Dienstag, 23. August 2022

Warum spielt denn der Poldi nicht?

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So. 19. Juni

Um halb Acht war für mich die Nacht vorbei. Meine Löwin war schon wach und machte Papierkram für den Verein, nebenbei lief leise ihre Serie im Hintergrund. Nach gründlicher Morgentoilette war ich für das Frühstück gut eingestimmt. Ein bisschen Unmut kam bei meiner Löwin auf, weil ich das Weizenbierglas vom Vorabend wie gewohnt mit kaltem Wasser füllte und stehen ließ, damit sich die angesetzte Hefe lösen kann.
Das wäre in dem Geschirrspüler besser, grollte meine Löwin, nachdem sie beim Wegräumen von Biomüll aus Versehen gegen das Glas kam und die Arbeitsfläche der Küche unter Wasser setzte. Ich blieb dabei mucksmäuschenstill, weil ich selbst auch schon oft mit "ihren"abgestellten Sachen aneinandergeriet und mich dann ärgerte. Außerdem hat sie natürlich recht. Zu dieser Erkenntnis brauchte ich allerdings wie üblich etwas Zeit.
Richtig begeistert war ich kurz darauf von den Aufbackbrötchen, die meine Löwin von Penny besorgt hatte. Fast so gut wie frische Brötchen vom Bäcker, auf alle Fälle die besten Aufbacker, seitdem es keine Pilsbury mehr gibt. Da können wir in nächster Zeit gerne auf Harrys Toastbrot verzichten.
Das erste nur mit Butter, ansonsten lecker Seelachsschnitzel aus dem Glas und mein geliebter Camembert aus der Normandie - der Würzige muss es sein. Meine Löwin war da mit frischer Tomate und Zwiebeln unterwegs. Etwas Wurstiges braucht sie morgens natürlich auch. Marmelade ist uns beiden übrigens fremd, zumindest zu Hause.
Kaffee für mich, Tee für sie und "Morgen hör ich auf" für uns beide. Das große Staffelfinale mit Pastewka als Jochen Lehmann, von uns seit letztem Sonntag sehnsüchtig erwartet. Und wir wurden nicht enttäuscht. Lehmann wird beim Geschäft mit dem Falschgeldaufkäufer, dem "Big Boss", gefangen genommen und unter Druck gesetzt.
Der schmierige Bulle entpuppt sich als Komplize des Big Boss. Er kidnappt Lehmanns Frau; Beide werden gefesselt und geschlagen, denn der Big Boss will wissen, wo sein Bruder ist. Der wurde von Lehmann getötet und im See versenkt, doch das möchte Lehmann dem Big Boss verständlicherweise nicht erzählen. Nebenbei läuft der Deal trotzdem und Lehmann sichert dem Boss seine weitere Mitarbeit, das Drucken von Falschgeld, zu.
Der Boss verzichtet auf seine Rache, weil er Lehmanns Lüge, dass er nicht weiß, wo sein Bruder ist, glaubt. Ein Fehler, wie sich herausstellt. Denn der Boss trinkt von dem Schnaps, den sich Lehmanns Angestellter immer reinorgelt, und schläft hinterher am Steuer seines Helikopters ein. Das Falschgeld flattert über Bad Nauheim und der Hubschrauber zerschellt auf dem Rapsfeld.
Lehmann versöhnt sich mit seiner Frau. In der Schlusseinstellung verbrennt die Familie das Falschgeld im Eimer, weil der Strom beim abgewirtschafteten Drucker abgeschaltet wurde. Ganz am Ende finden Taucher im See das Auto mit dem von Lehmann getöteten Bruder. Ein schöner Cliffhanger, absolut.
Das ZDF mag das Gegenteil behaupten, aber die Parallelen mit "Breaking Bad" sind nicht zu übersehen. Allein der fast volljährige Sohn, der zwar vom Althippie die Pistole klaut, dann aber doch nicht seine Partygäste abknallt, erinnert derart stark an Walter White's Sohn, das es nur so eine Freude ist. Die Party im Haus der Lehmanns ist 1:1 von Breaking Bad übernommen.
Sei es drum. Mir gefiel es. Und meiner Löwin auch, wohl wegen der doch sichtbaren Unterschiede zu Breaking Bad. Eigentlich wollte ich nach dem Frühstück zu Mutter, um ihr beim Antrag auf Befreiung von den Zuzahlungen bei ihrer Krankenkasse zu helfen. Ich rief sie an. Sie war richtig huschig und wir verschoben die Aktion auf Montag, da sie sich nicht wohlfühlte.
Ich hoffe, sie hat ihren Ärger mit ihrer Ärztin morgen gelöst. Auf der Rückfahrt von Mutter wollte ich einen Eimer von KFC mitbringen. Da mein Besuch bei Mutter für heute ausfiel, hatte meine Löwin eine bessere Idee. Unser Grieche in der Saarbrückener Straße ist auch immer lecker. Gyrosteller mit Tsaziki, bitte. Für mich natürlich mit Hähnchen und extra kross. Dazu nahmen wir beide eine Coke Light. Wie immer also.
Die Wartezeit bis zum Spielbeginn um 21.00 Uhr überbrückten wir mit "Bosch". Wir starteten die zweite Staffel auf Amazon Prime und schafften 2 Folgen, bis die Vorberichte anfingen. Olli und Olli hatten den Schweizer Trainer Martin Schmidt sowie Ciriako Sforza zu Gast. Alles klar, sie zeigen Frankreich gegen die Schweiz. Was aber ist mit dem anderen Spiel der Gruppe, welches parallel stattfindet. Zeigen sie Rumänien gegen Albanien im Anschluss oder blenden sie bei Bedarf ein?
