Donnerstag, 14. November 2019

Hartmudo: Vitalium 17

17
Erneut legte ich meinen Kopf in die Mulde der Massagebank und atmete durch das Laken, welches ich als Unterlage mitgebracht hatte. Die entspannende Massage ließ mich überlegen, mich auch mal in Braunschweig ab und an massieren zu lassen. Selbst eine kurze Entspannung wirkt ja schon beruhigend auf Körper und Geist. Als die Masseurin gegen Ende auch noch meinen Rücken nebst Schultern massierte, musste ich wohl oder übel in die sitzende Position gehen. Zugegebenermaßen hatte ich leichte Probleme, aus dem Liegen heraus in diese Position zu gelangen. Mir war irgendwie mehr nach Liegen bleiben.
Hinterher bedankte ich mich artig und verabschiedete mich von der Masseurin, da dies die zweite und letzte Massage war. Ich hätte sicherlich eine zusätzliche Massage vor Ort buchen können, doch darauf kam ich einfach nicht. Daher führte mich mein Weg aufs Zimmer zurück ...und sofort, aber sofort, auf das Klo.
Mittlerweile sank der Verbrauch an Klopapier pro Sitzung spürbar. Da allerdings die Anzahl der Sitzungen gleichzeitig anstieg, war das Ganze papiertechnisch ein Nullsummenspiel. Doch egal, anschließend schaute ich bei meiner Löwin vorbei. Sie war ebenfalls gut drauf; zusammen packten wir noch schnell die Einkäufe vom Vortag in das Auto, wir hatten ja noch etwas Zeit bis zum Mittag.
Auf dem Weg zurück klopften wir noch schnell im Appartement bei Patti und Pocke an, um unseren Blutdruck zu messen. Wie immer freute sich Cooper höllisch, uns zu sehen. Bei mir zeigten die digitale Ziffern einen Wert von 138:77 an. Da war ich natürlich richtig begeistert; auch meine Mitstreiter waren mit ihren Werten zufrieden. Da hatten die paar Tage in Bad Lauterberg sich bereits positiv bemerkbar gemacht.
Wo wir gerade so nett zusammen herumsaßen, beratschlagten wir sogleich die Planung für den Nachmittag. Pocke griff wieder seinen Vorschlag vom Frühstück auf. Er wäre gern zur Odertalsperre gefahren, weil wir dort auf einer flachen Strecke laufen könnten. Keine Steigungen - für das linke Knie meiner Löwin wäre das ein Segen gewesen.
Meine Löwin fiel als Alternative ein anderer Wanderweg ein. Wir hätten von Romkerhall, dem kleinsten Königreich der Welt, zum Fuß der Okertalsperre wandern können. Diesen Weg waren meine Löwin und ich schon mal mit den Trantüten, unserem Kegelverein, gegangen. Auch dort hätten wir mit keiner Steigung zu kämpfen gehabt.
Jetzt kam von Patti die dritte und beste Alternative. Sie hatte bereits mit der Osteopoathin gesprochen, die sie wegen ihrer Magenprobleme aufgesucht hatte. Stutenmilch wäre für Patti genau das Richtige; passenderweise gibt es da in Thüringen, quasi gleich hinter Hohegeiß, einen Hofladen in einem Ort namens Bockelnhagen. Landkreis Eichsfeld, Home of the Stracke. Pocke hatte es blitzschnell recherchiert: Wir bräuchten bloß 10 km über kleine Landstraßen zu fahren, schon wären wir dort.
Ein Hofladen - da war auch meine Löwin sofort begeistert. Die Entscheidung für Pattis Alternative fiel einstimmig aus. Voller Vorfreude begaben sich die Heilfaster zum Mittagessen, während Patti zunächst zu ihrem Termin um 12.00 Uhr bei der Osteopathin ging. Cooper bewachte solange das Appartement.
Wir betraten den Speisesaal etwas später als die Tage zuvor und waren erstaunt, dass gar kein Essen für Patti auf den Tisch stand. Auch unsere Plätze waren leer; wir gierten doch aber förmlich nach der für diesen Mittag angekündigten Fastensuppe. Kurze Zeit später setzte sich Patti an den Tisch. Ihr Termin mit der Osteopathin war so gut verlaufen, dass sie eine Fortführung dieser Behandlung in Braunschweig ins Auge fasste. Meine Löwin wollte sich dies ebenfalls überlegen und nach der Kur einen Osteopathen suchen.
Wir saßen noch am blanken Tisch, als eine Servicekraft bei uns vorbeischaute und uns Heilfaster wegen des planmäßigen Fastenbrechens ab Freitag befragte. Meine Löwin und ich blieben standhaft und äußerten den Wunsch, mit dem Heilfasten weiterzumachen. Pocke dagegen nahm die Anregung des Fastenbrechens begeistert auf. Das Bittersalz war ihm ja schon nicht gut bekommen. Noch dazu schob er von Tag zu Tag mehr Kohldampf, so dass er das Ende des Fastens händeringend herbeisehnte.
