Freitag, 8. März 2013

H Lecter: Ulli

Heute ist Weltfrauentag. Aufgrund dieses Umstandes kann ich mir Ulli`s Geburtstag gut merken.
Kennengelernt hatten wir uns bei der Taxe.
Happy Birthday, Ulli!
Im Sommer 1987 war ich wieder arbeitslos und traf mich mit Randy und Kroll. Randy hatte seinen Taxenschein gemacht und verdiente sich etwas zum Studium dazu; Kroll konnte auch Geld gebrauchen und suchte nach Infos über das Taxenfahren. Ja und ich … hatte Langeweile und dachte mir: „Hör dir das mal an spaßeshalber.“
Am Ende fuhr ich am längsten von uns Dreien. 40% und eine Mark pro Kilometer – das war der Deal bei unserem Taxenunternehmer. Dadurch ergab es sich beispielsweise, das ich in einer meiner ersten Schichten eine Kasse von 25 DM einfuhr, aber 21 DM verdient hatte.
In 12 Stunden wohlgemerkt. Ein sehr lauer Mittwoch war das. Und nur dank des „Bunkerns“ ging ich nicht ganz nackt nach Hause.
Nach irgendeiner Schicht stand ich mit Kroll auf dem Abstellplatz im Kanzlerfeld. Der Abstellplatz war eine Parkfläche an der Bundesallee neben dem Einkaufszentrum. Unser Unternehmer wohnte gegenüber in der Stauffenbergstraße. Das Büro war im Keller.
Vor jeder Schicht war es Usus, sich im Büro den Schlüssel für die Karre abzuholen. Die Abrechnungen bzw. das eingefahrene Geld wurden vom Ehepaar Scheller auch gern entgegengenommen.
Da wir als Nachtfahrer in der Woche bis ca. 2.00 Uhr fuhren, konnten wir natürlich nicht mehr ins Büro. Das Ehepaar Scheller schlief da natürlich schon. Geld und Abrechnung wanderten in den Briefkasten vorm Haus. Wir hatten also unsere Schicht beendet und standen noch auf dem Abstellplatz.
Die 48, ein mittlerweile für Taxenverhältnisse schon klapprig wirkender Passatkombi, fuhr zum Schichtende heran. Drin saß ein langhaariger Blonder, der dank seiner Frisur stark an Joey Ramone erinnerte. Schnell stellten wir fest, dass Ulli ebenfalls Raketentechniker war, so dass wir schnell abfeuern konnten.
Wir waren wohl noch zusammen nen Pils trinken, im Pano wahrscheinlich. Dazu die ein oder andere Rakete …. Ich weiß es nicht wirklich genau, wie wir uns kennenlernten. Jedenfalls waren Ulli und ich in den folgenden Jahren nahezu unzertrennlich.
Das wurde mir – auch zu Recht – häufig negativ ausgelegt, war aber so. Ulli jedenfalls fuhr 6 bis 7 Nachtschichten die Woche und hatte sich auch bald mit Schellers überworfen. Nen besseren Deal handelte er danach aus. Er wechselte vor mir zur Citycar, blieb dort aber auch nicht lang und hörte ganz mit der Kutscherei auf.
Ich hingegen wurde bei Citycar quasi zum Inventar, obwohl ich nur 3 bis 4 Schichten fuhr. Eher 3. Aber das war später; Die wirklich wilden Zeiten waren bei der Taxe. Ulli, der schon immer auf großem Fuß lebte, ging in jeder Schicht essen. Mit seiner Freundin aus WF und auch mit mir oder anderen Fahrern. In der Innenstadt waren wir bei den Wirten und Bedienungen schon bekannt. Da gab es eine richtig ausufernde Szenerie – Nachmenschen unter sich.
Irgendwann durfte ich auch eine der sehr begehrten Wochenendnachtschichten fahren. 200 Mark Verdienst in einer Nacht waren da schon Pflicht. Neben Ulli und mir, auch Randy und Kroll, gehörten auch Sweety (Glitter) und Archie zur „Gang“. Wir standen gern vorm Atlantis oder auch Jolly und fuhren die Leute von einer Dizze zur Anderen. Der Klassiker war Atlantis zum Charly Max für nen Heiermann. Ohne Uhr, denn Kilometer hatten wir ja genug.
Und wenn wir einfach Bock drauf hatten, in der Woche, dann trafen wir uns am Stoben Halte. Peter fällt mir da noch ein. Ein cooler Typ, der vorher im marokkanischen Knast wegen Drogenbesitzes einsaß. Schön und unvergessen geblieben ist mir der eine Abend, an dem wir mit 4 Taxen am Stoben standen. Ulli, Peter, Sweety und ich saßen in der vordersten Karre und ließen die Rakete steigen. Aufgrund des entstehenden Nebels konnten wir draußen nichts erkennen. Fenster aufmachen lag trotzdem nicht drin.
Einsteiger waren ja hier nicht zu erwarten. Wir hatten also unsere Ruhe. Hinten dran stand Sylvia, eine neue Kollegin mit einem Faible für Schlangen. Sie funkte uns an und beschwerte sich allen Ernstes, warum wir auf die Funkvermittlung einer Fahrt nicht reagiert hätten.
Zur Erklärung: Der Funker fragt die dem Anrufer am nächsten liegenden Halteplätze ab. Der Fahrer, der vorne steht, drückt auf dem Funkknopf und kriegt die Fahrt. Wir wollten bloß nicht – deshalb standen wir ja am Stoben. Hatten leider vergessen, das Taxenschild auszumachen. Nach Sylvias Meckern machten wir das natürlich und Sylvia konnte ihre Funkfahrt machen. Wir waren wieder unter uns und ungestört. Hasch, himmlisch diese Ruhe. In der Woche, nachts gegen 3.00 Uhr am Stoben.
Wenn die Schicht schlecht lief oder wir einfach keinen Bock hatten, stellten Ulli und ich die Karren im Kanzlerfeld ab und los gings. Nach dem Pano war natürlich das Line Pflicht, wo Jürgen auch zeitweise gearbeitet hatte. Das Kottan soll hier ebenfalls nicht unerwähnt bleiben. Ruhe in Frieden, Wutz.
Druckbetankung war dann angesagt. Und zum Abschluß natürlich zu Manni in die Kogge. Billiard spielen oder einfach nur saufen, egal. Ich weiß noch, das ich eines Morgens gegen 10.00 Uhr auf dem Tresen bei Manni eine Rakete baute, während draußen die „Büromenschen“ vorbeiliefen. Auf dem Weg zur Arbeit. Ulli und ich hatten Feierabend und die Nacht zum Tag gemacht. Diese und andere Nächte waren toll. Schön, das ich dies erleben durfte. Ich bedaure alle, die solche Erfahrungen nicht machen konnten.
Unzählige Schnipsel aus jener Zeit fallen mir jetzt ein. Doch genug jetzt. Noch ein Pils.
Die Taxenzeit hat mir viel gegeben. Und auch dank Ulli bin ich davon losgekommen. Er war derjenige, der mich abgeschlafftem Typen 1991 anraunzte: „So geht das nicht weiter mit Dir. Entweder Du machst konsequent weiter und machst einen auf Unternehmer, oder Du wechselst den Job.“
Er und ganz doll Jenny haben mir gehörig Bescheid gesagt. Ich bewarb mich und kriegte letztlich die Stelle im Sozi. Ohne Jenny und Ulli würde ich heute noch fahren.
Nochmals Happy Birthday, Ulli. Und dazu ein schöner alter Spruch von Dir:
„Er war einsam aber schneller
brauchte Geld und fuhr bei Scheller.“

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen