Dienstag, 21. Juni 2022

Hartmudo: Kuhle 3/3

Wir erzählten munter drauflos, ohne uns auf ein bestimmtes Thema festlegen zu können. Dazu knallte die Sonne mal sommerlich vom Himmel, um sich etwas später hinter dunklen Wolken zu verstecken.
Das ging so hin und her, als dann Pocke plötzlich den Berg herunter geschlichen kam. Obwohl er es nicht aufs Rad geschafft hatte, war meine Freude groß. Offensichtlich hatte ich ihn als zu unlustig eingeschätzt. Diesen Fehler sollte man bei Pocke nie machen, das hätte ich eigentlich wissen müssen.
Egal, jetzt wurde es langsam gemütlich. Ich hatte den drei Jungs gerade noch die Grüße von Aki-Bua ausgerichtet, als es nicht mehr nur bei dem wolkenverhangenen Himmel blieb. So langsam fing es an zu pladdern, jetzt wurde es auf der unter freiem Himmel stehenden Bankeider etwas unangenehm.
Da hatte Henry die rettende Idee: Etwas weiter oben, unter ein paar Bäumen, stand noch eine weitere Parkbank. Und sie war leer. Wir rafften unser Zeug zusammen und zogen dorthin um. Dort hatten wir den kurzen Schauer mehr oder weniger im Trockenen gut überstehen können.
Ich weiß jetzt nicht, ob es noch vorher oder bereits unter den Bäumen passierte. Jedenfalls tauchte zu meiner übergroßen Freude auch noch Kiste auf. Der Lange hatte dies zwar gleich nach seiner Ankunft an der Kuhle erwähnt, aber dass Kiste tatsächlich kommen würde, haute mich quasi von den Socken.
Meine Güte, den hatte ich nun wirklich zuletzt an der Schule gesehen. Und er hatte noch dasselbe Grinsen wie damals drauf. Genau wie ich trug er ein Baseball Cap - wahrscheinlich aus demselben Grunde wie ich.
Dank permanenter geistiger Anstrengung sind unsere ehemals dicht bewaldeten Häupter mit der Zeit in eine trockene Steppe mutiert. Diese wird lediglich durch einen hufeisenförmigen Haarkranz eingezäunt. Und beide sind wir anscheinend so eitel, dass wir das Ganze mit einem Cappy überdecken.
Wir würden wahrscheinlich erheblich jünger aussehen, wenn wir den Haarkranz entfernen und uns quasi als Aushilfs-Bruce-Willis präsentieren würden. Andererseits... Wir stehen wenigstens zu unserem Alter.
Und noch etwas ist uns gemeinsam: Wir sind beide im öffentlichen Dienst gelandet. Dort gehen wir jetzt in relativer Gelassenheit unseren letzten Arbeitsjahren entgegen - Henry wird dies sicherlich genauso ergehen.
Und wirklich kurz nachdem dieser danach gefragt hatte, ob Tesla auch zur Kuhle kommen würde, klingelte mein Smartphone. Genau, Tesla war dieser Termin an der Kuhle nämlich doch nicht egal. Das hatte ich falsch eingeschätzt, wahrscheinlich, weil Tesla anders tickt als wir alle.
Er setzte sich dann auch sofort mit dem Rad in Bewegung und erschien, als wir bereits unter den Bäumen verweilten. Die von ihm mitgebrachten Steinis von Wolters waren eine willkommene Ergänzung zu dem inzwischen arg zusammengeschmolzenen Biervorrat.
Ich selbst hatte mich ja gerade deshalb nur schwach eingedeckt, weil ich dachte, zwischendurch noch mal an die Tanke zu radeln. Dazu kam ich gar nicht, weil die anderen genug mit hatten. Vor allem Kiste trug hierzu bei, als er angeboten hatte, aus seinem Auto Nachschub zu holen.
Er sprach von einem leckeren, schaumlosen Weizenbier aus Rostock. Weizen - normalerweise nicht so mein Ding, aber ich war gespannt. Tatsächlich tauchte er nach kurzer Zeit mit lauwarmen Plastikpullen Perlbacher Weizen von Lidl auf. Der Mann hat genau meinen Humor.
Mit Tesla waren jetzt alle da und unsere Unterhaltung konnte weiter an Fahrt aufnehmen. Da wir uns bis auf Tesla (welcher erwartungsgemäß keinen Bock dazu hatte) zum 11. Juni zu dem Treffen der Rabeschüler angemeldet hatten, drehten sich die Gespräche jetzt ausschließlich um diesen Themenkreis.
sind so kleine Biere...
So beklagten wir uns nach all den Jahren, dass die Mädchen in unserem Jahrgang nicht sehr ansehnlich gewesen waren. Natürlich wurden auch wieder die ollen Kamellen erzählt. Da wären zum einen die Schoten über diverse Lehrkräfte wie den langhaarigen Kunstlehrer, welcher immer in einem alten Bus zur Schule kam.
Da durfte die trinkfreudige Chemielehrerin ebenso wenig fehlen wie der alte Mathelehrer, der in der Mittelstufe zu jeder letzten Stunde vor den Ferien aus alten Abenteuerromanen vorgelesen hatte. Wir kauten fast alle alten Pauker durch.
Selbstverständlich gedachten wir auch an jene Mitschüler, die nicht mehr unter uns weilen oder welche wir aus den Augen verloren haben, z. B. jener alte Kumpel von Kiste, der nach seiner Aussage seinen Wohnort nicht mehr unter 3 Promille verlässt.
Wir verlebten also einen gemütlichen Nachmittag, bevor sich unsere illustre Runde so nach und nach auflöste. Der Wunsch, dieses Treffen zu wiederholen, war sicherlich bei allen spürbar und wurde auch von allen geäußert. Konkretisiert hatten wir es allerdings nicht, da wir uns ja am 11. Juni - bis auf Tesla - an der Raabeschule treffen werden.
Ich für mein Teil radelte glücklich nach Hause. Diesen positiven Kick konnte ich nach all den negativen Ereignissen der letzten Wochen gut gebrauchen. Jetzt freue ich mich auf das Wiedersehen am 11. Juni.
Und auf Aki-Bua, welcher hier an der Kuhle schmerzlich vermisst worden war.

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