Freitag, 5. Januar 2018

Uncle Fester: grad gelesen noch Januar 2017

Alastair Reynolds – Enigma (Poseidon`s Children 3)
Auf gehts - noch ein paar Jahrhunderte später - mit dem (vorerst?) letzten Band. Satte 950 Seiten galt es diesmal zu bewältigen. Mittlerweile sind wir im Jahr 2640 angekommen. Reynolds arbeitet in dem Abschlussband der Triologie wieder mit zwei Handlungssträngen.
Kanu ist alt und weise geworden. Als Botschafter der vereinten Wassernationen auf dem Mars beginnt er seinen Handlungsstrang. Der zweite Strang startet auf Crucible mit Goma, der Tochter von Ndege, die sich auf Crucible zusammen mit ihrer Frau Ru um die letzten Tantoren kümmert.
Ausgangspunkt für beide Handlungsstränge ist aber ein Funkspruch des fernen Systems Gliese 163. „Schickt Ndege“ lautet die kurze Botschaft. Und sofort ist nicht nur dem Leser, sondern auch den entscheidenden Leuten auf Crucible wie den Maschinenintelligenzen auf dem Mars klar, dass diese Botschaft nur von Eunice, Chiku Grün und Dakota, einer Tantorin, die Ende des zweiten Bandes zusammen mit Chiku und Eunice entführt worden war, stammen kann.
Kanu und die anderen Botschafter untersuchen ein abgestürztes Raumschiff von Aktivisten, die den Mars von den Maschinenintelligenzen befreien wollen, da diese den Mars mittlerweile komplett übernommen haben. Die ursprünglich von June Wing kreierten KI können den Mars dank einer Blockade durch Kampfraumer der Erdflotte nicht verlassen.
Kanu stirbt bei diesem Attentat, kann aber nicht zuletzt dank der Hilfe von Swift, einer Maschinenintelligenz, die sich gern als englischer Adliger mit Zylinder manifestiert, wieder ins Leben zurückgeholt werden. Geschickterweise integrieren die Maschinenintelligenzen Swift im Gehirn von Kanu, so dass sie nun erstmals außerhalb des Mars aktiv werden können.
Dieser weiß nichts von seinem Glück und fliegt auf die Erde nach Lissabon, um dort seine Exfrau Nissa wiederzutreffen. Nissa ist Kunstexpertin und forscht nach Kunstgegenständen von Sunday Akinya, die im 27. Jahrhundert endlich als Künstlerin berühmt wurde, was ihr zeitlebens missgönnt war. Kanu und Nissa finden schnell wieder zusammen.
Nissa will auf dem Jupitermond Europa Skulpturen von Sunday erwerben und nimmt Kanu mit. Dieser wiederum erfährt durch Swift von der kurzen Botschaft und nutzt diese Möglichkeit, um ein altes Raumschiff der Akinyas zu erhalten, welches dort vom Markgraf, einem Warlord in dieser wunderschön geschilderten Umgebung einer Unterwasserwelt, aufbewahrt wird. Dieses Schiff ist mit einem ultramodernen Chibesa Antrieb ausgestattet; Damit plant Kanu, die Reise nach Gliese 163 anzutreten.
Doch da die Erdstreitkräfte Kanu wegen Swift als Bedrohung ansehen, greifen sie Markgraf an, während sich Kanu mit Nissa entzweit. Kanu flieht mit der „Eisbrecher“ von Europa und nimmt Kurs auf Gliese 163. Markgraf erweist sich als Ehrenmann und bringt die auf Kanu extrem saure Nissa vor den Erdstreitkräften in Sicherheit - auf der Eisbrecher. Kanu und Nissa bleibt nur, sich für die jahrhundertelange Reise in den Tiefkühlschlaf zu begeben.
Die Botschaft war ja eigentlich an Ndege auf Crucible gerichtet. Doch Ndege ist seit 100 Jahren in Ungnade gefallen und steht unter Hausarrest, weil sie bei der Erforschung des Mandalas von Crucible einen Unfall verursacht hatte, der 400.000 Siedler das Leben kostete und die Überreste der Sansibar auf eine Reise ins Ungewisse schickte. Zum Glück konnte ihr Bruder Mposi sie vor dem Mob beschützen, da er als Diplomat die entsprechenden Kontakte spielen ließ.
