Montag, 29. Januar 2018

Hartmudo: Jersey 8/x


8
Witzigerweise befanden sich ganze Batterien von blauen Reisebussesseln in der großen Wartehalle für die Passagiere des Katamarans. Man könnte sie aber auch als Flugzeugsitze bezeichnen, so wie sie aufgestellt waren. In Dreierreihen hintereinander kommt augenblicklich ein richtiges Flugfeeling auf, obwohl die Stewardessen fehlten. Statt Saftschubsen gab es aber einen Imbissstand mit Sandwiches und Co – Donuts und Muffins nicht zu vergessen. An der Seite verkauften sie frisch gemachten Biokaffee. Wer so was braucht...
Bei dem Preis konnte es nur Biokaffee gewesen sein, den wir da in Form von 2 Cappuccino käuflich erworben hatten. Dazu kam, dass wir ungewohnt lange auf unsere To Go Becher warten mussten. Als wir uns nach Erhalt des heißen Getränks in eine der vielen Sitzreihen fallen ließen, konnten wir uns zumindest von dem Wohlgeschmack des Cappuccinos überzeugen.
Während wir so da saßen und die Atmosphäre in uns aufsaugten, regnete es draußen unaufhörlich. Zusätzlich brauchte der Kahn noch etwas Zeit, bevor er endlich ablegte. Den mittlerweile leichten Nieselregen konnten wir dann gut aushalten, wollten wir doch das Auslaufen aus St. Helier mitverfolgen. Bei weiterhin grauem Himmel ließen wir uns den nassen Wind um die Nase wehen.
Frisch war es da draußen an Deck, so dass wir uns bereits nach kurzer Zeit drinnen wieder aufwärmen mussten. Innen angelangt, gingen wir über eine breite Treppe, die sich in der Mitte des Decks befand, auf eine Empore. Dort befanden sich – wie überraschend – ebenfalls ganze Batterien der blauen Flugzeugsitze. Und eine Bar für den durstigen Säufer. Nein, nicht für mich. Kein Bier zu dieser frühen Stunde, erst abends war es Zeit, die Gerste frei zu lassen.
Also setzten wir uns wieder hin und warteten… dass der Duty Free Shop endlich öffnete. Die Mannschaft ließ sich nun wirklich reichlich Zeit mit der Öffnung des Ladens, aber irgendwann, fast schon am Ende der Überfahrt, war es dann endlich soweit. Voller Erwartung stürzten wir in den Laden, der sich kleiner als ein Aral Shop präsentierte. Das hielt meine Löwin und mich natürlich keineswegs davon ab, den Shop genauestens zu untersuchen. Es stellte sich jedoch heraus, dass die Preise denen in Deutschland ebenbürtig waren; und das, obwohl wir hier über einen zollfreien Einkauf reden. Egal ob Parfüm, Schnapps oder Schokolade: Diese Artikel gibt es auch in Deutschland zu kaufen.
Ausnahmen hiervon waren die verschiedenen Whiskey oder Gin; Cadbury Schoki und Basset Winegums sind zwar nett, waren aber bei Foodhall sicherlich nur geringfügig teurer, wenn überhaupt. Deshalb verließen wir den Shop unverrichteter Dinge nach kurzer Zeit wieder. Der Shop machte eh in Kürze zu, denn die Küste von Guernsey war schon in Sicht. Also gingen wir schnell raus an Deck, um den Einlauf in Guernsey zu beobachten.
Hafeneinfahrt Guernsey

Bei diesigem Wetter tauchte die Insel quasi aus dem Nebel auf. St. Peter Port ist das Zentrum der Insel. In diesem Ort leben die meisten Bewohner, hier läuft alles zusammen. Die Hafeneinfahrt wird von einem alten Kastell umarmt. Eine steinerne Mauer führt noch weiter aufs Meer hinaus, an der Spitze ist ein Leuchtturm. Und noch ein Unterschied zu St. Helier fiel uns sogleich ins Auge: Das Hafenbecken war voller Wasser und somit lagen hier auch die Yachten nicht auf dem Trockenen.
Kurze Zeit später verließen wir den Kahn; runde 8 Stunden würden wir jetzt auf Guernsey verbringen. Wir hatten uns bislang nicht wirklich einen Plan für diesen Besuch der Nachbarinsel von Jersey überlegt, da alles, was wir Sehenswürdigkeiten und Attraktionen im Reiseführer gefunden hatten, bei diesem Wetter einfach nicht durchführbar war. Selbstverständlich regnete es bei unserer Ankunft in Strömen.
Guernsey hat, ähnlich wie Jersey, nichts richtig Spektakuläres zu bieten. Museen über Waffen oder die deutsche Besatzung während des zweiten Weltkrieges wären eine Alternative, wenn unser Aufenthalt länger als 3 Tage gedauert hätte. Mehr als ein allgemeiner Rundblick war für uns eh nicht machbar gewesen, dies galt insbesondere für Guernsey. Und noch stärker als auf Jersey richtet sich das touristische Angebot in den Reisekatalogen an Radfahrer und Wanderer. Im Oktober diesen Jahres war das nicht angezeigt, was ich schade fand, da ich mir das vorher insgeheim gewünscht hatte.
Daher gedachten wir den Aufenthalt auf Guernsey zunächst im Bus zu verbringen. Dank der guten Erfahrungen mit Libertybus auf Jersey wollten wir uns hier in den Bus setzen und einmal um die Insel fahren. Mit Hilfe von Google und einem Prospekt bzw. Karte war der zentrale Busbahnhof von St. Peter Port schnell gefunden; einfach nur die Hafenstraße links vom Anleger weg und dann mit Kapuze vor der Stirn durch den Regen gehen.
endlich ein Foodhall

In unmittelbarer Nähe des Anlegers sichteten wir zu unserer großen Freude einen Foodhall, den wir auch sofort betraten. Meine Löwin brauchte noch etwas zu trinken für die bevorstehende Busfahrt, ein Päckchen Shortbread Fingers sollte eine Unterzuckerung vermeiden, da wir nicht wussten, wie lange die Fahrt um die Insel dauern würde. Dieser Foodhall war sehr übersichtlich sortiert. Kaum größer als ein Kiosk, aber wir hatten beim Verlassen des Ladens unsere ersten Guernsey Pfund vom Wechselgeld her in der Hand.
Die beiden Inselwährungen – Jersey Pfund und Guernsey Pfund – sind gegenüber dem britischen Pfund mit einem festen Wechselkurs gesegnet. Die Sinnhaftigkeit einer eigenen Inselwährung vermag sich mir deshalb nicht zu erschließen, aber die spleenigen Briten pflegen ihre Traditionen bekanntlich mit großer Begeisterung. Die Kanalinseln sind eben nicht Bestandteil von Großbritannien. Sie sind auch keine übriggebliebene Kronkolonie. Als Kronbesitz unterstehen sie direkt der Queen und sind auch nicht ein Teil der europäischen Union. Der damit verbundene, besondere Status und die Eigenschaft eines Steuerparadieses war der EU deshalb immer ein Dorn im Auge gewesen.

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