Dienstag, 26. März 2019

Hartmudo: Vitalium


2
Samstag, 9. Februar. Es geht los. Oder doch nicht? Sushi bereitet Probleme. Unsere bald 20 Jahre alte Katze frisst wie ein Scheunendrescher und hat Kacka an den Füßen, am Fell und so weiter. Doch nach einem kurzem Gespräch mit Diana, unserer Catsitterin, konnten wir das entspannter sehen.
Charles und Diana werden vor allem Sushi beobachten, ob sie Symptome einer Krankheit zeigt. Sollte dies der Fall sein, rufen sie uns an und dann ist es von Bad Lauterberg bis nach Hause vielleicht eine Stunde. Das sollte für den Tierarzt reichen. Meine Befürchtung, dass meine Löwin wegen Sushi die Fastenkur absagt, erfüllten sich zum Glück nicht.
Nach einem ausgiebigen Frühstück, sozusagen der Henkersmahlzeit, sind wir dann bereits um kurz nach 12.00 Uhr losgefahren. Geplant war, dass wir uns noch vor Ankunft im Vitalium eine Mahlzeit gönnen würden.
Meine Löwin wollte dies in Braunlage tun, deshalb machten wir den kurzen Schlenker dorthin. In Braunlage wollte sie nochmal nach ihrer alten Lehrstelle, dem Kurhotel Rögner, schauen. Dieses war vor Jahren abgebrannt und ist mittlerweile abgerissen worden. Nicht mal eine Ruine gab es zu sehen; und umdrehen konnten wir auch nicht, weil sich der Verkehr dort fies staute.
Deshalb fuhren wir geradeaus weiter und nahmen einen großen Umweg in Kauf, waren aber kurz vor 14.00 Uhr im Vitalium. Dorthin unterwegs erreichte uns eine Whatsapp von Pocke. Er war alleine losgefahren; Cooper und Patti waren in Braunschweig geblieben. Patti war schlecht drauf, weil es Probleme mit ihren Kindern gab. Aber sie wollte eventuell nachkommen. Ob sie nicht vielleicht doch einfach nur Angst vor dem Fasten hatte?
Kurz vor 14.00 Uhr kamen wir im Vitalium an. Das Hotel liegt an einer Steigung; es gibt lediglich zwei Einbuchtungen zum Be- und Entladen. Meine Löwin fragte an der Rezeption nach, dann stellte ich den Wagen an der unteren Bucht ab und wir konnten unser Gepäck die 48 Stufen hinauf schleppen.
Eine Frau Müller, eine korpulente Dame in unserem Alter mit Brille, begrüßte uns freundlich und wies uns unsere Zimmer zu. Für mich ging es in Zimmer 322, meine Löwin war für die 321 vorgesehen.
Frau Müller gab uns einen Rollwagen fürs Gepäck und dann fuhren wir gemeinsam mit dem Fahrstuhl in den dritten Stock. Ich stellte mein Gepäck nur schnell ins Zimmer hinein, ohne es mir großartig anzuschauen. Als nächstes verließ ich das Vitalium zum Auto, um den Wagen auf einen Parkplatz zu fahren.
Etwas die Steigung hinunter und dann rechts ist eine Zufahrt zu den vom Vitalium angemieteten Parkplätzen. Dort waren noch zwei frei, einer davon für uns. Noch auf dem Parkplatz telefonierte ich mit Pocke, um ihn zu fragen, wo er jetzt sei. Und tatsächlich befand er sich schon in Bad Lauterberg.
Ich ging ihm ein Stück entgegen und wartete. Ruhig und still war es in den Seitenstrassen von Bad Lauterberg am Samstag Nachmittag. Ab und zu fuhren ein paar Autos vorbei, aber Fußgänger waren nicht zu sehen. Der triste graue Himmel ließ lediglich ein schummriges Licht zu. Dabei war es nicht einmal kalt, obwohl vereinzelt noch verharschter Schnee lag.
Und plötzlich bog Pocke mit dem Mercedes um die Ecke und hielt an. Ich stieg ein und zusammen fuhren wir zum Parkplatz. Ich half ihm bei seinem Gepäck mit dem Tragen, trug seinen schweren Rollkoffer. Einige Koffer und eine Kiste blieben im Auto, da dort Sachen von Patti und Cooper waren und Pocke nicht wusste, ob Patti noch kommt. Beim Schleppen des Rollkoffers über die 48 Stufen kam ich ganz schön ins Keuchen. An der Rezeption angekommen, musste ich lange Zeit nach Luft schnappen.
mein Zimmer in der Woche

