Freitag, 8. Juli 2016

H Lecter: Onkel Hotte 3/x

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Insbesondere Onkel Hotte tat diese spürbare Missachtung durch unsere Mitreisenden weh. Nachdem wir – wohl aus lauter Frust – die Schlagzahl nochmals gesteigert hatten, wankte der inzwischen schon etwas angeschlagene Hotte zum Tisch hinüber und blubberte die Mannschaft voll.
Walter und Co hatten zwischenzeitlich Essen bestellt und ließen es sich schmecken, da störte Hotte verständlicherweise erheblich. Erschwerend kam die Wirkung eines schwer lallenden und etwas schwankenden Hotte auf die Toleranzbereitschaft der mitgereisten Damen hinzu, so dass selbst Hotte irgendwann mitkriegte, dass er wohl zur falschen Zeit am falschen Tisch saß.
Ich selbst sah dies nur aus der Entfernung des Tresens, da ich einige Mühe hatte, mich auf dem Barhocker zu halten. Jetzt rächte es sich, dass ich nichts gegessen hatte. An den mittlerweile mehr als 10 Wodka-O oder Gin Tonic kann es jedenfalls nicht gelegen haben; Wahrscheinlich hatte ich auch die knallende Sonne unterschätzt. Da half selbst mein Baseball Käppie nicht.
Irgendwann nach dem Essen setzten wir uns dann doch noch an den Tisch zu den Anderen, da war bei Hotte natürlich schon längst alles auf Krawall gebürstet. Die immer tiefer stehende Sonne setzte mir am Tisch erheblich zu, ohne meine Trinkgeschwindigkeit beeinträchtigen zu können.
Lediglich meine Zunge wurde immer schwerer. Hier kann man getrost von einer eingeschränkten Kommunikationsfähigkeit sprechen. Für Onkel Hotte galten da schon immer andere Maßstäbe; er drehte jetzt gerade erst auf und redete immer lauter auf Walter ein, während wohl die tief stehende Sonne mich mehr und mehr verstummen ließ.
Mitten in der Nacht schlug ich dann die Augen auf. Ob durch irgendwelche Ritzen der Mondschein etwas Licht spendete oder ein Lichtschalter eingeschaltet geblieben war, weiß ich heute nicht mehr. Was ich weiß, ist folgendes: Unter meinem Körper lag ein Haufen an Sitzauflagen für die Terrassenstühle des Restaurants. Die dazugehörigen weißen Stühle standen im selben Raum. Aufgestapelt. War da noch ein Regal mit Lebensmitteln o.ä.? Kann sein, auf alle Fälle war ich nicht in unserem Appartement.
Wie ich dort hinkam, wusste ich da natürlich noch nicht. Dankenswerterweise war die Abstellkammer nicht abgeschlossen. Dunkel war es, der Mond schien helle, als ich ins Freie trat. Sämtliche Stühle waren hochgestellt, das Restaurant war geschlossen. Nur das Rauschen des Meeres war zu vernehmen, welches sanft gegen den Sandstrand brandete. Ernüchtert schlich ich ins Appartement und legte mich in die Küche auf die Matratze, um meine unterbrochene Nachtruhe fortzusetzen.
Hotte war wohl schon eingetroffen, denn aus seinem Zimmer schallte ein Sound heraus… Wie ein Sägewerk! Noch eine Rakete, ein Bierchen aus dem Kühlschrank womöglich gar und noch etwas lesen. Der erste Abend war nunmehr erfolgreich abgeschlossen, auch wenn ich mich an nichts mehr erinnern konnte.
Wenigstens gab es einen schönen Sonnenaufgang, als ich wieder einschlief. Die nötige Bettschwere hatte ich mir mühelos verschafft, so dass es mich auch nicht störte, dass das Sägewerk nebenan immer noch arbeitete. Hotte schläft den Schlaf des Gerechten, so dachte ich. Was war ich doch für ein Schaf damals.
Frühstückszeit ist in Spanien ja später, so ab 9.00 Uhr geht das so langsam los. Walter und die anderen fanden sich zu dieser Zeit ungefähr auf der Terrasse des Balkon zum Frühstück ein. Obwohl dies nicht abgesprochen war, schafften es Hotte und ich an keinem Tag dieser Woche auf Granni, uns so früh morgens in die Senkrechte zu begeben und zu den Anderen zu stoßen.
Mittag ist für den Deutschen, erst recht den deutschen Touristen auf Gran Canaria, zwischen Zwölf und Eins. Da gibt es dann Schnitzel mit Pommes, ersatzweise Currywurst. Hatschi und Co saugten dann das erste Hefeweizen des Tages an. Nach dem Essen kam das dritte oder vierte Hefe, anschließend war Kottelet angesagt. Sprich mit den Mädels am Strand dösen und sich alle 10 Minuten umdrehen, damit die Panade auch gleichmäßig aussieht.
Denn so sahen alle Tage unserer Mitreisenden aus. Erst am Frühstückstisch treffen und hinterher gleich runter zum Strand und sich von der knallenden Sonne brutzeln lassen. Die Jungs schauten da höchsten noch auf die Uhr, ob es schon 12.00 Uhr mittags sei. Da war ja die Zeit zum Ansaugen des ersten Weizens gekommen, bloß um sich danach wieder in die brütende Hitze zu begeben. Irgendwann nach 17.00 Uhr lässt die Kraft der Sonne nach und die Abendaktion kann beginnen.
Was dies angeht, waren Hotte und ich untypisch, denn wir standen selbst zum Mittagessen noch gar nicht auf. War halt nicht unsere Zeit. Als Ausnahme gelten hier allerdings Tag 2 und 3 des Urlaubs, also die beiden Tage nach der ersten Nacht.

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