Durch Zufall entdeckte ich die Überraschung. Sat 1 zeigt Rumänien gegen Albanien live! Augenblicklich schaltete ich um und befand mich im Sat 1 EM Studio. Und ich sah Frank Buschmann, dem Background Moderator von Schlag den Raab als Mann im Studio. An seiner Seite hockte Marcel Reif (würg) sowie ein Typ namens Jonas Hummels, wohl der Bruder von Mats. Dazu klatschende Zuschauer in einer grausigen Biergartenatmosphäre zum Abgewöhnen. Keine 30 Sekunden hielt ich das aus.
Wir entschieden uns für das Spiel Frankreich gegen Schweiz. Zwischendrin wollten wir bei Bedarf umschalten. Franzosen wie auch die Schweizer zeigten von Beginn an ein schnelles Spiel, die Schweizer stellten sich überraschenderweise nicht einfach hinten rein.
Gerade in der Anfangsphase war Paul Pogba der auffälligste Mann auf dem Platz. Seine Schüsse waren aber nicht vom Erfolg gekrönt. Die Schweizer spielten schnell und direkt nach vorne, aber zu einer 100prozentigen Einschussmöglichkeit reichte es bei ihnen nicht.
Nach 20 Minuten war es Zeit, mal bei Sat 1 zum Parallelspiel reinzuschauen. Sofort fiel uns das erheblich langsamere Spieltempo auf, so dass wir augenblicklich wieder zum Frankreich Spiel zurückschalteten. Dort verpufften die Angriffsbemühungen beider Teams immer mehr, jedoch war ein anderer Aspekt äußerst unterhaltsam. Denn bei den Schweizern gingen die Trikots bei mehreren Spielern kaputt.
Im modernen Fußball ist es ja Mode geworden, dem Gegenspieler am Trikot zu ziehen, um ihn zu stoppen. Immer noch besser als eine Blutgrätsche. Die Schweizer haben sich da was einfallen lassen. Ihre Trikots reißen leicht. Die französischen Spieler glotzten beim Zufassen ganz erstaunt, wenn der Stoff des Trikots vom Gegenspieler riss und dieser ganz einfach ungehindert weiterlaufen konnte. Oder wollten die Schweizer einfach nur luftige Shirts wegen der schwülen Sommerabende in Frankreich?
Aber nicht nur die Trikots mussten in diesem Match leiden. Anfangs der zweiten Halbzeit ging bei einem Gerangel auch noch der Ball kaputt. Ist ja auch nicht in Kinderarbeit gefertigt, meinte meine Löwin. Hierzu muss man wissen, das sich die UEFA im Vorfeld des Turniers damit gebrüstet hatte, das der Ball nicht in Kinderarbeit hergestellt wurde.
Vorher jedoch, gegen Ende der ersten Halbzeit, änderte sich das permanent eingeblendete Ergebnis des anderen Spiels auf 0:1. Tor für Albanien also. Schneller als der Schall betätigte ich die Fernbedienung. Gerade noch rechtzeitig sahen wir die Wiederholung des Tores. Ein schöner Kopfball, den der Stürmer aus unverdächtiger Position gegen die Laufrichtung des Torwarts ins lange Eck versenken konnte.
Sofort war Stimmung. Bei den zahlreichen Albaniern waren ab jetzt die Freudengesänge lautstark zu vernehmen, während die enttäuschten Rumänen vorsichtshalber einen Bengalo aufs Spielfeld warfen und den einen oder anderen Böller losließen. Wie kriegen die Dussel diese Kracher nur ins Stadion? Die Europameisterschaft läuft schon seit eineinhalb Wochen und die Franzosen sind nicht in der Lage, ihre Kontrollen entsprechend zu verschärfen? Was ist bloß aus der „Grande Nation“ geworden… Traurig so was.
Bis zur Pause blieben wir danach bei den Franzosen und wechselten anschließend nicht den Fernsehsender, sondern den Fernseher. Nachdem ich das Katzenklo gereinigt hatte (jeder macht das, was er kann), schauten wir die zweite Halbzeit auf dem Gerät meiner Löwin, die nach kurzer Zeit mit Sushi im Arm sanft einschlummerte. Das Spiel Frankreich gegen Schweiz verlor mit der Zeit zunehmend an Fahrt. Ich möchte nicht wissen, wie viele Leute im Stadion bei dem müden Kick eingeschlafen sind.
Nachdem ich in meine Kemenate gewechselt war, bekam ich gerade noch die aufregendste Szene des Spiels mit, als der eingewechselte Payet, der neue französische Liebling, einen Fernschuss unter die Latte donnerte. Der Ball sprang allerdings ins Feld zurück, Pech gehabt. Da schaute ich doch lieber das andere Spiel, dort war die Hölle los.
Die Rumänen waren in den Schlussminuten ein Schatten früherer Tage, Mann war das bitter. Albanien beherrschte den Gegner und war sogar gefährlicher vorm Tor als die ausgelaugten Rumänen. Angetrieben vom frenetisch schreienden Publikum brachten sie das Spiel auch nach über 5 Minuten Nachspielzeit nach Hause.
Im Frankreich Spiel passierte auch nichts mehr. 0:0 bei Frankreich gegen die Schweiz. Beide sind weiter, die Franzosen als Gruppensieger. Albanien hofft dank des Sieges mit lediglich 3 Punkten auf einen der vier Achtelfinalplätze für die besten Gruppendritten. Für die insgesamt enttäuschenden Rumänen ist das Turnier beendet.

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