Von nun an
verstärkte Eddie sein Engagement als Sessiongitarrist noch einmal,
so das seine Reputation als gefragter Studiomusiker in der
eingeschworenen Gemeinschaft der Countryszene in Kalifornien immer
größer wurde.
Jerry Capehart
war sich sicher, das die meisten großen Labels nach einem weiteren
Elvis Presley suchten und stellte sich mit einigen Bändern bei
Liberty Records vor. Liberty war 1955 gerade erst von Sy Waronker und
Al Bennett gegründet worden und hatte schnell Erfolg. Julie London
hatte gleich einen großen Hit mit „Cry me a River“, aber dem
Label fehlte ein Rock `n` Roll Sänger im Katalog.
Noch bevor
Capehart die Demos ganz vorgespielt hatte, war Waronker schon halb
von Eddie Cochran überzeugt. Und als er dann Eddie persönlich traf,
war er beeindruckt vom guten Aussehen und der Musikalität von Eddie.
Dies waren die Voraussetzungen, um Eddie als möglichen Star aufbauen
zu können (wollen).
Doppeltes Glück
für Jerry Capehart und damit für Eddie war, das Jerry den
Filmproduzenten und Regisseur Boris Petroff entfernt kannte. Für
einen seiner B-Movies nahmen Capehart und Cochran im July 1956 die
Backgroundmusik im Studio auf, als Petroff Eddie fragte, ob er bereit
sei, im Film eines Freundes aufzutreten. Wie Eddie in einem Interview
kurz vor seinem Tod erklärte, glaubte er, dass Petroff einen Joke
gemacht hätte. Scherzhaft bat Eddie Petroff, ihn anzurufen.
Bereits am
nächsten Tag meldete sich Petroff. Eddie sollte eine Demo von einem
Song namens „Twenty Flight Rock“ aufnehmen. Eddie und Jerry
konnten ihr Glück kaum fassen. In nur wenigen Wochen hatten sie dank
Petroff und Waronker einen richtig guten Plattenvertrag und bewegten
sich in Filmkreisen. Ohne dieses glückliche Zusammenkommen mehrerer
Umstände wären Eddie Cochran und Jerry Capehart wohl ewig
Sessionmusiker geblieben.
Cochran nahm das
Demo in den Goldstar Studios – wo sonst? - auf. Mit dabei waren
Connie Smith an der „Bullenfiedel“, sprich Standbass sowie
Capehart, der einfach auf einen Suppenkarton einschlug. 3 Stunden
später standen die Aufnahmen von „Twenty Flight Rock“ und „Dark
Lonely Street.“
„Twenty Flight
Rock“ wurde angetrieben durch den phantastischen Bass eines Connie
Smith, der den „Slapping Style“ meisterhaft beherrschte. Dieser
Stil wurde zuerst von Bill Black auf den Sun Aufnahmen eines Elvis
Presley gespielt. Der Song selbst ist hauptsächlich eine Persiflage
auf den frühen Elvis und kann durchaus als kleiner Klassiker der
frühen Rockära angesehen werden. Dies gilt insbesondere für
Europa, wo der Song als Single veröffentlicht wurde und sich über
viele Jahre konstant verkaufte. Smith entwickelte ein schon
telepathisch zu nennendes musikalisches Verständnis zu Eddie und war
auf dessen sämtlichen Aufnahmen bis Ende 1958 mit von der Partie.
Der bereits
erwähnte Film, in dem Eddie einen Cameo-Auftritt haben sollte, hieß
„Do-Re-Mi“. Eddies Auftritt hierin wurde am 14. August 1956
gedreht. Es handelt sich dabei um die Szene, in der Jayne Mansfield
und Edmund O`Brien gerade eine Show im Fersehen verfolgen, als im
Fernsehen gerade ein begeisterndes neues Talent vorgestellt wird.
Unter einem stürmischen Applaus erscheint Eddie Cochran auf dem
Bildschirm, stark auf Elvis getrimmt spielt er „Twenty Flight
Rock.“
„Do-Re-Mi“
war natürlich lediglich der Arbeitstitel des Films in der
Anfangsphase der Produktion. Als der Film 6 Monate später in die
Kinos kam, hieß der Film „The Girl can`t help it“ nach dem
Titelsong von Little Richard.
