Sonntag, 24. Dezember 2017

Hartmudo Spezial: Mutter

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Nach dem Gespräch mit dem Pastor verabschiedete ich mich von meinen Schwestern und Reiner, der schon bei den Autos wartete, weil er Sunny abholen wollte. Von der anderen Straßenseite kam zeitgleich meine Löwin zu uns, die ebenfalls angereist war, weil wir heuer noch den Imbiss nach der Trauerfeier im „La Vita" buchen wollten.
Überhaupt meine Löwin. Sie unterstützte mich mit großer Tatkraft schon die ganze Zeit, seitdem es Mutter schlechter ging. Trotz der Differenzen und dem gehässigen Brief, den Mutter meiner Löwin nach dem Tod von Walter geschrieben hatte, war sie ohne Zögern über ihren Schatten gesprungen und half mit Rat und Tat bei der Unterstützung unserer Mutter. Hierbei trat Reiner übrigens in keinster Weise in Erscheinung, und auch Bud fuhr allerhöchsten mal mit ins Krankenhaus.
Dieses „Kümmern" ist zugegebenermaßen Sache der Kinder, also uns drei Geschwistern. Denn wir Kerle haben für so etwas keine Ader, ich auch nur deshalb, weil es ja meine Mutter ist. Egal, meine Löwin war schon seit Wochen sehr engagiert gewesen. Auf ihre, nicht meine, Initiative hin waren wir mit Mutter schon seit dem Frühjahr zweimal im Bravo-Park frühstücken und einkaufen. Meine Löwin begleitete mich auch oft bei Besuchen in Mutters Wohnung oder Krankenhaus, auch im Heim. Es war zwar schon 3 Jahre her, dass Mutter meine Löwin im Brief anpöbelte. Aber trotzdem achtete meine Löwin penibel darauf, dass ich mich wenigstens am Muttertag und ihrem Geburtstag bei Mutter melde, obwohl ich ja auch mit Mutter „gebrochen" hatte, weil sie mich mit den Beerdigungskosten für Walter im Regen stehen ließ und mir verschwiegen hatte, dass das Testament von Walter ungültig war. Sowohl Bertas Familie als auch meine Löwin und ich hatten seinerzeit richtiggehend geackert und Walters Wohnung geräumt, auch hier zeigten Sunny und Reiner keinen Einsatz. Ich weiß noch, das Bud seinerzeit fast zusammengeklappt wäre.
Das alles wollte ich an dieser Stelle nochmals erwähnen. In all den Jahren seit Vaters Tod hatte ich noch den engsten Kontakt zu unserer Mutter gehabt. Nachdem ich Anfang des Jahrtausends meine Löwin kennengelernt hatte, haben wir beide uns über 10 Jahre lang regelmäßig um Mutter und Walter gekümmert. Mit dem Butler Bonusheft klapperten wir die Restaurants ab, zu Geburtstagen und anderen familiären Aktivitäten waren stets wir es, die die beiden abgeholt und später nach Hause gebracht hatten. O.K., einige Male hatten das Berta und Bud übernommen. Die Beiden hatten Walter auch beim Räumen seines Häuschens am Steinhuder Meer geholfen, als sein Pachtvertrag dort ablief.
Während all dieser Jahre war der Kontakt meiner Mutter zu Sunny und Reiner eher spärlich zu nennen. Höchstens telefonisch hatten sie Kontakt; wie häufig, kann ich nicht sagen, weil Mutter ja die unschöne Eigenschaft hatte, nichts zu erzählen. Lieber beschwerte sie sich beim jeweils „Anderen“über eines von uns Kindern.
Erst nach dem Bruch zwischen Mutter und mir ist wohl ein engerer Kontakt zwischen Sunny und Mutter zustande gekommen. Das alles wollte ich an dieser Stelle vorab einmal klarstellen, weil sich Sunny im Verlauf der Beerdigung wie auch dem Auflösen von Mutters Haushalt gebärdete, als ob sich außer ihr niemand um Mutter gekümmert hatte.
Meine Löwin unterstützte mich, besser gesagt uns - also uns Geschwister - bei den diversen Abläufen in der ganzen Zeit mit großem Engagement, ohne uns Vorschriften zu machen. Die Männer meiner Schwestern hielten sich komplett raus, weil sie sich nicht einmischen wollten und meinten, das dies unsere Sache wäre. Das meinte meine Löwin auch, und deshalb machte sie auch nur Vorschläge, wenn wir irgendwie rumeierten. Denn die Erfahrung meiner Löwin bei der Organisation anlässlich des Todes ihrer Eltern kam uns so zugute.
Hierzu möchte ich nicht unerwähnt lassen, das ich während dieser ganzen Angelegenheit, also schon seitdem es Mutter schlechter ging und sie noch nicht im Heim war, des Öfteren übellaunig gestimmt war und meine Löwin mir dies tapfer nachgesehen hat. Oder mich in den Arsch getreten hatte, als ich es brauchte. Das war leider öfters der Fall gewesen.
