen nicht, allein schon deshalb empfehle ich diese Lokalität gerne.
Auf die Bestellung des Essens warteten wir über eine halbe Stunde, da Roberta nicht an Land kam. Dann rief Randy sie an und musste feststellen, dass Roberta den Termin vergessen bzw. an einem anderen Tag vermutet hatte. Wenn ich mich recht entsinne, hatte sie das Treffen im Greekhaus überhaupt angeregt gehabt, aber vielleicht irre ich mich da.
Jedenfalls unterhielten wir uns angeregt und waren auch früh zu Hause gewesen, so dass ich mein liebgewonnenes Einschlafritual durchziehen konnte.
Mittwoch, 22. Februar. Gleich um 8.00 Uhr hatte ich den ersten Termin bei meinem Hausarzt. Man gut, dass es beim Greekhaus nicht so lange gegangen war. Mein Jahrescheck stand an, beginnend mit der Blutabnahme, Urinprobe, Belastungs-EKG und abschließend Ultraschall mit Herrn Doktor persönlich.
Das mache ich jedes Jahr, insofern war das keine große Sache. Der nächste Termin schon, denn den hatte ich um 13.30 Uhr in Salzgitter Lebenstedt. Da ich dorthin mit dem Zug anreiste, hielt ich mich nach dem Jahrescheck zu Hause nur äußerst kurz zur Nahrungsaufnahme auf, bevor ich wieder Richtung Bus eilte, um zum Bahnhof zu kommen.
Im Terminkalender hatte ich Dr. Vogel notiert, dies sollte der Arbeitspsychologe im Gesundheitsamt der Stadt Salzgitter, meinem Arbeitgeber, sein. Allerdings wusste ich aufgrund eines telefonischen Kontaktes ein paar Tage zuvor bereits vorher, dass ich mich nicht mit einem Dottore, sondern einer Sozialpädagogin treffen würde.
Das dieser Kontakt überhaupt zustande gekommen war, hatte ich meinem Teamleiter Buck zu verdanken. Dieser wusste ja um meine Problematik und hatte mehr oder weniger durch Zufall erfahren, dass unser Arbeitgeber für seine Bediensteten eine psychologische Unterstützung anbietet, um betroffenen Kollegen mit psychischen Problemen - in erster Linie wohl durch Burnout oder Mobbing - helfen zu können, damit diese nicht so lange arbeitsunfähig sind.
Zumal die Wartezeiten bei Psychiatern doch sehr lang sind. Was ich nur bestätigen konnte - ich hatte zu dem Zeitpunkt lediglich einen Termin im Mai ergattern können und hing demzufolge völlig in der Luft.
Egal in dem Moment, ich war ja für jede Hilfe dankbar in den Tagen. Bedauerlich fand ich höchstens, dass mein Arbeitgeber dieses Hilfeangebot nicht gerade stark beworben hatte, um es mal niedlich auszudrücken. Auf jeden Fall bin ich Buck immer noch dankbar, dass er mich Zuhause angerufen hatte.
Ich nahm den Zug kurz vor 13.00 Uhr und fuhr dann mit dem Bus zum Krankenhaus in Lebenstedt. Dort, und nicht im Gesundheitsamt in Bad, hatte ich glücklicherweise den Gesprächstermin, denn das sehr abseits gelegene Gesundheitsamt in Bad ist mit dem Bus eher schwer zu erreichen.
Wie zuvor telefonisch verabredet, holte mich die Sozialarbeiterin vor einem Nebeneingang ab und führte mich übers Treppenhaus in ihr Büro im Nebengebäude. Hier befand sich also eine kleine Außenstelle des Gesundheitsamtes, welche geheimnisvollen Vorgänge werden in den fünf bis sechs Büros wohl bearbeitet werden?
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