Das Appartement von Pocke befand sich im Nebengebäude, von der Rezeption vielleicht 50 Meter weit weg. Während er sein Kram dorthin verfrachtete, ging ich auf mein Zimmer und räumte endlich meine Klamotten in den Kleiderschrank ein.
Das Zimmer war schon mal super. Das Bett befand sich gleich rechts neben der Zimmertür. Direkt daneben befand sich das gut eingerichtete Badezimmer, welches gehobenen Ansprüchen durchaus genügte. Da der Raum länglich zugeschnitten war, konnte man gut von dem Bett aus dem gegenüberliegenden Fenster gucken.
Gleich links davon der Schreibtisch mit einem gepolsterten Stuhl - ideal zum Schreiben. Fehlt noch der Kleiderschrank an der linken Zimmerseite, die von einer Einbuchtung zum Berg hin gekrönt wird. Dort stand ein bequemer Sessel mit ausfahrbarem Fußteil. Dort sitzend hatte man einen hervorragenden Blick auf den großzügigen Fernseher an der Wand neben dem Kleiderschrank. Satellit TV, Wlan - alles da. Herz, was willst Du mehr.
Nicht lange darauf trafen wir uns zu Dritt im vorderen Teil des Speisesaals zur Ausfüllung der vom Haus und dem Arzt erwünschten Fragebögen. Zur Begrüßung kredenzte uns der gute Geist des Hauses einen Anis Fenchel Kümmel Tee (den von Goldmännchen). Der gute Geist des Hauses ist eine wohl weit über 80jährige Dame mit Buckel, die permanent lächelt und durch die Gänge schlurft.
Dazu passt die Hausdame. Diese Frau ist schätzungsweise Ende 60 und erklärte uns
Neuankömmlingen einige Gepflogenheiten des Hauses. So hätten wir an dem Tag noch einen Arzttermin, pro Tag konnte man sich eine eineinhalb Liter Flasche Volvic nehmen und Tee könnte man sich auch immerzu selbst zubereiten. Auch sie war äußerst höflich und vor allem zuvorkommend. Uns fiel sofort auf, dass alle Beschäftigten des Hauses engagiert und mit Freude an die Arbeit gingen.
Bis zum Arzt hatten wir noch etwas Zeit. Ich selbst würde um 17.00 Uhr beginnen, danach meine Löwin, Pocke und zum Schluss die abwesende Patti. Für jeden waren 20 Minuten vorgesehen. Bis dahin wollten Pocke, meine Löwin und ich die Stadt erkunden.
In Bad Lauterberg ist die Hauptstraße quasi eine Fußgängerzone, da der PKW Verkehr stark eingeschränkt ist. Zu unserer Freude waren die Läden noch geöffnet. Es gab alles, was das Herz begehrt. Es war noch "Sale" für Schuhe und Kleidung, da ging meiner Löwin das Herz auf. Am Montag würde es scharf gehen.
Zwischendurch meldete sich Patti bei Pocke. Sie war erfreulicherweise doch unterwegs und saß mit Cooper in einer Taxe. In einer halben Stunde würde sie im Vitalium sein. Wir gingen rechtzeitig zum Hotel zurück und setzten uns in den Eingangsbereich. Zur Erfrischung standen dort Gurken- und Zitronenwasser bereit.
Von der Atmosphäre leicht euphorisiert, sprach ich eine junge Frau an, die an uns auf dem Weg nach Draußen vorbeiging. Ich wünschte ihr einen schönen Feierabend, worauf sie lachen musste, da sie selber wie wir Gast im Hotel war. Als sie gleich darauf wieder hereinkam, erzählte sie, dass sie bereits zum dritten Mal mit 2 Freundinnen hier verweilte. Sie war richtig bezuckert vom Vitalium.
Die Frau redete noch, als Cooper wenig später die Treppen heraufgerannt kam und uns überschwänglich begrüßte. Cooper freut sich immer, wenn er meine Löwin und mich sieht. Eine Minute später erschien dann auch Patti mit dem großen Hundekörbchen in den Armen.
Pocke war da schon zum Taxi hinuntergegangen; Patti sagte mir, das ich schnell zu Pocke kommen sollte. Unten am Taxi lieh ich ihm das fehlende Geld für das Taxi. Ach ja: Schon vor dem Gang in die Stadt hatten meine Löwin und ich das Appartement von Cooper und Co gesehen. Wie gesagt in einem Nebengebäude gelegen, hatten die 3 in zwei ebenerdigen Zimmern reichlich Platz. Wir unterhielten uns noch kurz im Speisesaal, dann gingen wir alle auf unsere Zimmer, um uns für den Arzt fertigzumachen.
Schnell streifte ich meine Kleidung ab und stand dann im Schlüpper da. Elegant kuschelte ich mich in den weißen Bademantel, der an der Garderobe hing. Adiletten an und ab zum Arzt im Erdgeschoss.
Für jeden von uns hatte der Arzt 20 Minuten eingeplant. Ich würde um 17.00 Uhr den Anfang machen, danach wären meine Löwin, Pocke und Patti an der Reihe. Laut der Hausdame sollte ich im Aufenthaltsraum warten, bis der Doktor mich zu sich holen würde.
Die Hausdame meinte noch, dass ich mich nicht wundern solle, weil die Tür mit Tapete überklebt wäre. Nun gut, da ich noch etwas Zeit hatte, nahm ich mein Buch mit, um noch etwas zu lesen, bevor es losging. Direkt gegenüber der Treppe befand sich dieser ominöse Aufenthaltsraum.
Zum Flur hin voll verglast, konnte ich drinnen einige Tische und gepolsterte Stühle erkennen. An einem Tisch spielten vier Damen angeregt Karten, auf einem anderen Tisch lag die Tagesausgabe der Welt herum. Ich setzte mich an den freien Tisch vor der bereits erwähnten Tapetentür und schlug mein Buch auf.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen