Freitag, 13. Juni 2014

Eddie Cochran 3/7

Von nun an verstärkte Eddie sein Engagement als Sessiongitarrist noch einmal, so das seine Reputation als gefragter Studiomusiker in der eingeschworenen Gemeinschaft der Countryszene in Kalifornien immer größer wurde.
Jerry Capehart war sich sicher, das die meisten großen Labels nach einem weiteren Elvis Presley suchten und stellte sich mit einigen Bändern bei Liberty Records vor. Liberty war 1955 gerade erst von Sy Waronker und Al Bennett gegründet worden und hatte schnell Erfolg. Julie London hatte gleich einen großen Hit mit „Cry me a River“, aber dem Label fehlte ein Rock `n` Roll Sänger im Katalog.
Noch bevor Capehart die Demos ganz vorgespielt hatte, war Waronker schon halb von Eddie Cochran überzeugt. Und als er dann Eddie persönlich traf, war er beeindruckt vom guten Aussehen und der Musikalität von Eddie. Dies waren die Voraussetzungen, um Eddie als möglichen Star aufbauen zu können (wollen).
Doppeltes Glück für Jerry Capehart und damit für Eddie war, das Jerry den Filmproduzenten und Regisseur Boris Petroff entfernt kannte. Für einen seiner B-Movies nahmen Capehart und Cochran im July 1956 die Backgroundmusik im Studio auf, als Petroff Eddie fragte, ob er bereit sei, im Film eines Freundes aufzutreten. Wie Eddie in einem Interview kurz vor seinem Tod erklärte, glaubte er, dass Petroff einen Joke gemacht hätte. Scherzhaft bat Eddie Petroff, ihn anzurufen.
Bereits am nächsten Tag meldete sich Petroff. Eddie sollte eine Demo von einem Song namens „Twenty Flight Rock“ aufnehmen. Eddie und Jerry konnten ihr Glück kaum fassen. In nur wenigen Wochen hatten sie dank Petroff und Waronker einen richtig guten Plattenvertrag und bewegten sich in Filmkreisen. Ohne dieses glückliche Zusammenkommen mehrerer Umstände wären Eddie Cochran und Jerry Capehart wohl ewig Sessionmusiker geblieben.
Cochran nahm das Demo in den Goldstar Studios – wo sonst? - auf. Mit dabei waren Connie Smith an der „Bullenfiedel“, sprich Standbass sowie Capehart, der einfach auf einen Suppenkarton einschlug. 3 Stunden später standen die Aufnahmen von „Twenty Flight Rock“ und „Dark Lonely Street.“
„Twenty Flight Rock“ wurde angetrieben durch den phantastischen Bass eines Connie Smith, der den „Slapping Style“ meisterhaft beherrschte. Dieser Stil wurde zuerst von Bill Black auf den Sun Aufnahmen eines Elvis Presley gespielt. Der Song selbst ist hauptsächlich eine Persiflage auf den frühen Elvis und kann durchaus als kleiner Klassiker der frühen Rockära angesehen werden. Dies gilt insbesondere für Europa, wo der Song als Single veröffentlicht wurde und sich über viele Jahre konstant verkaufte. Smith entwickelte ein schon telepathisch zu nennendes musikalisches Verständnis zu Eddie und war auf dessen sämtlichen Aufnahmen bis Ende 1958 mit von der Partie.
Der bereits erwähnte Film, in dem Eddie einen Cameo-Auftritt haben sollte, hieß „Do-Re-Mi“. Eddies Auftritt hierin wurde am 14. August 1956 gedreht. Es handelt sich dabei um die Szene, in der Jayne Mansfield und Edmund O`Brien gerade eine Show im Fersehen verfolgen, als im Fernsehen gerade ein begeisterndes neues Talent vorgestellt wird. Unter einem stürmischen Applaus erscheint Eddie Cochran auf dem Bildschirm, stark auf Elvis getrimmt spielt er „Twenty Flight Rock.“
„Do-Re-Mi“ war natürlich lediglich der Arbeitstitel des Films in der Anfangsphase der Produktion. Als der Film 6 Monate später in die Kinos kam, hieß der Film „The Girl can`t help it“ nach dem Titelsong von Little Richard.
