Freitag, 28. Februar 2025

Uncle Fester: grad gelesen Februar 2025

Joshua Tree - Behemoth 2033-Zyklus
Wieder ein deutscher Autor, den ich bislang noch nicht gelesen hatte. Und von dem ich mir schon während der Lektüre des ersten Bandes sogleich weiteres Material bestellt habe. Diesen ursprünglich achtbändigen Zyklus hatte ich mir in einer Neuauflage als vierbändige Ausgabe gekauft und war bereits nach wenigen Seiten begeistert gewesen.
Das Ausgangsszenario - ein geschlossenes Sonnensystem,und der Erstkontakt mit einer Alienrasse - ist sicherlich keine vollkommene Neuheit in dieser Literaturgattung. Aber Joshua Tree gelingt es dank verschiedener Geheimnisse, die es zu lüften gilt, den „Sense of Wonder“ zu entfachen, der einen Science Fiction Roman zum Pageturner macht.
Die Handlung des Zyklus beginnt im Jahr 2333 in dem von den Menschen seit mehr als 100 Jahren besiedelten Archimedes System, welches seit 40 Jahren von der Erde abgeschnitten ist, weil das Wurmloch beim Jupiter zusammengebrochen war und damit keine Kommunikation mit der Erde mehr möglich ist.
Die Menschen im Archimedes System sind auf sich allein gestellt, denn einen Hyperraumantrieb gibt es nicht und die dank Antimaterie erzeugten Wurmlöcher lassen gerade mal Drohnen und Funk in den Hyperraum. Dank einer umfangreichen Zeittafel erfährt der geneigte Leser vom Umfang der Besiedelung des Systems, einem niedergeschlagenen Aufstand der künstlichen Intelligenzen und einem großen Unfall dank Experimenten mit Antimaterie, bei dem Millionen Menschen ihr Leben verlieren.
Als Folge davon bilden sich zwei große politische Lager - die Konservativen und die Progressiven. Letztere setzen die Experimente zur Erzeugung von größeren Wurmlöchern mit Antimaterie in aller Geheimhaltung fort; die Schmuggelei von Antimaterie ist ein gefährlicher, aber auch lukrativer Job. Auch für den ehemaligen Raumkadetten der Streitkräfte Jeremy Brandt, dessen Eltern beide hochdekorierte Soldaten sind.
Jeremy Brandt hat sich allerdings mit seinen Eltern überworfen und führt lieber ein Leben als Outlaw mit seiner treuen Crew zwischen den bewohnten Monden des Systems namens DeGaulle, Bismarck oder Trafalgar. Und richtig geraten: Die Nationalitäten auf diesen drei Monden (es gibt noch mehr) gehen auf jeweils europäische Vorfahren zurück.
So einen Plot kann sich nur ein Deutscher ausdenken; eine willkommene Abwechslung zu den anglo-amerikanischen Schriftstellern. Dagegen ist die Crew von Jeremy bunt gemischt; Walter ist ebenfalls Deutscher, aber Felicity, Agatha Simmons oder Agiou „WizKid“ repräsentieren andere Nationen des alten Kontinents.
Als großer Bösewicht wird Behemoth vorgestellt. Ein riesiges Lebewesen im Weltraum, welches urplötzlich ins Archimedes System hineinspringt und die Menschen angreift. Nur mit viel Mühe und Risiko kann Jeremy mit seiner Crew Behemoth vertreiben; bei dem gewagten Sprung durch den Hyperraum wird die Crew jedoch verstrahlt und hat nur noch ca. zwei Wochen zu leben.
Parallel hierzu macht der Autor einen zweiten Strang auf. Der Sonderermittler des Geheimdienstes Pascal Takahashi ermittelt mit seiner Kollegin Thisbe in Sachen ungeklärter Entführungsfälle. In mehreren Wellen waren in den Jahren zuvor Millionen von Menschen spurlos verschwunden. Doch kurz vor der Lösung wird Thisbe beim Angriff von Behemoth auf den Mond DaVinci getötet.
Ebenfalls relativ schnell verstirbt Jeremys Geliebte Simmons bei der Flucht aus einem anderen Sternensystem, wo die Crew vergeblich versucht hatte, ein EI von Behemoth zu stibitzen. Dies wurde nur dank der Flotte der Erde möglich, welche im letzten Moment unerwartet ins Archimedes System gesprungen war und diese Technik beherrscht.
Diese Technik hat das Alienvolk der Locusts ebenfalls drauf. Diese Wesen kommunizieren nicht mit Worten, sondern mit Bildern und telepathisch über ein biologisches Netzwerk namens Gaia. Das menschliche Netzwerk, quasi das Pendant dazu, heißt Sensenet und ist aus dem Internet weiterentwickelt worden.
Um das Geschehen noch etwas zu verkomplizieren, kristallisiert sich der Sprecher der Progressiven namens Alexander Moreau als wesentlicher Faktor heraus. Tatsächlich hatte er Kontakt mit der Erde gehalten und der dort alles beherrschenden KI, welche sich selbst Alpha nennt, in die Hände gespielt.
Alpha hat alle Menschen im Heimatsystem in Kryostasekammern gelegt - Matrix lässt grüßen und möchte auch die Menschen in den anderen Systemen schlafen legen. Das jeweilige Bewusstsein der Menschen überträgt Alpha auf Klone, welche bei Bedarf von Alpha kontrolliert werden können, Als Gegenspieler zu Alpha ist Behemoth aus dem biologischen Netzwerk der Locusts entstanden, wurde aber dank Moreau durch eine Kopie von Alpha unterwandert.
Die Symbiose aus künstlicher menschlicher Intelligenz und dem visuell orientierten biologischen Netzwerk der Locusts ist als einzige in der Lage, Alpha Paroli zu bieten. Im Fortgang der Handlung entwickelt sich Behemoth vom zu bekämpfenden Unhold a la Godzilla zur einzigen Hoffnung der Menschen, welche um ihre Unabhängigkeit von Alpha kämpfen.
So wandeln sich auch Jeremy und seine Crew, zu der im zweiten Band auch Pascal Takahashi dazugestoßen ist, von erbitterten Gegnern Behemoths zu dessen Verbündeten, als sie erkennen, dass die nüchterne algorithmische Intelligenz eines Alpha Feind allen biologischen Lebens ist. Und auch der Menschen.
Am Ende der vier spannenden Bände muss die Erde samt Sonnensystem zerstört werden, weil nur so Alpha gestoppt werden kann. Bis auf Takahashi sterben all unsere Helden hierbei den Heldentod, um anschließend in Klone geladen zu werden. Dann nach Andromeda - folgt da noch ein zweiter Zyklus?
Wäre gut, denn die Charaktere hat Joshua Tree differenziert und damit glaubwürdig gestaltet. Überhaupt ist dieser Zyklus durchgehend spannend. Er liefert die Action einer Space Opera, ohne sich in langwierigen Schilderungen von Weltraumschlachten zu verlieren. Ein schönes Bekenntnis zur Fehlbarkeit des Menschlichen anstatt der kalten Effizienz einer KI.
Diese Moral nimmt man doch gerne mit.

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