Samstag, 20. August 2022

Hartmudo: erst zum Brunnen, dann zur Penne 3/5

3
Wenigstens hatte ich an dieser Stelle eine andere Mitschülerin getroffen, auf die wir damals alle etwas heiß waren. Sie war allerdings schon an einen Sport- und Gemeinschaftskundelehrer vergeben gewesen, so munkelte man seinerzeit.
Dass ich sie eingedenk der uralten Geschichten vor drei Jahren per Whatsapp blöde angemacht hatte, als Pocke und ich auf der BiRe in Malta waren, schien sie nicht zu stören. Mir ist das heute dagegen äußerst peinlich. Ich war froh, dass sie es offenbar nicht so ernst genommen hatte.
Jedenfalls brauchte ich jetzt nach dem eher unerfreulichen Wiedersehen mit dem miesepetrigen Schulkameraden vom Garagenhof ein Pils, zumal sich bislang noch keiner aus dem Kreis der Erlauchten hatte blicken lassen. Ergo ging ich über die Treppe zu den Tischen mit der Verpflegung und war froh, den Misanthropen hinter mir lassen zu können.
Von links nach rechts wurden Chili sin Carne, Bratwurst, Getränke und letztlich Crepes angeboten. Die Preise waren tatsächlich moderat, der aktuelle und der zukünftige Abiturjahrgang kümmerten sich um die Abwicklung. Das hier kein professionelles Team am Werk war, merkte ich sehr schnell, als ich mein erstes Pilz bestellte.
Ich sagte zu dem jungen Kerl hinter der Theke: "Ein Pils bitte. Da im Kühlschrank! Hal - lo! Im 2. Fach von oben! Das ist Pils." Erschreckend, wie ungebildet die heutigen Abiturienten sind. Zum Glück lief es später besser. Die Bratwurst sah zwar auch sehr gut aus, aber die wollte ich mir für später aufheben.
Der Eingang
Um nicht noch einmal dem Misanthropen über den Weg laufen zu müssen, stellte ich mich zu einer Gruppe aus einem anderen Jahrgang hinzu. Leider musste ich auch hier sehr schnell feststellen, dass ich auch zu diesen Menschen keine Bindung aufbauen konnte.
7 Jahre später als ich hatten sie Abi gemacht. Die Ärztin aus dieser Gruppe brachte es dann genau auf dem Punkt: "7 Jahre - so lange ist man ja gerade an der Schule gewesen. Da kann man sich auch nicht kennen."
Daher war ich hier ebenfalls schnell verschwunden und latschte wieder zum belebten Vorplatz zurück in der bald schon verzweifelten Hoffnung, dort ein vertrautes Gesicht zu erblicken. Sollte sich hier nichts tun, würde ich wohl unverrichteter Dinge wieder wegfahren wollen. So mein Vorsatz.
Aber zu meiner großen Freude... sah ich dort Kiste stehen. Ich winkte mit der Bierpulle und schon winkte er retour, ebenfalls mit einem Lächeln übers Gesicht laufend. Freudestrahlend kam er auf mich zu. Wie ich war Kiste mit der Masse an Menschen, die er nicht kannte, überfordert gewesen. Jetzt endlich waren wir nicht mehr alleine und der Abend konnte beginnen.
Wie zwei Wochen zuvor an der Kuhle war Kiste wieder guter Dinge, obwohl er dank diverser handwerklicher Arbeiten am Elternhaus sehr müde war und noch in derselben Nacht nach Hause in den Harz fahren wollte.
Wir hielten uns jetzt nicht allzu lange mit Smalltalk auf und gingen zum Anmeldetisch unseres Jahrgangs. Und tatsächlich trafen wir dort Aki-Bua und den Pharmazeuten, mit dem sich Aki-Bua ursprünglich verabredet hatte.
Bei Aki-Bua brauchte ich kein Namensschild - umgekehrt übrigens genauso wenig, während der weißhaarige Pharmazeut alt und dadurch etwas kränklich wirkte. Aber ich will mich an dieser Stelle nicht lange mit dem Pharmazeuten aufhalten, mit dem ich schon damals so gut wie nichts zu tun gehabt hatte, obwohl er in der Mittelstufe in meiner Klasse gewesen war.
Nach kurzer Zeit ward er auch nicht mehr gesehen. Aki-Bua fragte später am Abend noch einmal nach ihm, aber offenbar war er der Einzige, der ihn vermisste.
Während wir nach halb Sieben noch zu viert dort standen, tauchten der Lange und Henry endlich auf. Pocke brauchte etwas mehr Zeit, um zu uns zu stoßen. Etwas weiter weg in der Menge hatte er doch tatsächlich seine Schwester und UMD entdeckt.
Endlich hatte sich die alte Blase, der Kreis der Erlauchten, gefunden, lediglich Jopi fehlte noch. Jetzt fällt es mir wieder ein, dass dies der Moment gewesen sein musste, an dem sich der Pharmazeut klammheimlich verabschiedet hatte.
Oder besser gesagt: er blieb dort stehen, während wir anderen uns nach und nach in Richtung des Verpflegungsstandes bewegt hatten. Dort orderte Henry gleich anstandslose sechs Pils, wir waren ja nicht zum Vergnügen hier.
Mittlerweile hatten wir die groben Eckpunkte unseres Lebens nach der Schulzeit abgeklopft und uns auf den aktuellen Stand gebracht, sofern da noch Bedarf bestand.
Von Kiste und seiner Tätigkeit bei Gericht und Henrys Job als Berufsschullehrer hatte ich ja bereits an der Kuhle erfahren, aber von Aki-Bua wusste ich gar nichts, außer, dass er in die Pfalz mit seiner damaligen Freundin gezogen war und sie geheiratet hatte.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen