Sonntag, 13. Februar 2022

Sam Phillips

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Tatsächlich schaffte es Charlie, einige akzeptable Songs zu schreiben, welche von Johnny Cash und Jerry Lee Lewis interpretiert wurden. Bis auf "Lonely Weekends" jedoch floppten seine Singles bei Sun und er verließ 1963 das Label. Immerhin erreichte der Song 1959 Platz 22 der Billboard Charts. Charlie Rich musste bis 1973 warten, ehe er seine Karriere als Country-Sänger durchstarten konnte.
Mit Charlie Rich zusammen nahm Sam Phillips in Nashville, Tennessee, noch Songs auf. Sam mochte die Atmosphäre in Nashville, aber es war mehr und mehr spürbar, dass Sam das Interesse an der Musikproduktion verlor. Mehr und mehr zog er sich aus der Arbeit in den Sun Studios zurück und überließ die Arbeit seinen Angestellten, auch seinen Söhnen.
Er selbst widmete sich verschiedenen Projekten, vor allem dem Betrieb verschiedener Radiostationen. Diese alte Liebe hatte er für sich wiederentdeckt, doch er fand auch ein neues Hobby. Sam Phillips, der dem Alkohol Zeit seines bisherigen Lebens eigentlich eher abneigend gegenüberstand, fing an zu saufen!
Und wie so viele vor ihm, die sehr spät mit dem Trinken angefangen hatten, steigerte er seinen Trinkkonsum zunehmend in wahre Exzesse hinein. Eigentlich kümmerten sich nur noch seine Söhne Knox und Jerry um Sun Records. Ohne Sam beschleunigte sich der langsame und schleichende Niedergang des Labels. Vielleicht hätte Sam seine Meinung ja noch geändert, wenn er nicht den nächsten großen Trend verpasst hätte.
Und dieser startete u.a. auch in Memphis, beteiligt war hier mit Stan Kessler ein ehemaliger Musiker und Komponist von Sun Records. Der Bewunderer der Produzententätigkeit von Sam Phillips hatte mittlerweile sein eigenes Studio, indem er mithalf, aus dem Rhythm 'n' Blues den Soul und später den Funk zu entwickeln. Booker T and the MGs, Otis Redding und Wilson Pickett sind untrennbar mit dem Label Stax Records verbunden.
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Leider wurden die bekannten unabhängigen Labels, die für den Rock n' Roll Boom der 50er verantwortlich zeichneten, an die Plattenindustrie verkauft. Warner Brothers kauften im Oktober 1967 Atlantic Records, Chess Records ging im Dezember 1968 an General Recorded Tape und Speciality war sowieso schon tot.
Schließlich verkaufte Sam Sun Records am 1. Juli 1969 an Shelby Singleton, einem ehemaligen Manager von Mercury Records, den er in Nashville kennengelernt hatte und der Country Musik produzierte.
Sun Records hatte seine große Zeit, als der Schallplattenmarkt dank der Singles boomte. Ab Mitte der sechziger Jahre ging der Umsatz der Singles zugunsten der Langspielplatten stark zurück. Gegen Ende produzierte das Label nur noch wenige Singles. Singleton machte aus Sun quasi einen Ramschladen, indem er alte Aufnahmen und Outtakes zusammenfasste und als Langspielplatten wiederveröffentlichte. Das brachte ihm zwar einige Umsätze, das Label beerdigte er irgendwann aber trotzdem.
Sam Phillips hingegen genoss seine neu gewonnene Freiheit bzw. Freizeit. Die letzten bald 30 Jahre seines Lebens kümmerte sich Sam um diverse Radio Projekte, die aber wenig bemerkenswert waren. Bei diversen Galas und Showveranstaltungen fiel der häufig stark betrunkene Sam lediglich durch Pöbeleien und wirre Reden auf.
Am Ende seines Lebens war er lungenkrank und hing an einem Beatmungsgerät. Als er am 30. Juli 2003 in Memphis verstarb, trauerten außer seiner Familie hauptsächlich seine Geliebte Sally und Kemmons Wilson, der Gründer der Holiday Inn Motelkette, mit dem Sam Zeit seines Lebens verbunden war, um ihn.
Obwohl er mit der Zeit vergessen worden war, gilt er bis heute als einer der wichtigsten Mentoren des Rock 'n' Rolls, ja gar als Erfinder desselben, weil er Elvis Presley entdeckt hatte. Der Titel dieses wunderschönen Buches deutete es ja bereits an. Ein paar Anmerkungen möchte ich allerdings trotzdem machen.
Das ganze Buch über berichtet Guralnick davon, mit welchen finanziellen Schwierigkeiten Sam Phillips zu kämpfen hatte. Als Jerry Lee Lewis seine Millionseller einfuhr, erwähnt Guralnick nur kurz, dass endlich Geld hereinkommen würde. In der Folge wird über Geld gar nicht mehr geredet. Zwischen den Zeilen erkennt man lediglich, dass Sam keine Geldsorgen mehr hatte. Wenn man bedenkt, dass Sam bis zu seinem Durchbruch ständig in Geldsorgen lebte, finde ich das doch etwas dünn.

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