Aufgrund der Botschaft und dem sanften Druck durch Mposi rüstet die gefestigte Gemeinschaft von Crucible, die den Planeten zivilisieren konnte, eine Expedition nach Gliese 163 aus. 54 Plätze hat das Raumschiff; Mposi ist selbstverständlich mit an Bord. Für die an und für sich gerufene Ndege, die zu alt und gebrechlich geworden ist, fliegt ihre Tochter Goma mit. Deren Ehefrau Ru ist ebenfalls mit von der Partie und wird eine tragende Rolle in diesem Roman einnehmen.
Goma wie Ru hatten sich um die Nachfahren der Tantoren und Elefanten der Sansibar gekümmert. Diese werden von Generation zu Generation dümmer, so dass sich die über Jahrhunderte erreichten Erfolge einer Förderung der Intelligenz von Elefanten verflüchtigen. Ebenfalls mit an Bord der „Travertine“ sind aus Gründen der Homogenität Kritiker einer Ausbreitung der Menschen im Weltraum namens „die zweite Chance“.
Mposi vermittelt während der Reise zwischen der Kapitänin Gandhari Vasin und dem Anführer der Ausdehnungsgegner namens Korsakow. Mposi befürchtet, dass ein Anschlag oder Sabotage den Erfolg der Travertine verhindern soll. Ehe er jedoch den Saboteur ausfindig machen kann, wird er ermordet. Grave, ein Vertrauter von Korsakow, wird trotz Beteuerung seiner Unschuld für schuldig befunden und zwangsweise in den Tiefschlaf versetzt.
Als die Travertine nach einem Jahrhundert Gliese 163 erreicht, treffen sie dort eine ganze Armada von Wächtern an, die den Wasserplaneten Poseidon in großer Entfernung beobachten. Auf dem vollständig mit Wasser bedeckten Poseidon ragen riesige Räder aus dem Wasser heraus, die offenbar auf dem Meeresboden stehen. Um den Planeten sind mehrere Monde aus dem gleichen Material platziert. Es handelt sich um die Hinterlassenschaft der M Baumeister, M wie Mandala.
Beim Anflug auf Poseidon wird die Travertine von den Monden fast zerstört und rettet sich auf den Planeten Orison, weil die Besatzung einen Funkspruch von Eunice von dort auffangen konnte. Eunice war einst mit Chiku und Dakota ins System Gliese 163 gebracht worden. Und auch die Reste der Sansibar befinden sich im Asteroidensystem in der Nähe. Doch nachdem Chiku verstorben war, übernahm wohl Dakota die Kontrolle auf der Sansibar und tötete lt. Eunice die Menschen auf dem Schiff. Lediglich die meisten Siedler, die immer noch im Tiefschlaf liegen, könnten eventuell noch wiedererweckt werden. Eunice rettete sich mit 6 treuen Tantoren ins Exil auf Orison und hatte den Funkspruch abgesetzt.
Als Dr. Nhamedjo Ru ein Virus spritzt, um die Tantoren zu töten, klärt sich endlich die Identität des Saboteurs auf. Dr. Nhamedjo bezahlt seine Tat mit dem Leben, aber auch 2 Tantoren müssen dran glauben. Grave wie auch Korsakow sind damit rehabilitiert, spielen aber im weiteren Verlauf der Geschichte keine Rolle mehr. Reynolds wirft damit die Charaktere förmlich weg. Er hat ja auch genug tragende Figuren zur Verfügung, aber ich hätte mir da mehr von der „zweiten Chance“ erhofft.
Derweil haben Kanu und Nissa das Wrack der Sansibar erreicht und werden von Dakota unter Druck gesetzt, einen Transporter zur Landung auf einem der Räder auf Poseidon umzubauen. Dakota droht damit, die noch im Tiefschlaf befindlichen Menschen zu töten, falls Kanu nicht kooperiert. Kanu wie auch Swift versuchen sich zwar zu widersetzen, aber Dakota ist einfach zu schlau.
