Mittwoch, 28. April 2021

Hartmudo: Egoiste statt Liberte 1/2

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Rund um meinen 60. Geburtstag Ende März hatte ich Urlaub genommen. Groß feiern konnte ich ja leider nicht, da Deutschland seit Monaten im Lockdown verharrt und größere Ansammlungen an Menschen von über 5 Personen untersagt sind. Wie dies bei der Veröffentlichung dieses Beitrages aussieht, weiß ich natürlich nicht, weil sich die Einschränkungen schnell ändern können. Ist ja auch von Bundesland zu Bundesland verschieden.
Während dieses Urlaubs hatte ich leider viel Zeit gehabt, um über Corona und die daraus resultierende allgemeine Verunsicherung nachzudenken. Erst zu Ostern machte es dann endlich Klick!; Da merkte ich, das es gar keinen Sinn macht, sich über Corona und die sich daraus ergebenden Konsequenzen zu sorgen.
Was ist denn eigentlich wirklich in den 12 Monaten, in denen wir alle mit Masken herumrennen, auf eineinhalb Meter Abstand achten (Ha - von wegen. Das macht ja nun keiner mehr wirklich) oder von einem Lockdown in den nächsten schlittern, geschehen?
Mehrere Impfstoffe sind da, aber kurzfristig nicht verfügbar. Impfchaos ist das neue Modewort und das zu Recht. Auch das Testen - da soll es mehr als 30 Produkte geben - bekommt der Staat nicht geregelt. Die vor 12 Monaten mit viel Tamtam (und Geld) geförderte App ist ein Flop ähnlich dem Flughafen Berlin oder Stuttgart 21. Stattdessen wird jetzt „Luca“ von Smudo gehypt! Mann - der ist aus Stuttgart! Hallo?
Nein, nein, nein. In den letzten Monaten habe ich mich in Streitereien mit meinen Freunden - viel weniger innerhalb der Familie witzigerweise - verloren. Hier musste ich eine erschreckende Entfremdung meinerseits zu Menschen feststellen, die mir viel bedeuten. Das will ich nicht, zumal ich doch selbst nicht weiß, was richtig ist.
Es kann doch nicht sein, das wir uns alle untereinander bekämpfen und freuen, das die Zahlen an infizierten Menschen hoch oder runter geht - je nach persönlicher Meinung, bloß um Recht zu behalten. Den Zusammenhalt unter uns Freunden sollten wir uns nicht kaputt machen lassen. Ein gegenseitiges Verständnis haben wir uns doch alle auf die Brust tätowiert, oder nicht?
„Bin ich denn der Einzige, dem Regeln noch etwas bedeuten?“ (John Goodman in seiner unsterblichen Rolle als Walter Sobchak in „The Big Lebowski“) Bin ich natürlich nicht, und deshalb versuche ich ab sofort, nicht mehr permanent an Corona zu denken. Oder besser: Ich will nicht mehr die Menschen, die mir viel bedeuten, an ihrer Einstellung zu Corona Maßnahmen messen oder auch verurteilen.
Denn wir alle haben ja nicht wirklich Einfluss auf das Geschehen. Wir reden uns vielleicht die Köppe heiß, aber am Ende machen wir alle doch genau das, was die Regierung uns vorschreibt. Ansonsten versucht jeder, egal ob er Lockdown Maßnahmen ablehnt oder befürwortet, die einzelnen Einschränkungen zu umgehen oder zumindest in seinem individuellen Interesse eng auszulegen, wo es nur geht. Was für Heuchler wir doch alle sind!
Jawohl, ich verstehe das schon. Du machst das nicht so und fühlst Dich deshalb auch nicht angesprochen. Vielleicht merkst Du das selber auch nicht oder bist nur einer von diesen kleinen stillen Heimlichtuern. Dann besiege doch Deine Angst und steh doch einmal dazu. Meine Güte, wir wollen doch alle nur in Frieden leben.
Und machen eben nicht alles richtig. Abgesehen davon sollten wir alle das Beste daraus machen und unser Augenmerk darauf richten, dass wir uns nicht über die ganzen Streitereien so weit voneinander entfernen, dass wir uns am Ende nicht mehr in die Augen schauen können. Und genau aus diesem einfachen Grund will ich mit aller Kraft daran arbeiten, das ich meine Freunde nicht mehr anranze, wenn ich ihre Meinung für falsch erachte.
Das mag für viele meiner Freunde überkandidelt klingen, aber ich bin da erblich vorbelastet. In meinem Buch „Das große Raffen“ habe ich dies bereits beschrieben. Ich sag halt immer: Ich bin nicht nachtragend, aber auch nicht vergesslich. Hier muss ich wirklich an mir arbeiten und wieder zu der optimistischen Menschenfreundlichkeit zurückkehren, die mich durch meine an sich prägende Lebenszeit als Twen geprägt hatte.
Und in diesem Zusammenhang verstehe ich nach 12 Monaten Corona unsere Elterngeneration besser als in jenen seligen Jahren der 80er Jahre des vorherigen Jahrhunderts. Denn die hatten ja „damals“ von nichts gewusst. So war z. B. mein Großvater am Anfang der 40er Bahnhofsvorsteher in Polen und seine Tochter, meine Mutter, hatte nicht gewusst, dass in den durchfahrenden Viehwaggons Menschen auf den Weg nach Auschwitz oder Majdanek schrien. Sie dachte, das wären Schweine gewesen, die gequiekt hätten.

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