Freitag, 26. Februar 2016

Uncle Fester: Das Orakel vom Berge 3/3

In der Amazon Prime Serie gibt es noch weitere, wesentliche Unterschiede zur Romanvorlage. So ist Hitler 1962 noch am Leben – allerdings ist der Machtkampf um dessen Nachfolge schon im Gange. Einer der Nachfolgekandidaten ist der ebenfalls noch lebende Reinhard Heydrich, hier oberster SS Chef. Erst in der drittletzten Folge taucht er auf und zwingt Obergruppenführer Smith zur Auslieferung von Wegener.
Wegener hatte hier mutmaßlich ein Attentat auf den japanischen Thronfolger bei dessen Besuch in San Francisco verübt und konnte dann dank Mr. Tagomi an die Ostküste fliehen. Tatsächlich jedoch arbeiteten Tagomi und Wegener zusammen und Wegener steckte dem Thronfolger die Baupläne einer Wasserstoffbombe zu, um ein Gleichgewicht der Kräfte zwischen Japan und Deutschland herzustellen.
Denn der Jugendfreund von Obergruppenführer Smith ist heimlich ein Pazifist und möchte den dritten Weltkrieg verhindern. Smith fängt Wegener „zufällig“ am Flughafen New York ab und scheut sich nicht, ihn notfalls zu exekutieren. Doch Heydrich hat andere Pläne mit Wegener, auch mit Smith.
Wegener soll Hitler ermorden (Druckmittel ist wie üblich die Gesundheit der Familie), während Smith anlässlich eines Jagdausfluges seine Solidarität zu Heydrichs Plänen bekunden soll. Smith schaltet aber rechtzeitig, nimmt Heydrich fest und rettet dadurch seinen eigenen Hals, da Hitler natürlich den Braten gerochen hatte und die Rebellion hinter Heydrich längst unterwandert hatte. Wegener begeht vor den Augen Hitlers Selbstmord, da er keinen Ausweg mehr sieht.
Frank Frink ist Arbeiter in einer Waffenfabrik in San Francisco, Juliana Crain (und nicht Frink) ist hier seine Freundin, die anstatt ihrer von japanischen Sicherheitskräften ermordeten Schwester das Objekt der Begierde in die neutrale Zone nach Canon City bringt. Dieses Objekt ist kein Buch, sondern ein Film – „The Grashopper lies heavy“. In Canon City möchte sie sich dem im Film existierenden Widerstand anschließen und trifft auf Joe Blake (= Cindella), angeblich Mitglied des Widerstands der Ostküste, tatsächlich arbeitet er natürlich für Smith direkt.
Nachdem Juliana einen verdeckten SD Agenten tötet, kehren beide dorthin zurück, wo sie herkamen. In San Francisco trifft Juliana wieder auf Frank, der bei dem Attentat auf den japanischen Thronfolger auch anwesend war, selbst aber nicht schoss, obwohl er extra einen Revolver präpariert hatte und ihn auch zog, dann aber nicht abdrückte.
Tatsächlicher Täter war übrigens ein von den Deutschen gedungener Killer, der einen Krieg mit Japan provozieren sollte. Die japanische Geheimpolizei Kempetai unter Chefinspektor Kido ermittelt in dem Fall und setzt schließlich Frank Frink endgültig fest. Zuerst hatte Kido Frink wegen der Widerstandszelle von Julianas Schwester verhaftet, wobei Frank das Waterboarding kennenlernt und auch noch seine Schwester nebst Kindern betrauern muss, die von den brutal agierenden Japanern vergast werden. Das ist der Zeitpunkt, an dem sich Frink zum Attentat entschließt – dieses noch schnell nachgeschoben.
Erneut kommt Frink frei, da Kido durch einen Zufall doch noch den wahren Attentäter fängt. Es stellt sich nach und nach heraus, das Kido und Tagomi, die anscheinend auf verschiedenen Seiten stehen, insgeheim beide dasselbe Ziel haben: Einen von den Deutschen geplanten Krieg zur Unterwerfung Japans zu verhindern.
Frank, Juliana und Joe Blake treffen derweil aufeinander; Es ist ein neuer Film aufgetaucht, der es in sich hat. Der Filminhalt hat sich geändert, ja anscheinend auch gleich die Geschichte der Parallelwelt im Film. Denn Joe Blake in SS Uniform erschießt Frink (sieht aus wie Warschauer Ghetto), offenbar hat sich die Geschichte dieses „Grashopper“ Films komplett zugunsten der Deutschen gedreht.
Als Juliana und Frank diesen Film sehen, beschließt Juliana, dem Widerstand zu helfen und Joe Blake umbringen zu lassen. Im Hafen, in der letzten Folge, gesteht Joe Juliana seine Liebe und beteuert, das er sich geändert hat und kein Nazi mehr sei. Juliana wird natürlich weich und lässt Joe Blake entkommen.
Die allerletzte Szene gehört selbstverständlich Mr. Tagomi, der beim Betrachten eines Anhängers von Juliana meditiert und in unserer Realität landet. Wenn man das Buch nicht kennt, wirkt dies sicherlich deplaziert. Erwähnen möchte ich aber noch, das Robert Childan hier nur eine Nebenrolle spielt, aber einen großen Auftritt hat, als er sich bei einer Einladung zum Essen beim japanischen Thronfolger lieb Kind macht und zum Dank vom Japaner wie ein Stück Dreck behandelt wird. Da muss jedem Amerikaner förmlich das Blut in den Adern gefrieren.
Insbesondere eine Szene hat mich tief beeindruckt und richtiggehend Angst eingejagt. Obergruppenführer Smith geht morgens im Bademantel aus dem Haus, um die Zeitung zu holen, wie weiße Amerikaner dies in den Vororten seit Generationen tun. Ein Nachbar gegenüber grüßt freundlich winkend, Smith grüßt freundlich lächelnd zurück. Das Ganze nicht mit „Guten Morgen“, sondern mit einem klebrig gesäuselten „Heil Hitler“.
Die Normalität, die dieser Szene innewohnt, macht mir Angst. Ich erwähnte ja bereits, das Dick es geschafft hatte, dem Leser begreiflich zu machen, das das Leben der Menschen auch in einem Polizeistaat weitergeht. Aber diese Szene vor dem Frühstück haut Dir das voll um die Ohren, das hat nichts Tröstliches wie bei Dick.
Find ich aber gut. Und als Hitler, der übrigens in der gezeigten Einstellung gerade einen Grashopper Film schaut, sich umdreht, hatte ich auf einmal ein Deja Vu Erlebnis: Abgesehen von der Haarfarbe und dem Bart stand da auf einmal Jogi Löw im Raum. Hilfe!!!
Abschließend fällt mir nur ein, das sowohl das Buch als auch der Film Stärken und Schwächen haben. Die Verfilmung ist natürlich straighter und wird noch eine Fortsetzung haben, dafür wirkt der Roman aber insgesamt ernüchternder, weil nicht so emotionsbeladen. Ergo realistischer.
Aber egal, tu Dir Beides an.
Dann reden wir noch mal drüber. Versprochen.

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