Liberty wollte
den Film Song „Twenty Flight Rock“ im Dezember als Single
veröffentlichen. Aber noch bevor die Platte gepreßt werden konnte,
setzte die Plattenfirma eine neue Priorität. Sky Waronker versuchte
gerade die Rechte eines Songs von Jack Bentleys Colonial Label zu
erwerben. „Sittin` in the Balcony“ von Johnny Dee erreichte
regional hohe Verkaufszahlen und hatte somit das Potential zu einem
Smash Hit.
Bentley wurde von
verschiedenen anderen Labeln deshalb umworben und platzierte das
Master schließlich bei ABC Paramount. Der unübertreffliche Waronker
beschloss, eine Coverversion des Songs für Liberty einzuspielen –
mit Eddie Cochran natürlich.
Capehart und
Cochran wurden in Libertys Büro zitiert. Waronker gab ihnen Dee`s
Original und einen Tag Zeit, um sich über das Covern des Songs eine
Meinung zu bilden. Auf der Heimfahrt fragte Capehart Eddie, was er
von dem Song halten würde. Eddie hielt ihn für einen Hit. Zu Hause
angekommen, riefen sie bei Liberty an und baten das Label eine
Session vorzubereiten. „Sittin` in the Balcony“ wurde 3 Tage
später aufgenommen und war nach mehreren Stunden fertig abgemischt.
Eine lange Zeit für Produktionen in den 50ern!
Der Song war eine
perfekte Teenager-Ballade in der damaligen Zeit. Es folgte ein
„Chart-Battle“ zwischen Dee`s Original und Cochran`s aufpolierter
Fassung; In dieser Rivalität lag aber auch ein hemmender Effekt, was
den Charterfolg angeht.
Beide Versionen
enterten die Billboard Hot 100 im März 1957. Während Dee auf Platz
38 stockte, kletterte Cochran`s Version auf Platz 18 der Charts.
Eddie hätte die Top 10 erreicht, wenn nicht die Originalversion von
Dee zeitgleich auf dem Markt gewesen wäre. Eddie selbst glaubte
offenbar nicht an seine gesanglichen Qualitäten, denn als der „New
Musical Express“ ihn später mal nach seiner größten Enttäuschung
fragte, beschrieb er dies wie folgt: „Ich hörte die Playbacks nach
meiner ersten Aufnahmesession. Ich nahm „Sitting in the Balcony“
auf und mochte es überhaupt nicht. Aber es wurde eine Million mal
verkauft – und ich war der Überraschteste von allen.“
„Sittin`in the
Balcony“ etablierte Eddie Cochran als einen der aufregensten
Newcomer der Rock `n` Roll Szene. Dies konnte nur durch das zufällige
Zusammentreffen des Charterfolges und der zeitgleichen
Veröffentlichung der beiden Filme „The Girl can`t help it“ und
„Untamed Youth“ geschehen. Und plötzlich schien es, das Eddie, der am
Anfang des Jahres noch unbekannt war, nunmehr überall zu sehen war.
Hier muß ich
einfügen, das „Untamed Youth“ ein typischer Film aus dem Jahr
1957 ist, in dem 2 Frauen beim Trampen (?) erwischt werden und in
einem Kaff die Wahl haben, entweder in den Knast zu gehen oder auf
dem Feld zu arbeiten. Mamie van Doren war die erste Frau, die in
einem Film einen Rock `n` Roll Song singen durfte. Auf den 4
aufgenommenen Songs der Aufnahmesession wäre Eddie Cochran an der
Gitarre zu hören gewesen, aber aus nicht mehr bekannten Gründen
wurden die Songs von Les Baxter ohne Eddie neu eingespielt und dann
in den Film eingebaut. Der Song „OO Ba La Baby“ stammte aus der
Feder von Capehart und Cochran.
Dennoch
spielte Eddie Cochran in dem Film eine Nebenfigur namens Bong und
sang den Song „Cotton Picker.“ Dieser Song wurde übrigens erst
1972 auf Vinyl veröffentlicht.
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