Denn Dakota wurde von den Wächtern mit einer nochmals verstärkten Intelligenz ausgestattet. Auch Eunice wurde von den Wächtern nach der Entführung optimiert. Aus dem Roboter machten sie ein menschliches und unsterbliches Wesen aus Fleisch und Blut. Von Chiku Grün wird im Roman nur kurz berichtet, dass sie sich um die Tantoren gekümmert hatte und sich gegen eine Optimierung durch die Wächter sträubte. Lapidar wird nur noch erwähnt, dass sie irgendwann stirbt. Und wieder wirft Reynolds eine tragende Figur einfach weg. Schade.
Die Wächter stellen sich als Maschinenintelligenz heraus, die so intelligent sind, dass sie ihr Bewusstsein verloren haben und deshalb von den M Baumeistern geschnitten werden. Wobei die Räder auf Poseidon wie auch die Monde lediglich ein automatisiertes Verteidigungssystem darstellen. Die M Baumeister selbst haben sich wohl in einem nicht näher bezeichneten Raum zwischen den Universen zurückgezogen.
Denn das Universum ist vergänglich. Kanu und Nissa wird das „Grauen“ beim Anflug auf Poseidon vermittelt. Die M Baumeister waren der Meinung, dass alles vergänglich und deshalb ohne Bedeutung ist. Religion, Kinder… Bauwerke – alles ohne Bedeutung. Und Kanu glaubt das auch noch! Dies ist eine Schwäche dieses Zyklus: Das die wohl am höchsten entwickelten Intelligenzen des Universums so einen Schmarrn als letztendliche Weisheit verkaufen, ist mir zu billig. Nissa kann Kanu zwar vom Gegenteil überzeugen, aber allein dass Reynolds dies als als Motivation der über die 3 Bände als geheimnisvolle Instanz hinter den Kulissen wirkenden M Baumeister verkauft, ist dann doch etwas mau.
Jedenfalls landen, nein stranden Kanu, Dakota und Nissa auf Poseidon in der Nabe eines Rades und müssen von Eunice, Goma und Ru gerettet werden. Dakota stellt sich doch noch als guter Charakter heraus, stirbt aber während der Rettungsaktion. Hektor ist dann der einzig überlebende Tantor aus der Gruppe um Dakota, die über ein Jahrhundert eine stabile Zivilisation von Tantoren auf der Sansibar geleitet hatte.
Denn Eunice hatte vorher noch das Mandala im System aktivieren können dank der Codes, die sie von Ndege entliehen hatte. Die Mandalas sind wohl über das gesamte Universum verteilt und bilden ein Netzwerk von Transportern. Während Nissa am Ende im Sterben liegt, opfert sich Eunice, um die fast sterbende Ru zu retten. Ru und Goma sind am Ende zur Erde über Crucible unterwegs, um das Herz von Eunice zum Anfangspunkt der Story zu bringen: Der Farm der Akinya am Kilimandscharo.
Doch sie kommen nur bis Crucible. Dort ist nochmal ein Jahrhundert vergangen und Goma wie Ru sind dort fremd, werden aber zur Betreuung der überlebenden Tantoren von Orison und Hektor benötigt. Kanu macht sich auf den Weg zur Erde. Mit Nissa, die er dort von den Ärzten zu retten hofft und dem Herz von Eunice.
Die letzten 4 bis 5 Seiten gehören dann der Sansibar und Dakotas Vertreter Memphis, der die Tantoren dort trotz aller Widrigkeiten an einem unbekannten Ort anführen wird. Ein sehr schlampiges Ende meiner Meinung nach; das Ganze schreit nach einer Fortsetzung. Die kommt aber wohl nicht, so dass ich annehme, dass sich Reynolds am Ende einfach in der Story verrannt hatte und den Ausgang nicht fand. Schön und spannend zu lesen war es allerdings, Reynolds kann Geschichten ja auch packend erzählen.
Dem Autor werde ich daher treu bleiben.

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