Freitag, 3. September 2021

Contramann: kurz gesehen im September

https://www.deutschlandfunk.de/abzug-deutscher-soldaten-aus-afghanistan-der-nicht-empfang.720.de.html?dram:article_id=500426
„Die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland wird auch am Hindukusch verteidigt.“ Der damalige Verteidigungsminister Peter Struck (SPD) äußerte diesen berühmten Satz zu Einsatzbeginn vor 20 Jahren. Sang- und klanglos sind jetzt die letzten Soldaten aus Afghanistan abgezogen worden, nicht ein Bundestagsabgeordneter, geschweige denn die noch amtierende Verteidigungsministerin, waren bei ihrer Ankunft in Deutschland erschienen.
Frau Kamp-Karrenbauer befand sich derweil in Washington. „Die Soldaten hätten wissen lassen, auf einen großen Bahnhof mit politischer Prominenz keinen Wert zu legen und lieber schnell zu ihren Familien gewollt.“ So weit der Kommentator des Deutschlandfunks, der noch weitere Gründe nennt.
Contramann hat dagegen eine andere Assoziation: Wie geprügelte Hunde schlichen sie heim. Mit diesem Ausspruch möchte ich nicht den gefahrvollen Einsatz der Soldaten schmälern. Auch nicht die Unterstützung durch die afghanischen Hilfskräfte, die jetzt alleingelassen wurden und um ihr Leben bangen müssen. Wenigstens denen und ihren Familien hätte man Asyl anbieten müssen, wenn man sich dort 20 Jahre lang als Retter der Freiheit aufspielt.
Dabei hatten zuletzt die Grünen und die Linke am 23.6.2021 vergeblich versucht, die afghanischen Hilfskräfte ausfliegen zu lassen. Das Vorhaben scheiterte im Bundestag an den Stimmen der Regierungskoalition sowie AfD und FDP:
https://www.bundestag.de/dokumente/textarchiv/2021/kw25-de-afghanische-ortskraefte-846934
Was für eine feige Bande unsere Politikerkaste (größtenteils) geworden ist. Größe erkennt man in der Niederlage, Unfähigkeit aber auch.

https://www.spiegel.de/ausland/nord-stream-2-angela-merkel-macht-wladimir-putin-ein-abschiedsgeschenk-a-fd78c43a-deef-4d20-9c96-1b302e663c49
Ein ätzender Kommentar. Der Autor Ralf Fücks ist der Direktor des „Zentrums Liberale Moderne“, einem von ihm und seiner Frau Marieluise Beck (beide Grüne) ins Leben gerufenen Thinktank, der sich für eine Westbindung Deutschlands und gute Beziehungen zu den US-Amerikanern stark macht. Letztere hatten ja auch kein Problem, eine nationalistische, in der Tradition der UPA stehende Regierung in der Ukraine zu etablieren.
Die Ukrainische Aufständische Armee (UPA) kämpfte ab 1942 mit der Wehrmacht gegen die Sowjetunion und kämpfte noch 5 Jahre nach Ende des Krieges in der Ukraine gegen die Sowjetunion weiter. Zwischenzeitlich hatte sich die UPA bei der Tötung von Juden beteiligt, aber auch mit sowjetischen Partisanen gegen die Deutschen gekämpft. Seit 2015 erkennt das ukrainische Parlament Mitglieder der UPA als Unabhängigkeitskämpfer an: https://de.wikipedia.org/wiki/Ukrainische_Aufst%C3%A4ndische_Armee ).
Man mag Putin ja als Diktator und gefährlich ansehen, aber mit Kommentaren wie „über die Köpfe der Ukraine hinweg“ positioniert sich Fücks als strammer Nato-Krieger wie schon Habeck, der in einer Waffenlieferung zur Unterstützung der aktuellen ukrainischen Machthaber auch kein Problem sah. Allein das UPA Abzeichen auf den Trikots der Ukrainer bei der letzten Fußball EM….
Ich bleibe dabei: Wer Grün wählt, wählt nicht die Friedensbewegung der 80er Jahre. In den USA hätten Grünwähler Trump gewählt.
Außerdem: Was geht das die US-Amerikaner an, wenn die Europäer Geschäfte untereinander tätigen?

