Donnerstag, 1. August 2019

Hartmudo: Mit dem Rad unterwegs


Mittwoch, 24. Juli. Exakt 5 Monate vor Heiligabend hatte ich meinen jährlichen Gesundheitscheck bei meinem Hausarzt. Wie den Tag zuvor, an dem ich meine Löwin zur Magenspiegelung fahren musste, hatte ich mir Urlaub genommen. Als ich eine Woche zuvor Detzer meinen Besuch für diesen Tag bei ihm zu Hause in Lebenstedt telefonisch angekündigt hatte, war mir dies selbstverständlich entfallen.
Kaum hatte ich den Hörer wieder aufgelegt, da fiel mir der Arzttermin wieder ein. Mensch, im Urlaub bin ich doch sonst auch nicht in Salzgitter. Jedoch... könnte ich am freien Tag mit dem Fahrrad fahren. Das wollte ich schon seit Jahren mal machen - von Braunschweig nach Salzgitter mit meinem Fahrrad fahren! Schnell recherchierte ich die Entfernung und war baff erstaunt, dass es nur knapp über 25 km sind und die Tour laut Google Maps etwa 75 Minuten dauern dürfte.
Da hieß es für mich Nägel mit Köpfen zu machen. Insgesamt 50 km hin und zurück; in der Halbzeit würde ich sicherlich das eine oder andere Pils bei Detzer und Nelling verdrücken. Den Schnaps sollte ich vermeiden, so dachte ich es mir. Ansonsten würde es garantiert mit der Rückfahrt schwierig werden.
Aufgrund der heißen Temperaturen (über 34 Grad) entschied ich mich dann kurzfristig doch noch für die vernünftige Variante. 2,30 € kostet eine Fahrradkarte für die Bahn, auch von SZ nach BS. Und diese würde ich kaufen, noch bevor ich das erste Pils bei Detzer am Hals haben würde. Sicher ist eben sicher.
Somit begann dieser Mittwoch erwartungsgemäß. Kurz nach 6.00 Uhr stand ich auf und verabschiedete kurz darauf meine Löwin, weil diese zur Arbeit musste. Nachdem ich mein Rad noch mal kurz gecheckt und die Reifen voll gepumpt hatte, fuhr ich schnell zu meinem Hausarzt für die üblichen Tests.
Zwischen 7.45 und 8.30 Uhr wurden mir mehrere Kanülen Blut abgenommen, eine Urinprobe sichergestellt und das Ergometer bemüht. 120:80 betrug mein Blutdruck - so sieht der Idealwert aus. Der Doktor ließ sich den Ultraschall und das Röntgen nicht nehmen und gab mir zum Abschluss noch das Päckchen für die Stuhlprobe mit. Als ich dann mein Frühstück im Cafe Meyer in Lehndorf, bei uns um die Ecke, einnahm, hatte ich bereits 10 km mit dem Rad zurückgelegt. Zu der frühen Zeit wehte mir noch ein angenehm kühler Wind um die Nase.
Nach einem Pott Kaffee und 2 belegten Brötchen war es dann für mich an der Zeit, die Strecke nach Salzgitter in Angriff zu nehmen. Um 9:37 Uhr startete ich bei herrlichem Sonnenschein und relativer Windstille meine Tour in Richtung Klein Gleidingen. Dieser erste Streckenabschnitt führte mich an der B1 entlang. Ich kam auf dem gut ausgebauten Radweg zügig voran und war schnell am Raffteich und Lamme vorbei. Bis zum Abzweig Klein Gleidingen hatte ich gerade mal 20 Minuten gebraucht; so konnte es getrost weiter gehen.
Der nächste Abschnitt bis Groß Gleidingen war ebenfalls mit einem gut gepflasterten Radweg ausgestattet. Als ich am dortigen Ortseingang rechts Richtung Sonnenberg abbiegen musste, gab es keinen Radweg mehr und ich musste auf der Straße fahren. Und immer noch kam ich zügig voran, bis ich die Brücke über den Stichkanal nach Salzgitter erreichte.
Hier schob ich das Rad die Böschung hinunter; jetzt würde es am Kanal weiter gehen. Dank der Böschung zu beiden Seiten des Kanals war es hier äußerst windstill, wodurch mir die Sonne mit all ihrer Kraft den Schweiß ins Gesicht treiben konnte. Hinzu kam der schlechte Bodenbelag. Dank der schmalen Fahrrinne aus Schotter kam ich nur noch halb so schnell voran. Als Ausgleich musste ich meinen Kraftaufwand gefühlt verdoppeln.
