Samstag, 23. Mai 2020

Hartmudo: Mutter


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Berta wollte noch bis zum nächsten Freitag warten und dann den Makler kontaktieren, um zu erfahren, ob Sunny beim Makler wenigstens den Auftrag zum Verkauf von Mutters Wohnung unterschrieben hatte. Ein langes und ausuferndes Gespräch mit Berta war damit endlich zu Ende gegangen.
Sunny hatte dann den Antrag tatsächlich unterschrieben, wie Berta schließlich vom Makler erfuhr. Er hatte Sunny bei einem Besuch in ihrem Haus auch begreiflich machen können, dass 135.000€ für Mutters Wohnung illusorisch waren, zumindest, wenn man die Wohnung bald verkaufen möchte. Und die Rechnungen laufen während der Wartezeit auf einen Käufer ständig weiter!
Es folgten einige Wochen der Ruhe, in denen wir darauf hofften, dass der Makler möglichst schnell einen Käufer an Land ziehen konnte. Berta hatte derweil ihrerseits einen Termin zur Rechtsberatung bei einem Anwalt in Anspruch genommen, um sich explizit wegen möglicher Haftungsfragen bei geplatzten Rechnungen aufgrund der Kontensperrung zu informieren.
Wir hafteten natürlich gesamtschuldnerisch, da kamen wir nicht drum herum. Bei einer Zwangsversteigerung müsste Berta in die Vorhand gehen, diese Auskunft mit der „Vorhand" hatte ich bei meiner Rechtsberatung auch schon erhalten. Dies wäre zugegebenermaßen der worst Case gewesen, wenn Sunny z.B. einen möglichen Kaufvertrag platzen lassen würde, weil ihr der Preis nicht passte.
Ich wiederum war meinerseits fest entschlossen, einen Verkauf platzen zu lassen, falls sich meine Paranoia erfüllen sollte. Wenn sich irgendein Strohmann von Sunny zum Kauf der Wohnung bereit erklären würde, um den Preis zu drücken, um dann die Wohnung hinten herum an Sunny (oder Dörte) zu verscherbeln, dann würde ich notfalls noch beim Notar aufstehen und gehen.
Mitte Januar hatte Sunny sich bei mir nochmals kurz über WhatsApp gemeldet, weil sie eine Erinnerung vom Finanzamt bekommen hatte, die binnen der folgenden Woche dort zurück sein sollte. Offensichtlich konnte Sunny noch nicht einmal sagen, worum genau es sich dabei handelte. Es interessierte sie ja auch offenbar nicht. Für diesen „Papierkram" fühlte sie sich eh nicht zuständig, da spielte sie gern das Dummerchen. Das hat sie eindeutig von ihrer Mutter geerbt.
Alles, was Arbeit macht, sollen bzw. können ja andere machen. Aber wehe, es macht Spaß oder es interessiert sie sogar... Dann bitte nichts entscheiden ohne ihre vorherige Zustimmung. Meine Güte, wie hatte meinen Vater schon durch dieses Gezerre von meiner Mutter leiden müssen. Und Sunny hatte dieses Verhalten von unserer Mutter zu 100% übernommen.
Ich schrieb ihr am nächsten Tag zurück und orakelte, dass es sich wohl um die Erbschaftssteuer (war es natürlich nicht) oder aber um die Einkommenssteuer handelte. Dann müsste dies zum Steuerberater. Schließlich hatte der alle Unterlagen; Sunny konnte die Erinnerung also getrost zum Steuerberater schicken. Nach dieser Nachricht vermied ich es wohlweislich, bei Sunny noch einmal nachzufragen, was denn aus der Erinnerung geworden war.
Und tatsàchlich meldete sich Sunny erst am 2. Februar wieder. „Auftrag ausgeführt." meldete sie leicht vergrätzt mit spitzer Zunge. ‚Na also, geht doch.' dachte ich. Dann legte Sunny über WhatsApp nach. Wo denn die Aufstellung aller Ausgaben von Anfang an bliebe? Schließlich hätten wir lange genug Zeit gehabt.