Jetzt endlich wurde uns die Fastensuppe serviert. Beim Blick über die Tassen befiel mich eine gewisse Traurigkeit, weil bei Pocke und auch bei meiner Löwin ein Fitzelchen mehr an Suppe vorhanden war. Wie in den letzten Tagen auch konnten wir die Zutaten dieser himmlisch schmeckenden Köstlichkeit nicht identifizieren. Da hieß es also ordentlich mit Pfeffer nachwürzen und Löffel frei!
Die Küche hatte Patti selbstverständlich nicht vergessen. Der Koch kredenzte ihr eine Lore gedünstetes Gemüse und zwei Pellkartoffeln mit Schälmesser dazu. Es folgte dasselbe Prozedere wie die Tage zuvor. Während wir Heilfaster unsere Suppentassen fast ausgeleckt hätten, verzehrte Patti vielleicht die Hälfte ihres nicht gerade üppigen Mahls. Wie kann man da nur satt sein? Noch eine Woche länger fasten, und ich hätte für ihren Teller getötet.
Nach dem Essen nahm ich beim Gang aufs Zimmer noch die Rechnung für meine Löwin und mich mit. Diese war bereits in unseren Fächern bei der Rezeption hinterlegt. Pocke hatte seine bereits vorher abgeholt und zum Mittag dabei und sogar bezahlt gehabt. Er hatte mir seine Rechnung beim Essen gezeigt; bei ihm waren die ärztlichen Leistungen und Untersuchungen nebst Verordnungen zur Erstattung durch seine Krankenkasse explizit aufgeführt.
Genau diese Aufstellung brauchte auch ich für meine Krankenkasse und bekam sie selbstverständlich nicht. Stattdessen wurde auf meiner Rechnung lediglich der Pauschalpreis nebst Kurtaxe kommentarlos ausgewiesen. Da war ich dann erst mal richtig stinkig, denn mit diesem Wisch würde ich nicht eine müde Kopeke erstattet bekommen.
Und während meine Mitstreiter nach dem Essen ihren Heuwickel genossen, chillte ich erst einmal nicht etwas ab, sondern reklamierte die Rechnung. Die Sekretärin entdeckte ihren Fehler zum Glück nach kurzem Blättern in einem Aktenordner und entschuldigte sich für das Missgeschick. Ein Versehen sei es gewesen; bis zum nächsten Tag wollte sie eine neue Rechnung schreiben. Nun endlich konnte ich mich wie gewohnt zum Schreiben auf mein Zimmer zurückziehen.
Zu meiner großen Überraschung meldete sich meine Löwin bereits kurz nach halb Zwei bei mir. Dieses Mal benötigte sie keine Verschnaufpause nach dem Heuwickel, denn die Aussicht auf den Besuch eines Hofladens setzte bei ihr zusätzliche Kräfte frei. Und so beendete ich schnell meine Schreibtätigkeit und ging mit ihr zusammen zum Appartement, um den Rest der Mannschaft zu aktivieren.
Mit Pockes Mercedes fuhren wir dann alle an Hohegeiß vorbei Richtung Bockelnhagen. Auf der holprigen Landstraße kamen wir gut voran; meine Löwin und ich saßen hinten und hatten Cooper in unsere Mitte genommen. Auf immer kleineren Straßen erreichten wir endlich Bockelnhagen in Thüringen. Wir hatten im Ort sogar die Einfahrt zum Hofladen übersehen, da diese sehr unscheinbar ausgeschildert ist.
Das war allerdings kein Problem. Wir parkten einfach am Straßenrand der Hauptstraße und brauchten bloß ein kleines Stück zu laufen, um dann über eine kleine Brücke einen Bach zu überqueren. Wir erreichten einen Bauernhof, an dessen Ende ein Haus mit großer Schaufensterfront und einer hölzernen Terrasse stand. Über der Tür daneben stand Hofladen drüber, wir waren also richtig.
Witzigerweise stand da ein großer Kicker auf der Terrasse. Eine Fernsehzeitung lag dort auch noch herum. Die Kinderkarre ließ eine familiäre Atmosphäre erahnen. Das wirkte auf jeden Fall erst einmal unprofessionell und ließ uns ein schlecht gehendes Geschäft vermuten, zumal der Laden dunkel war und sich an der Tür ein Schild mit der Aufforderung „bitte klingeln“ befand.
Diesem Wunsch kamen wir umgehend nach und wurden auch mit dem Öffnen der Tür durch die Dame des Hauses belohnt. Die kräftige Mittfünfzigerin begrüßte uns freundlich, aber nicht überschwänglich. Kurze Zeit später kam noch ihr Mann hinzu, der uns letztendlich bediente und auch nicht mit Infos über seinen Betrieb geizte.

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