Freitag, 23. Dezember 2022

Warum spielt denn der Poldi nicht?

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Mi. 22. Juni

Als ich heute Morgen zur Haltestelle des Busses wackelte, kamen mir zwei junge Typen entgegen. Früh um halb sechs waren sie noch im Fan-Outfit unterwegs. Einer hatte sich sogar eine Deutschland Fahne quasi als Toga umgeworfen.
„Lachen!“ rief mir der eine Typ entgegen, denn ich schaute etwas grimmig drein. Nicht wegen ihm, sondern wegen der Gräfin. Denn am Samstag hatte ich Post vom Sozialamt bekommen, als amtliche Zustellung. Mein Widerspruch gegen die Nichtberücksichtigung der Gebühren ihres Kontos wurde abgeschmettert.
Gestern Abend hatte es mich doch geprickt. Ich las mir endlich die Begründung der Ablehnung durch. Die Stadt Braunschweig argumentiert mit 2 Sozialgerichtsurteilen, nach denen wohl Kontoführungsgebühren Teil des Regelsatzes, ja auch des Barbetrages für Heimbewohner sei. Nachgeprüft habe ich es noch nicht, denn jetzt ist erst mal EM.
Was mich aber trotzdem richtig griffig macht, ist folgendes: Mit nicht einer Silbe sind sie auf mein Hauptargument eingegangen. Als da wäre, das die italienische Rente der Gräfin nur gezahlt wird, wenn sie ein Konto zur Überweisung hat. Die Gräfin will kein Konto mehr und hat es nur, damit die Italiener die Rentenzahlung nicht einstellen. Das von mir im Widerspruch erwähnte Urteil des Sozialgerichts - Stuttgart, glaube ich - betraf genau diesen Fall. Demnach sind die anfallenden Kontofùhrungsgebühren vom Einkommen abzusetzen bzw. zu erstatten.
Vielleicht schon am Wochenende werde ich die Urteile, nach dem der Widerspruch abgeschmettert wurde, bei Google checken. Sollten die Urteile sich nicht mit Konten befassen, die nur zum Rentenbezug oder ähnlichem bestehen, würde ich als Betreuer der Gräfin eine Klage ins Auge fassen. Dazu müsste mir das Amtsgericht evtl. Kosten des Rechtsanwalts zusichern. Ist dies nicht möglich, werde ich die Betreuung niederlegen.
Denn wegen meiner beruflichen Tätigkeit hätte ich da ein Problem. Erstens weiß ich, das mein Arbeitgeber die Kontofùhrungsgebühren in solchen Fällen als Kosten absetzt, das habe ich im Vorfeld schon erfragt. Und zweitens würde ich normalerweise den Willen der Gräfin umsetzen. Das Konto kündigen, egal, was da kommt.
Die Rente würde eingestellt werden und das Sozialamt müsste über 500,- € jeden Monat zuschießen. Denn wenn das Heim die Gräfin hinauswerfen würde, weil die Stadt den Fehlbetrag nicht übernimmt, müsste die Stadt die dann obdachlose Gräfin trotzdem unterbringen. In dem Heim, in dem sie schon ist. Das wären 500,- € monatlich mehr an Sozialhilfe, weil irgendwelche übereifrigen Rechtsfreunde im Sozialamt 3,99 € monatlich sparen wollen.
Doch dank meiner Kenntnisse im Sozialrecht würde man mir Vorsatz unterstellen, eine Strafanzeige würde drohen und ich wäre meinen Job los. Da bin ich lieber die Betreuung los. All diese düsteren Gedanken waren heute morgen in meinem Kopf.
Erst im Bus beruhigte ich mich wieder. Ein gutes Buch wirkt da Wunder. "Das Signal"von Patrick Lee ist ein herausragend guter Thriller, der nur leicht die Science Fiction streift. Das ist die bei weitem bessere Unterhaltung als Musik über das Smartphone, was viele andere Pendler gerne machen. Oder Whatsapp die ganze Zeit. Brrr.
Wenigstens lief der Zahllauf auf der Arbeit gut. Dann nach Hause, meine Löwin war noch bei Frida zum Friseurtermin. In aller Seelenruhe drückte ich mir 2 kalte Burger, die ich ja gestern noch abgegrillt hatte, in meinen Körper hinein. Alsdann E-Mails checken, ein bisschen Bürokrams und kurz vor Spielbeginn auf den Crosstrainer. Das Training hatte ich in den letzten Tagen leider etwas vernachlässigt.
Und wie der Teufel es will, ging der Crosstrainer ausgerechnet dann kaputt, als meine Löwin gerade nach Hause kam. Ganz große Klasse. Ich hoffe, wir können das Gerät noch einmal reparieren. Ausgerechnet jetzt. Mist. Dazu erklingen im Fernsehen schon die Nationalhymnen vom 18.00 Uhr Spiel.
Gruppe F. Das ZDF entschied sich für Ungarn gegen Portugal. Meine Löwin und ich hegen große Sympathien für das Überraschungsteam aus Island, aber von dieser Paarung erwarteten wir das schönere Spiel. Österreich gegen Island klingt eben nicht gerade sexy.
Die Portugiesen starteten dann auch gleich munter drauf los und hielten die Ungarn in der Defensive. Von denen kam gar nichts, denn sie mussten ja auch nicht. Ungarn war schon fürs Achtelfinale qualifiziert. Und dennoch gingen sie in Führung nach 20 Minuten, es war ihr allererster Torschuss. Das könnte es für Portugal gewesen sein.
Aber die Mannen um Cristiano Ronaldo gaben nicht auf. Die Portugiesen sind das Team mit den meisten Torschüssen im Turnier, allein die Ausbeute war bislang erbärmlich. Es sah auch nicht wirklich nach einer drückenden Überlegenheit aus, die ungarische Abwehr geriet auch nicht ins Schwimmen. Als ich den Pausenpfiff schon herbeisehnte, um noch ein Glas von der gar köstlichen Waldmeisterbrause aus dem Kühlschrank zu holen, da schlugen sie aber doch noch zu.
Ein herrlicher Pass von CR7 in den freien Raum, millimetergenau auf den hineinlaufenden Nani und schon klingelte es im Kasten von Kiraly. Ein wunderbares Tor zum Ausgleich, damit waren die Portugiesen wieder im Achtelfinale. Zur Pause konnte meine Löwin eine gutklassige Partie konstatieren, obwohl kurz vor dem Ausgleich noch unser Nachbar klingelte. Er war genervt, weil unsere Hauswartin die Zeit gestoppt hatte, in der er die Einfahrt zum Hof versperrte.
Sicher muss er ausladen, die Frage ist aber, wie lange so etwas dauert. Ohne es selbst genau gemessen zu haben, fiel mir schon im Frühjahr auf, das er seinen Lieferwagen mindestens eine halbe Stunde einfach so da stehen ließ, obwohl er seine Einkäufe schon längst in der Wohnung hatte. Wahrscheinlich laberte er noch mit seiner Frau. Nach dem Motto: Egal, wer raus will, kann sich ja melden. Dann fährt er ihn sofort weg... Wers glaubt...

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