https://www.heise.de/tp/features/Impfdebatte-Der-Staat-wird-uebergriffig-ohne-die-Bevoelkerung-zu-schuetzen-6147820.html
Auf den Punkt. Dieser Kommentar vergleicht die Strategie des Staates während der Corona-Pandemie und der Klimakrise. Die Autorin hat die perfide Schuldzuweisung an Ungeimpfte, die kurz vor der „Terrorismusschwelle“ zu Coronagefährdern erklärt werden, ohne dass überhaupt ein aktiver Schutz von Gefährdeten erwogen wird, gut herausgearbeitet. Anfang des Jahres wurde vom Gesundheitsminister noch propagiert, dass im Sommer diesen Jahres jeder ein Impfangebot erhalten haben sollte.
Die Geimpften wären danach geschützt, die Ungeimpften hätten ihre Chance gehabt und müssen dann mit ihrer Entscheidung halt leben, wenn sie schwer erkranken sollten. Was für mich gleichbedeutend mit der Aufhebung jeglicher Einschränkungen verbunden wäre. Zu einer Verweigerung der Übernahme von Krankheitskosten bei einer Infizierung von Ungeimpften kann ich nur den Kopf schütteln; Dann müsste man Raucher, Trinker, Bluthochdruckpatienten etc. ebenfalls mit Kosten persönlich belasten. Also quasi alle. Das wäre das Ende einer solidarischen Krankenversicherung. Selbst Leute, die das befürworten, werden wohl schwerlich in so einer Gesellschaft leben wollen.
Klimakrise: Die offensichtlichen Gefährder („dicke“ Autos, Vielflieger oder Kreuzfahrtschiffe) werden nicht angegangen. Im Falle der Corona-Pandemie werden Ungeimpfte einfach pauschal zu Gefährdern erklärt, obwohl auch Geimpfte weiterhin ansteckend sind. Der wissenschaftliche Beweis einer Alleinschuld von Ungeimpften fehlt und wird sich wohl auch nicht herleiten lassen.
Fazit: Wenn der Staat sich mit einer Impfpflicht durch die Hintertür durchsetzt, dann wird ein Grundrecht („körperliche Unversehrtheit“) verletzt und die Hemmschwelle zukünftiger Einschränkungen wird verringert. Hier gilt es aufzupassen – denn die individuelle Freiheit des Einzelnen war es doch, die den real existierenden Sozialismus der DDR überwunden hat. Oder?

https://www.heise.de/tp/features/Bundestagswahl-2021-Sternstunde-der-Demokratie-6172774.html
Ein klasse Beitrag auf Telepolis. Anhand der allzu plakativen Wahlslogans der etablierten (sprich im Bundestag vertretenen) Parteien zerpflückt er den „Kult“ um die alle 4 Jahre stattfindenden Bundestagswahlen. Der Wähler hat ja per se nicht wirklich die Möglichkeit, die Politik zu beeinflussen, da er lediglich Menschen wählt, die günstigstenfalls konkrete Punkte umsetzen wollen. Dass diese das auch tatsächlich tun, dafür bekommt der Wähler keine Garantie. Da erschallt keine Sirene und stoppt den Politiker, der seine Versprechen nicht umsetzt. Dabei geschieht dies ja nicht zwangsläufig böswillig; in der Regel kann sich der einzelne Abgeordnete lediglich durch Absprachen, Bündnisse etc. zu einem ernstzunehmenden Faktor entwickeln und aus dieser Position seine Versprechen umsetzen. Die dann natürlich dank der rauen Winde im Berliner Parlamentsviertel bis zur Unkenntlichkeit glattgeschmirgelt sind.
Zwischendurch blitzt immer mal wieder eine Kapitalismus- oder auch Systemkritik auf, denn eigentlich erfüllt die Wahl lediglich eine Alibifunktion, damit der Einzelne sich ernst genommen fühlt. Wichtig ist, dass die Wirtschaft läuft. Der „kleine Mann“ muss lediglich so passabel leben können, dass er seine Arbeitskraft nicht verliert. Er muss an seine Chance auf Wohlstand glauben und hoffen können, damit er im Hamsterrad auch brav mitläuft. Und an dieser Systematik wollen nicht mal mehr die Linken rütteln, obwohl sie sich wenigstens für ein auskömmliches Leben aller Bürger einsetzen.
Ich werde aber trotzdem wählen, damit jemand dafür eine Wahlkampfkostenerstattung erhält. Auch werde ich als Wahlhelfer dabei sein, damit ich noch einmal Zauber und Glanz des ursprünglichen Charakters einer freien und geheimen Wahl (dies zu ermöglichen, dafür haben Menschen gekämpft und sind dafür gestorben) erleben kann.

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