Liberty wollte den Film Song „Twenty Flight Rock“ im Dezember als Single veröffentlichen. Aber noch bevor die Platte gepreßt werden konnte, setzte die Plattenfirma eine neue Priorität. Sky Waronker versuchte gerade die Rechte eines Songs von Jack Bentleys Colonial Label zu erwerben. „Sittin` in the Balcony“ von Johnny Dee erreichte regional hohe Verkaufszahlen und hatte somit das Potential zu einem Smash Hit.
Bentley wurde von verschiedenen anderen Labeln deshalb umworben und platzierte das Master schließlich bei ABC Paramount. Der unübertreffliche Waronker beschloss, eine Coverversion des Songs für Liberty einzuspielen – mit Eddie Cochran natürlich.
Capehart und Cochran wurden in Libertys Büro zitiert. Waronker gab ihnen Dee`s Original und einen Tag Zeit, um sich über das Covern des Songs eine Meinung zu bilden. Auf der Heimfahrt fragte Capehart Eddie, was er von dem Song halten würde. Eddie hielt ihn für einen Hit. Zu Hause angekommen, riefen sie bei Liberty an und baten das Label eine Session vorzubereiten. „Sittin` in the Balcony“ wurde 3 Tage später aufgenommen und war nach mehreren Stunden fertig abgemischt. Eine lange Zeit für Produktionen in den 50ern!
Der Song war eine perfekte Teenager-Ballade in der damaligen Zeit. Es folgte ein „Chart-Battle“ zwischen Dee`s Original und Cochran`s aufpolierter Fassung; In dieser Rivalität lag aber auch ein hemmender Effekt, was den Charterfolg angeht.
Beide Versionen enterten die Billboard Hot 100 im März 1957. Während Dee auf Platz 38 stockte, kletterte Cochran`s Version auf Platz 18 der Charts. Eddie hätte die Top 10 erreicht, wenn nicht die Originalversion von Dee zeitgleich auf dem Markt gewesen wäre. Eddie selbst glaubte offenbar nicht an seine gesanglichen Qualitäten, denn als der „New Musical Express“ ihn später mal nach seiner größten Enttäuschung fragte, beschrieb er dies wie folgt: „Ich hörte die Playbacks nach meiner ersten Aufnahmesession. Ich nahm „Sitting in the Balcony“ auf und mochte es überhaupt nicht. Aber es wurde eine Million mal verkauft – und ich war der Überraschteste von allen.“
„Sittin`in the Balcony“ etablierte Eddie Cochran als einen der aufregensten Newcomer der Rock `n` Roll Szene. Dies konnte nur durch das zufällige Zusammentreffen des Charterfolges und der zeitgleichen Veröffentlichung der beiden Filme „The Girl can`t help it“ und „Untamed Youth“ geschehen. Und plötzlich schien es, das Eddie, der am Anfang des Jahres noch unbekannt war, nunmehr überall zu sehen war.
Hier muß ich einfügen, das „Untamed Youth“ ein typischer Film aus dem Jahr 1957 ist, in dem 2 Frauen beim Trampen (?) erwischt werden und in einem Kaff die Wahl haben, entweder in den Knast zu gehen oder auf dem Feld zu arbeiten. Mamie van Doren war die erste Frau, die in einem Film einen Rock `n` Roll Song singen durfte. Auf den 4 aufgenommenen Songs der Aufnahmesession wäre Eddie Cochran an der Gitarre zu hören gewesen, aber aus nicht mehr bekannten Gründen wurden die Songs von Les Baxter ohne Eddie neu eingespielt und dann in den Film eingebaut. Der Song „OO Ba La Baby“ stammte aus der Feder von Capehart und Cochran.
Dennoch spielte Eddie Cochran in dem Film eine Nebenfigur namens Bong und sang den Song „Cotton Picker.“ Dieser Song wurde übrigens erst 1972 auf Vinyl veröffentlicht.

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