Sonntag, 2. Oktober 2011

Contramann: Bundesfreiwilligendienst 1

(geschrieben am 24.06.2011)
Ich kann mich noch gut erinnern, dass meine Eltern immer den folgenden Spruch brachten, wenn es um das 3. Reich ging:
„Aber das mit dem Autobahn bauen, das war gut.“
Die allererste Autobahn wurde übrigens 1932 von Konrad Adenauer, seinerzeit Oberbürgermeister von Köln, eröffnet. Näheres hierzu gibt es dort:
Soviel zur Historie. Jetzt, im Jahre 2011, wird die allgemeine Wehrpflicht ausgesetzt und damit fällt auch der Ersatzdienst, landläufig Zivildienst genannt, aus.
Jahrzehntelang leisteten leisteten junge Heranwachsende, je nach Gusto als Drückeberger verschrien oder als politisch korrekt eingestuft, ihren Beitrag in öffentlichen, zumeist sozialen Einrichtungen, weil sie den „Dienst an der Waffe“ nicht antreten wollten. Wer kennt ihn nicht, den Krankenwagenfahrer von der AWO oder den Zivi mit dem Arschlappen im Krankenhaus.
Damit soll einfach Schluß sein ?
Natürlich nicht ! Am 2.Mai 2011 wurde das Bundesfreiwilligendienstgesetz verkündet. Ab 1.7.2011 wird es umgesetzt.
Insbesondere im sozialen Bereich (u.a. in der Kinder- und Jugendarbeit sowie der Altenpflege) sollen dann Freiwillige die Zivis ersetzen. Bei voller Arbeitszeit (über 27 Jahre ist Teilzeitarbeit möglich) soll hier ein Taschengeld von maximal 330,- € gezahlt werden. Immerhin ist eine pädagogische Begleitung angedacht.
Das Familienministerium sieht sich auf einem guten Weg und rechnet mit genügend Interessenten. Die spärlichen Medienberichte deuten jedoch auf einen Fehlschlag hin.
Hand aufs Herz: Wer hat schon Lust, für 330,- € max in Vollzeit die Lücken des sozialen Netzes auszufüllen? Der Hartz IV-Regelsatz ist da schon höher. 90,- € nebst Fahrtkosten sollen von der Anrechnung auf Hartz IV freibleiben. Wo ist da der Anreiz?
So wird dann wohl bald aus dem Bundesfreiwilligendienst die Freiwilligkeit gestrichen. Ach ne halt, gibt es ja schon: Bürgerarbeit.
So ist es recht: Soziale Arbeit zum Nulltarif, die Wohlfahrtsträger wirds freuen. Die Alten z. B. bezahlen ja auch nichts dafür, dass sie gefüttert werden.
Und wenn denn die ersten Hartz IV-Empfänger unter Androhung von Sanktionen im Altenheim oder in Kindergärten eingesetzt werden, können “wir” auch gleich wieder Leute zum Autobahnbau abstellen. War ja nicht alles schlecht damals.
Die Proteste werden erst dann laut, wenn der erste Kinderschänder im Kindergarten auffliegt. Der wird dann wohl ausnahmsweise bei der Eignungsprüfung übersehen worden sein.
Damit keine Mißverständnisse aufkommen: Ein Engagement in sozialen Diensten als Kindergärtnerin, Altenpfleger oder Krankenschwester verdient unser aller höchsten Respekt. In anderen Ländern jedoch ist das Ansehen dieser Berufe und damit ihre Bezahlung höher als in Deutschland. Diese Leistung nun noch quasi zum Nulltarif abrufen zu wollen ist schäbig.
Natürlich ist es in diesen Berufsfeldern schwer, Personal zu rekrutieren. Aber dann sollte man vielleicht überlegen, solche Arbeiten besser zu bezahlen und das Ganze durch Steuern und Abgaben rezufinanzieren.

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