Montag, 23. Januar 2023

Warum spielt denn der Poldi nicht?

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Mi. Immer noch 22. Juni

Meine Löwin liegt da vollkommen richtig mit ihrer Meinung, dass sie einfach nur in die Garage rein- oder rausfahren möchte, ohne noch irgendwen bitten zu müssen, die Karre wegzufahren. Unser Nachbar merkt garantiert nicht, wie nervig sein Verhalten ist. Sozialkompetenz schwach ausgeprägt, würde ich sagen. Wir haben durch den ganzen Quatsch jetzt nur Anwaltskosten über die Eigentümergemeinschaft zu tragen, bloß weil die Hauswartin und unser Nachbar da ein Sträußchen ausfechten, das ausgeht wie das Hornberger Schießen.
Zweite Halbzeit. Gleich zu Beginn ein Freistoß für die Ungarn und drin ist er, der Ball. Abgefälscht, aber auch das zählt. Diesmal brauchten die Portugiesen nur 2 Minuten, bis CR7 den Ball artistisch mit der Hacke ins Eck kickte. Man konnte Ronaldo die Emotionen im Gesicht ansehen. Endlich hatte er ein Tor geschossen, sichtlich befreit ballte er die Faust.
In der Folge entwickelte sich das mit Abstand beste Spiel des Turniers, meine Löwin war ebenso begeistert wie ich. Beide Mannschaften spielten jetzt auf Sieg, so stelle ich mir die Partien ab der nächsten Runde vor. Die Portugiesen erschienen uns einen Tick gefährlicher, aber die Ungarn belehrten uns eines Besseren. Mal wieder unerwartet kam das 3:2 für Ungarn, ebenfalls wieder ein abgefälschter Schuss. Ronaldo gestikulierte verärgert so vor sich hin. Schön zu sehen, das so ein Fußballgott noch derart viel Emotionen entwickeln kann.
„Ja, das ist Fußball“ sagte der selige Heinz-Florian Oertel früher immer, wenn er die DDR Oberliga kommentierte. Und solche kleinen Momente machen auch den wahren Reiz des Entertainments Fußball aus. Noch dazu, wenn derselbe Spieler, nämlich Cristiano Ronaldo, 7 Minuten später das Leder mit einem wuchtigen Kopfball trocken ins ungarische Tor ballert.
Es blieb bis zum Schluss beim 3:3, was für beide Teams zum Weiterkommen reichte. Bei Island gegen Österreich war klar, dass der Verlierer aus dem Turnier als Vierter fliegen wird. Spätestens jetzt sollten sich die vorher mit viel Vorschusslorbeeren gestarteten Österreicher um David Alaba sputen. Bisher war das ja nicht doll, was sie da so abgeliefert hatten.
Österreich knüpfte dann aber nahtlos an die bisher gezeigten schlechten Leistungen an. Zwei Latten- und Pfostentreffer der Isländer gleich in der Anfangsphase weckten die Österreicher nicht auf. Folgerichtig stand es nach 20 Minuten 1:0 für Island. Erst jetzt kamen die Österreicher ganz gemächlich in Schweiß.
In der zweiten Halbzeit – endlich! – stürmte Österreich, was das Zeug hielt. Das 1:1 nach 60 Minuten - da hatten sie sich den Ausgleich richtig erarbeitet. Allein, es nützte ihnen nichts. Als sie gegen Ende alles auf eine Karte setzten, schlug Island in der 4. Minute der Nachspielzeit eiskalt zu. Der vielfach umjubelte 2:1 Siegtreffer katapultierte das sympathische Team von der Insel auf einen sensationellen zweiten Platz in der Gruppe.
Die ebenfalls ungeschlagenen Magyaren sind jedoch Gruppensieger. Portugal als Dritter hat es also kurz vor Ultimo ebenfalls geschafft. Den Portugiesen traue ich im weiteren Verlauf des Turniers noch am meisten zu. Die Österreicher dagegen waren eine einzige Enttäuschung. Maßlos überschätzt meiner Meinung nach.
Auch das Island Spiel soll sehr gut gewesen sein. Das ließ ja für den Rest des Abends hoffen. Schweden gegen Belgien – hier war Zlatan gefragt. Irland gegen Italien war da das langweiligere Spiel um 21.00 Uhr. Olli und Olli machten mit ihrem Studiogast Stefan Schwartz, für die Schweden bei den WM Turnieren 1994 und 1998 im Einsatz, Lust auf das Spiel. Der immer souveräner wirkende Holger Stanislawski erklärte uns noch schnell die überfallartigen Konter der Belgier.
Schön, dass er dies tat. Zu sehen war davon im Spiel nämlich nichts. Der Qualitätsunterschied zu den Spielen am frühen Abend war frappierend. Die Belgier mussten ja auch nicht, im Gegensatz zu den Schweden. Doch bei den Blau-Gelben war kein Aufbäumen gegen das drohende Ausscheiden aus dem Turnier zu sehen, vor allem Zlatan Ibrahimovic enttäuschte auf ganzer Linie.
Während Ronaldo gekämpft hatte und dadurch sein Team mitriss, zog Zlatan seine Mannschaft eher runter. Viel zu häufig wurde er als Alibi eigener Schwäche von seinen Mitspielern gesucht, aber selten gefunden. Zlatan trabte lustlos über den Platz, fast wollten wir ihm schon einen Rollator schenken. Der alte Mann wurde einfach zugedeckt und Schweden fand daher nicht statt. Das tat uns beim Zuschauen richtig weh.
Als die Belgier irgendwann kapierten, das die Schweden in ihren Mitteln äußerst limitiert auftraten, gaben sie etwas mehr Speed in die Sache und erzielten 5 Minuten vorm Ende den Siegtreffer. Zu diesem Zeitpunkt waren mir die Augen schon etwas schwer geworden, so dass ich ob des Siegtreffers der Belgier total überrascht war. Danach ließen die Schweden ihre Köpfe endgültig hängen.
Wir hätten besser Italien gegen Irland sehen sollen. Denn wie ich nach Spielschluss anhand der Zusammenfassung feststellen konnte, war dies das weitaus bessere Spiel. Die Italiener standen hierbei bereits vor dem Spiel als Gruppensieger fest. Deshalb tauschten sie auch gleich 8 Spieler aus, da sie im Achtelfinale auf Spanien treffen werden. Eigentlich ist dies eine klare Wettbewerbsverzerrung, aber irgendwo hat man die immer. Egal, in welchem Modus man die Wettkämpfe ausrichtet.
Auch den Iren half nur ein Sieg, aber im Gegensatz zu den Schweden fighteten sie entschlossen und erspielten sich – ja, tatsächlich: Erspielten sich! – die Chancen, bissen aber beim italienischen Bollwerk auf Granit. Als dann ein Ire 5 Minuten vor dem Ende das Leder ins italienische Tor schädelte, war der Jubel unter den irischen Fans grenzenlos. Sie hatten es doch tatsächlich geschafft und landeten auf dem dritten Platz. Italien vor Belgien auf den vorderen Plätzen ist ansonsten keine Überraschung.
Das war sie also, die Vorrunde der Euro 2016. Jetzt ist erst einmal für 2 Tage spielfrei angesagt. Am Samstag geht die Party mit dem Achtelfinale weiter. Meine Löwin und ich werden dann wieder vor der Glotze hocken. Mit dem Wetten haben wir übrigens schon in der ersten Woche aufgehört. Das restliche Geld auf dem Wettkonto werden wir wohl auf unsere Mannschaft als Europameister setzen.

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