Samstag, 8. Juni 2019

H. Lecter: Alf


4
Falls ich mich jetzt wiederholen sollte, seht es mir nach, liebe Leute: Während all meiner Urlaube auf dieser wirklich schönen Mittelmeerinsel hatte ich Bier eher selten konsumiert. Das bevorzugte Getränk dort war nun einmal Wodka Lemon, ersatzweise Gin Tonic. Diese Klassiker der Schussgetränke konnten von den Barkeepern schnell zubereitet werden und waren dank eines großzügig bemessenen Anteils an Alkohol auch sehr beliebt.
Hinzu kam, dass in der beliebten Happy Hour am frühen Abend der Umsatz dank „Zwei zum Preis von Einem“ in die Höhe schnellte und ein Bedarf an Bier dank der hohen Schlagzahl, die man eher als Druckbetankung verstehen sollte, nicht vorhanden war. Während mich in späteren Jahren bei einem hohen Alkoholpegel zunehmend Freßattacken befallen sollten, konnte ich seinerzeit problemlos auf eine Bindungsmasse für all die Flüssigkeit verzichten. Um die 90 kg wog ich damals. Wäre schön, wenn ich gewichtsmäßig dort wieder hinkommen könnte. Aber zu Malle.
Wir hatten in unserem ersten Urlaub auf Malle, bei dem übrigens Buck noch nicht dabei war, einen prima Anlaufpunkt für uns gefunden. Der Laden nannte sich „Hofbrauhaus Latino“ und befand sich auf der nächsten Parallelstraße zur Strandpromenade, relativ in der Nähe zur Schinkenstraße, wo sich in späteren Jahren das gröhlende deutsche Mannsvolk und die hässlichen Deutschen treffen sollten.
Wir entdeckten diese Bar aus Zufall , als wir uns nach den Wirrungen des ersten Vormittags in der näheren Umgebung umschauten. Man muss sich das einfach mal vorstellen: Innerhalb weniger Straßenzüge zwischen den Balnearios 5 und 7 ging dort, im „deutschen“ Viertel, tierisch die Post ab. Insbesondere der Balneario 6 war in den 90ern tagsüber derart voll, dass man sich glücklich schätzen konnte, wenn man mit einer kleinen Gruppe von 5 Mann wie unserer einen Tisch ergattern konnte.
Dieses Glück hatten wir im „Ballermann“ 6 dann auch; Schnell war ein Eimer Sangria mit 5 Strohhalmen geordert. Für mich als norddeutsches Schattengewächs waren die hohen Temperaturen, die mich zum Tragen von Sonnenbrille und Baseballkäppi zwangen, im nüchternen Zustand nicht auszuhalten. Dennoch war ich wachsam genug, um nach den ersten Zügen aus dem Eimer zu registrieren, dass sich diese extrem süße Plürre aus billigem Rotwein, Orangensaft und einer ganzen Menge an kleingeschnittenen Früchten am nächsten Morgen wie ein Schraubstock um meinen Kopf legen würde.
Meine Mitstreiter sahen dies wohl anders; Klaus-Ewald konnte es egal sein, da er nur aus Solidarität ein wenig am Halm nuckelte. Ich jedenfalls stieg frühzeitig auf Wodka Lemon um. Max und Moritz ihrerseits kamen bezüglich möglicher Kopfschmerzen ebenfalls nicht in die Bredouille. Alf wurde seinem Ruf als Saufziege vollkommen gerecht und zog wie ein Verdurstender in der Wüste mit aller Kraft am Halm, so dass der Eimer schnell alle war.
Diese lange Erklärung zum Start in den Abend musste ich vorausschicken, bevor ich näher auf das Hofbrauhaus Latino eingehe. Denn Alf drückte beim Trinken das Gaspedal stets von Beginn an durch. Schnell erreichte er seine Betriebstemperatur und erwies sich dann sofort als große Stimmungskanone. Zudem zeigte sich dann auch stets weiblichen Reizen gegenüber aufgeschlossen. Bei all dem Lärm und Gewusel auf den Straßen im deutschen Viertel landeten wir dann eher aus Zufall im Latino.
Da es wohl noch früh am Nachmittag war, erwies sich der Schuppen als gästefrei. Als wir einen langen Gang hinter uns gebracht hatten und nach einer 180 Grad Drehung mitbekamen, dass wir den Innenraum quasi von der Rückseite des Hauses aus betraten, waren wir ob der gähnenden Leere doch überrascht.
Linkerhand befand sich eine kleine Bühne, auf der auch schon ein Schlagzeug und andere Instrumente standen. Eine Band war allerdings nirgendwo zu entdecken. Direkt vor dieser Bühne befand sich eine kleine, vielleicht 25 qm große Tanzfläche aus blankpoliertem Waschbeton. Eingezäunt wurde diese durch ein Holzgeländer, wie auch der Rest des Saales mit einem Holzfußboden ausgestattet war. Zur Straßenseite hin, also dem Eingang gegenüber, befanden sich großzügige Stehtische. Dort schlugen wir unser Lager auf.
Eine junge deutsche Kellnerin kam sogleich auf uns zu und lächelte uns gewinnbringend an; fragte uns nach den Getränkewünschen. Diese Frau war schlank und ausnehmend attraktiv, so dass bei Alf der Jagdinstinkt geweckt wurde. Sicherlich hatte sie dank des bezaubernden Lächelns unser aller Herz erobert, aber Alf, ein Charmeur alter Schule, zeigte sich von seiner besten Seite. Dazu hatte er sich vor Aufbruch in diesen Abend bereits ordentlich mit Parfüm eingedieselt.
Tabac Original war sein After Shave, welches er dermaßen stark aufzutragen pflegte, dass jeglicher Schweißgeruch übertüncht wurde. Wobei… sich im Sommer das Parfüm mit dem Schweißgeruch zu verbinden pflegte, was in Verbindung mit seiner behaarten Brust bei der Damenwelt durchaus auf Interesse stieß.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen