Dienstag, 12. März 2019

Contramann: Sahra Wagenknecht


http://www.taz.de/Kommentar-Sahra-Wagenknecht/!5576442/
Es ist ja wirklich unfassbar, was Anna Lehmann in ihrem Kommentar zum Rückzug von Sahra Wagenknecht aus der Sammlungsbewegung „Aufstehen!“ und ihrem Verzicht auf eine Kandidatur bei der Wahl eines Fraktionsvorsitzenden der Linken im Herbst schreibt.
Den Machtkampf mit Kipping und Riexinger hat sie sicherlich verloren, da hat Frau Lehmann natürlich recht. Das Sahra Wagenknecht eine „das Boot ist voll“ Haltung vertreten hätte, ist jedoch eine gewollt arg verkürzte Darstellung ihrer Position, welche im Übrigen auch von vielen prominenten Mitgliedern der Linken wie Sevim Dagdelen, Dieter Dehm oder Fabio de Masi geteilt wird.
Die Welle an Flüchtlingen nach Deutschland im Jahr 2015 kam nur deshalb zustande, weil die führenden Industriestaaten ihre Gelder für die Flüchtlingsorganisation der UN stark zusammengestrichen hatten, so dass die Flüchtlinge der Lager in Jordanien, Türkei und Syrien nicht mehr ernährt werden konnten. Dass Frau Merkel dann auch noch auf das Dubliner Abkommen pfiff und die große Masse an Flüchtlingen ins Land ließ, bloß um hinterrücks über Erdogan (wohl auch Orban) die Grenzen endgültig dicht zu machen, sollte man auch nicht vergessen.
Es war Sahra Wagenknecht, die als einzige etablierte Politikerin in Deutschland darauf hingewiesen hatte. Dazu beharrte sie mit wenigen anderen darauf, dass es vorrangig darum gehen muss, die Kriegsursachen im Nahen Osten wie den Waffenhandel (gerade der Deutschen) oder den militärischen Einsatz der USA zu bekämpfen. Kipping und Riexinger hielten sich hierbei vornehm zurück.
Wenn ich dann noch lesen muss, dass Herr Riexinger bei der Leonberger Bausparkasse gelernt hatte und über die dortige Gewerkschaftsarbeit zur Politik gekommen ist, wundert mich seine EU-freundliche Haltung in Finanzfragen gar nicht mehr. Und Frau Kipping ist, wie Frau Lehmann auch, für mich leider ein Beweis für die unschöne These, dass die Frauenquote in der Politik dieselbige qualitativ verschlechtert. Stutenbissigkeit hat in der Politik nichts zu suchen.
Vollends zum Horst macht sich Anna Lehmann am Ende ihres Kommentars mit der unverschämten Idee, Sahra Wagenknecht bei den nächsten Landtagswahlen noch als populäres Zugpferd für die Linke zu nutzen, um die drohenden Stimmenverluste abzumildern. Jemanden zu diffamieren und ihn trotzdem noch für sich arbeiten lassen zu wollen zeugt von einem Menschenbild, welches ich in meiner näheren Umgebung nicht dulden möchte.
Witzigerweise traut selbst der Spiegel in seiner aktuellen Kommentierung Sahra Wagenknecht einen Zuspruch von 35% bei der imaginären Kanzlerfrage zu. Dies zeigt auf, dass die Ansichten einer Sahra Wagenknecht in weiten Kreisen der deutschen Bevölkerung geteilt werden, bloß offenbar in ihrer eigenen Partei nicht. Die Linke wird über kurz oder lang unterhalb der 5% Hürde landen, mein Tipp. Eher schneller, falls sich die Linke jetzt spaltet und Wagenknecht einen neuen Versuch mit einer neuen Partei startet.
Generell kann ich Sahra Wagenknecht nur zu ihrem Entschluss beglückwünschen, sich weitgehend aus der Verantwortung zurückzuziehen. Zurückzustehlen, würde es Frau Lehmann nennen. Doch gerade diese Journalistin, die als Ressortleiterin Inland der Taz aufzeigt, wie tief der professionelle „linke“ Journalismus mittlerweile gesunken ist, ist ein Grund mehr, sich nicht mehr von Kipping und Co weiter angreifen zu lassen – auf Kosten der eigenen Gesundheit, wohlgemerkt.
Wer etwas anderes meint, ok. Der möge mich aber nicht auf das Thema Mobbing ansprechen, denn dann werde ich griffig!
Ich persönlich hatte mich ursprünglich bei Aufstehen! registrieren lassen, bin aber nie aktiv geworden. Aus eigener leidvoller Erfahrung als Ansprechpartner eines Nachdenkseiten Gesprächskreises weiß ich, dass nur zwei Arten von Menschen bereit sind, sich für eine „gute“ Sache wie den politischen Neustart einer gerechten Gesellschaft einzusetzen.
Es handelt sich dabei entweder um machtgeile Typen, die wissen, wie die Welt sich dreht und die ihre Ansichten bei Bedarf schneller als die Windrichtung wechseln, wenn es ihrem Machterhalt dient. Oder aber es sind verbohrte und dogmatische Spinner, die bereits ob ihrer kruden Weltsicht bei anderen Parteien oder Organisationen abgeblitzt sind. Ich denke, Sarah Wagenknecht hat das jetzt endlich selbst begriffen und die notwendige Konsequenz gezogen. Bravo, Sahra! Meinen Respekt hast Du.
Aufstehen heißt aufwachen. Und das funktioniert nur durch die Zerstörung des Luxus. Indem das gesamte Internet gekappt wird, alle Medienlandschaften und Fernsehprogramme zerstört werden. Dann, und erst dann, stehen die Leute auf.
Das ist der Grund, weswegen die Aufstehen Bewegung scheitern musste.
So kann ich sagen: Willkommen im Club, Sahra. Falls Du doch irgendwann wieder die Kraft findest, die Politik aufzumischen und die Menschen daran erinnerst, dass es auch anders, weil besser, geht, dann bekommst Du von mir eine positive Kritik.

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