Und nach dem Gespräch beim Pastor unterstützte mich meine Löwin bei der Planung des Imbisses nach der Trauerfeier, wobei sich ihr Know How als nützlich herausstellen sollte. Berta und Sunny ließen uns freie Hand bei der Gestaltung und Planung. Berta, weil sie uns vertraut, und Sunny, weil es mit Arbeit verbunden und es damit nichts „zu holen" gab, möchte ich mal böswillig behaupten. Vielleicht tue ich ihr damit Unrecht, doch Sunny musste sich natürlich wieder um ihre Pferde kümmern. Nichts Neues also.
Das klingt trotzdem gehässig? Werter Leser, ich schreibe diese Zeilen bald 2 Monate später und in diesem 2 Monaten hat sich viel getan. Ich hatte das in dem Moment, zwei Tage nach Mutters Tod, noch nicht so gesehen. Insofern greife ich hier vor. Jedenfalls verabschiedete ich mich auf dem Parkplatz von meinen Schwestern und ging mit meiner Löwin ins „La Vita".
Der Besitzer lächelte nett und bat uns, erst einmal in Ruhe etwas zu essen, was wir sowieso vorhatten. Wir würden noch genug Zeit zur Absprache des Imbisses haben. Das war uns sofort verständlich, da der Besitzer gänzlich allein viele Tische bedienen musste. Schließlich war es ausgehender Nachmittag und nicht wenige Leute bevölkerten die Tische, sie warteten ungeduldig auf ihre Bestellung.
Meine Löwin und ich hatten wohl beide Nudeln, oder hatte ich eine Pizza? Nach zwei Monaten weiß ich das schon nicht mehr, nur das meine Löwin und ich mit dem Essen sehr zufrieden waren. Die Speisekarte vom La Vita ist zwar sehr übersichtlich, aber ich finde das eher positiv, da die Speisen ausgezeichnet waren und zu einem geringen Preis angeboten wurden.
Nachdem wir also rundherum zufrieden waren, setzte sich endlich auch der Chef zu uns. Patti hatte mir vorab erzählt, dass der Besitzer vorher im Ivent im Heidberg als Koch gearbeitet hätte. Das konnte uns der Besitzer des La Vita so nicht bestätigen – denn er war dort der Chef, also der Betreiber gewesen. Warum er dann jetzt so eine kleine Pizzeria betreibt, wollte ich ihn nicht fragen, weil ich die Antwort eventuell angezweifelt hätte.
Weil das Essen im „La Vita“ top war, hörten wir uns die Vorschläge des Wirts in Ruhe an. Er wollte den Imbiss mit einer Tomatensuppe beginnen, was an sich schon mal gut ist. Dazu wollte er Baguettescheiben mit Aioli kredenzen. Das kannten wir schon aus dem Ivent, die Aioli war dort immer Klasse. Anschließend wollte er uns, quasi als Hauptgang, geachtelte Pizzen als Fingerfood servieren. Eine sehr schöne Idee; Meine Löwin bat noch darum, bei den Pizzen auch vegetarische Varianten mit hinzuzunehmen. Sie selbst ernährte sich seinerzeit überwiegend vegetarisch; und der eine oder andere Gast wohl auch.
Sunny hatte sich im Vorfeld einen schlichten Nachtisch gewünscht, Pudding oder so etwas in der Art. Dies wollte der Wirt zum Abschluss auch hinstellen, empfahl uns aber dringend sein Tiramisu, welches Klasse sein sollte. Zum Beweis gab er uns ein wenig davon zum Probieren, was soll ich sagen... Wir bestellten noch eine Schüssel Tiramisu zu dem Pudding.
Er wollte uns zwei Zehnertische für die ca. 20 Personen eindecken. Zusätzlich würde er vor seinem Laden einen weiteren Tisch für die Raucher reservieren. Das hörte sich alles hervorragend an, und so bestellten wir den Imbiss nach der Trauerfeier in seinem Laden. Kaffee oder Bier würde er uns auch noch reichen können. Über den Preis sprachen wir gar nicht, da hatte ich nicht daran gedacht oder wollte nicht geizig erscheinen. Ich weiß es nicht mehr, jedenfalls waren Essen wie auch der Preis sehr gut, soviel kann ich an dieser Stelle sagen.
Anschließend fuhren wir nach Hause. Der Tag war anstrengend gewesen, aber wir hatten viel erreicht. Ich setzte mich zuhause noch hin und guckte nach einer deutschen Version von „La Vie en Rose". Selbst von Vicky Leandros gab es da eine Version, das war mir neu. Als ich vorsichtshalber den deutschen Text des Liedes im Netz recherchierte, beglückwünschte ich mich zu diesem Schritt. „Schau mich bitte nicht so an" klingt nicht wirklich gut als Musik zum Gedenken, während man in einer Kirche sitzt und um einen Verstorbenen trauert.
Daher entschloss ich mich zum Original von Edith Piaf zu greifen, ihre Stimme ist ja unerreicht. Ich bannte den Song auf eine CD und brachte diese am nächsten Tag nach der Arbeit im Bestattungsinstitut vorbei. Den Rest erledigte der Bestatter, was auch gut war, denn so konnten wir uns in Ruhe auf den Tag der Trauerfeier vorbereiten.

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