Mir war dies zu doof und ich reagierte hierauf nicht. Schon unmittelbar nach Mutters Tod hatte sie sich nicht für die Kosten und damit Bertas Engagement interessiert. Das war ja selbstverständlich komplett von Berta und mir zu erledigen; ganz ihre Mutter. Sunnys Energie hatte dann ja gerade mal ausgereicht, um Anfang des Jahres Mutters Konto zu schließen, weil sie Angst hatte, übervorteilt zu werden. Dabei hatte doch gerade sie im Vorfeld Sachen ohne Rücksprache geregelt - den Schmuckverkauf zum Beispiel. Und überhaupt: Wo war denn ihre Abrechnung des Wohnungsflohmarktes? Wenigstens Berta bzw. ihre Kinder, die geholfen hatten, hätte Sunny informieren können.
Da ich also stumm blieb, kam ihre nächste WhatsApp am 19. Februar. Sunny legte auch sofort richtig los. Weil ich nicht geantwortet hatte, war sie bei einem Anwalt gewesen. Das klang gerade so, als ob sie durch mein Schweigen nicht anders konnte. Wie ich schon öfters geschrieben hatte: Behandlungsbedürftig.
Na gut, waren wir jetzt also alle beim Anwalt gewesen. Ihr Anwalt hatte ihr geraten, noch einmal auf Aushändigung der Unterlagen samt Belegen zu drängen. Wenn wir darauf nicht reagieren, hätte sie über ihren Anwalt immer noch die Herausgabe erzwingen können. Die Kosten des Anwalts wären dann von Berta und mir aus unserem Anteil am Nachlass getragen worden. Am Ende meinte sie sogar noch, dass bei einer Erbengemeinschaft jeder die gleichen Rechte und Pflichten hat.
Was ja auch stimmt - Mann, war ich geladen! Ich schrieb Sunny sofort eine Replik. Zuerst einmal hatte ich selbst gar keine Unterlagen; da soll sie sich gefälligst an Berta wenden. Im Übrigen hatte Berta bereits beim allerersten Treffen nach Mutters Tod in der Wohnung eine Abrechnung nebst Belegen dabei. Diese hatte sie ausführlich vorgelesen. Das da Sunny wie Reiner nur körperlich anwesend waren, konnte doch nicht das Problem von Berta oder mir gewesen sein.
Eine Frechheit sondergleichen, jetzt, also Monate später, so zu tun, als wäre sie nie informiert worden. Noch dazu, wo sie das Konto gerade erst eigenhändig dicht gemacht hatte. Aktuelle Kontoauszüge waren so nicht mehr zu kriegen. Berta hätte nicht mal die Chance, zu diesem Zeitpunkt eine neue Abrechnung zu erstellen. Zum Schluss verwies ich sie nochmals an Berta; mir war das Ganze jetzt zu doof. Wenn meine Sestras ein Problem miteinander hatten, sollten sie das gefälligst untereinander klären.
Sunnys Antwort erfolgte 10 Minuten später. Sie sagte, dass ich ihr das zusenden wollte. Ich dachte mir nur: ‚Das mag ja sein. Aber wie soll ich ihr eine Abrechnung schicken, wenn sie das Konto geschlossen hatte?'
Sunny wollte eine schriftliche Auflistung. Sie wollte wissen, was das Essen im La Vita gekostet hatte. Was war da mit den 500,-€, die wir für das Ausräumen der Wohnung erhalten hatten. Sie wollte über alle Ausgaben eine schriftliche Auflistung sehen. Das mit dem Konto wäre ihr Recht, da sie ja nichts erfahren hatte.
Was für eine Verdrehung der Ereignisse. Zuerst hatte Sunny nicht zugehört, als es um die Kosten der Wohnung, Beerdigung etc. ging. Das mit den nicht erhaltenen 500, € für die von Berta beauftragte Wohnungsräumung konnte sie sicherlich nicht wissen, da wir ihr das tatsächlich nicht erzählt hatten. Aber was war denn mit dem Wohnungsflohmarkt? Vor allem mit den Pelzen, die bei ihr geblieben waren?
Immer nur fordern, aber selbst nichts liefern. Das ist Sunny. Diese schlechte Charaktereigenschaft hat sie von Mutter geerbt, ich wiederhole mich da gern. Und erfahren hatte sie natürlich deshalb nichts, weil nichts weiter passiert war. Weder Berta noch mich hatte es interessiert, wann das Geld der Kontoauflösung von Löbbecke auf Mutters Konto ankam. Wir waren da nicht so geierig wie Sunny.
Wenn sie wirklich so interessiert an den Finanzen gewesen wäre - und da gehören eben auch die Kosten dazu, hätte sie sich die ganze Zeit einbringen können. Einfach nur das Dummerchen zu spielen zog bei mir nicht.

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