Obwohl ich mir die kürzeste Strecke in den Tagen zuvor auf Google Maps eingeprägt hatte, war ich jetzt vollkommen planlos unterwegs. Nach geraumer Zeit stand ich vor einem verschlossenen Tor und musste zurückfahren. Etwas weiter zuvor hatte ich einen Übergang zu einem Wirtschaftsweg an den Feldern neben dem Kanal gesehen.
Auf dieser holprigen Strecke kam ich nun etwas schneller voran. Zu diesem Zeitpunkt war mein Unterhemd bereits durchgeschwitzt gewesen. Irgendwie kämpfte ich mich bei der immer größer werdenden Hitze zu einer Ortschaft vor - Üfingen! Oh je, ich wollte eigentlich schon weiter sein. Kurz fragte ich Google nach dem Weg, dann fuhr ich weiter, bis ich die grünen Straßenschilder für die Radfahrer entdeckt hatte.
Ab jetzt fuhr ich nur noch nach den Schildern, die kürzeste Strecke war jetzt vergessen. Über Sauingen stieß ich nach Bleckenstedt durch. Dort folgte ich einem Abzweig nach Lebenstedt (noch 11,1 km!) und sah einen anderen Radfahrer in ca. 200 Meter Entfernung vor mir. Mit einem Mal war dieser weg, ich sah ihn nur noch kurz links auf einem Schotterweg in die Bottnick fahren. Instinktiv fuhr ich ihm hinterher; der Mann kannte sicher eine Abkürzung.
Das war ein Fehler! Auf dem tiefen Schotter hätte ich mich fast auf die Schnauze gelegt und musste absteigen. Ca. 100 Meter schob ich das Rad, dann stieg ich wieder auf und erreichte laut keuchend Hallendorf. Eine Abkürzung sieht anders aus, dafür wusste ich endlich Bescheid, wo ich bin.
Der Rest war dann einfach. Hinter der Hütte, neben der Eisenbahnstrecke, fuhr ich nach Lebenstedt zur Peiner Straße rein und quälte mich dann die Neißestraße entlang. Das letzte Stück an der Berliner Straße legte ich schweißgebadet zurück und erreichte endlich die KVG Verkaufsstelle am Bahnhof.
Dort kaufte ich schnell die Fahrradkarte für den Rückweg, damit ich das erst einmal sicher hatte. Über 90 Minuten hatte ich für diese Tortur gebraucht und konnte im Cafe Milano endlich einen Latte Macchiato schlürfen. Kurz davor schraubte ich mir noch ne eiskalte Coke Zero Flasche (von Rossmann) rein. Nelling kam noch kurz vorbei, aber ich brauchte noch eine knappe Stunde für mich zum Runterkommen.
Um Punkt 13.00 Uhr schaute ich dann bei Detzer und Nelling vorbei. Und ich war nicht der einzige geladene Gast, denn zu meiner großen Freude schaute die Landadelsfrau, meine Kollegin aus einer anderen Abteilung, mit der wir schon zweimal in die Tschechei gefahren waren, bei Detzer und Nelling zum Erzählen und Essen rein. Zu viert saßen wir kurz darauf bei Würstchen und Kartoffelsalat auf dem Balkon im 12. Stock.
Der malerische Blick konnte jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass mir ein anstrengender Nachmittag bevorstand. Gleich nach dem Essen, welches ich mit einem Einbecker Brauherren Pils genießen durfte, tauchte Detzer mit zwei eisgekühlten Pullen aus der Küche auf. Zubrovka in der linken und Malteser in der rechten Hand - da fiel mir der Griff zum Wodka nicht schwer.
Als ich dann rechtzeitig aufbrach, um den Zug um 18.15 Uhr nach Braunschweig zu erwischen, knallte die Sonne immer noch unbarmherzig vom Himmel. Erstaunlicherweise fühlte ich mich nicht im mindesten angeschlagen, als ich zum Bahnhof rollte. In Braunschweig angekommen, schaffte ich sogar noch die 5,5 km bis nach Hause, ohne zu wackeln.
Ein schöner Urlaubstag mal so zwischendurch war zu Ende gegangen. Nach dieser Tour könnte ich mir schon vorstellen, noch einmal nach Salzgitter zu radeln. Aber nicht zur Arbeit, das wäre mir dann doch zu viel des Guten. Und Zubrovka bzw. Schnaps sollte ich reduzieren - meine Waage riet mir am nächsten Morgen dazu.

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