Dienstag, 17. März 2020

Udorallala: Top Songs 9/?


Im Dudel-Radio spielen sie gerne die Hits der 70er oder 80er, doch „meine“ Hits sind da nie dabei. In loser Folge schreibe ich deshalb über einzelne Songs und warum sie so wichtig, bahnbrechend oder anders wie bedeutend sind. Für mich, für Dich, für uns alle.
Ding Dong – That`s my Song!

The Vibrators - We Vibrate

Sicherlich nicht der beste Song dieser völlig zu Unrecht vergessenen Band, aber für mich persönlich ein Meilenstein meiner Menschwerdung. Will sagen: Dies war der erste Punk Song, nach dem ich das Tanzbein schwang. Seinerzeit im Sportunterricht und das direkt nach "Smoke on the Water", welches demzufolge der erste Song gewesen war, zu dem ich mich bewegt hatte.
Pocke hatte die Single seinerzeit (1977) von einer Reise nach London mitgebracht und sie unserem Sportlehrer untergeschoben, der uns mit einem revolutionären Ansatz (Rockmusik und freies Tanzen in der Turnhalle) beglückt hatte. Währenddessen und auch sonst beglückte er die langhaarige blonde Mitschülerin mit den großen Brüsten mit wachsender Begeisterung im Nebenraum.
Die Band fand im Februar 1976 zusammen und absolvierte einen ersten Gig als Vorband der Stranglers. Bereits im November 1976 konnten sie "We Vibrate" als eine der ersten Punk Singles auf Mickie Mosts RAK Label veröffentlichen. Most hatte bereits Hot Chocolate, Mud, Suzie Quatro oder Smokie (würg!) in die Hitparaden geschossen, doch mit den Vibrators gelang ihm dies nicht.
Ebenfalls noch 1976 erschien "Pogo Dancing". Bei dieser Aufnahme fungierten die Vibrators als Backing Band für Chris Spedding. Aufgrund dieser Zusammenarbeit bei Speddings Song hält sich bis heute das Gerücht, dass Spedding "We Vibrate" produziert hätte. Jedoch ist auf der Single Mickie Most als Producer angegeben.
"We Vibrate" startet dann auch im typischen Soundgewand von Most, mit dem er z.B. Mud oder Racey zu Hitmaschinen produzierte. Ein eingängiger Gitarrenlick läutet den Song ein, während im Hintergrund ein blubbernder Synthie zu hören ist, der im Song an und für sich nichts zu suchen hat. Deshalb hier auch eine Live Aufnahme von 1978 mit anderen Songs. Old Grey Whistle Test - eine wahre Schatzkiste.


 
 

Nach dieser Einführung wird es schnell. Die seinerzeit ungewöhnlich schnellen Gitarren begleiten die eingängige Melodie im typisch punkigen Stakkato-Rhythmus. Der hymnenhafte Gesang, der insbesondere beim Refrain zum Mitgröhlen einlädt, lässt das leidige Synthie Geschwurbel schnell vergessen.
"We vibrate
Vibrate together, vibrate,
Stamp our shoe leather, vibrate.
Tear at the tether,
C'mon everybody let's vibrate together."
Knapp über zwei Minuten dauert dieses frühe Meisterwerk der Band. Die notwendigen schnellen Hüpfbewegungen konnten wir deshalb in der Turnhalle bis zum Songende locker durchhalten.
November 1976 - was war da in den Charts los? Anfang jenes Monats war Pussycat mit "Mississipi" auf der Pole. "If You leave me now" von Chicago auf 2 war ja wenigstens noch ein schöner Song. "Rod the Mod" jammerte sich mit "Sailing" auf die 9 und "Beautiful Noise" wie auch "Lost in France" kämpften sich von den hinteren Positionen nach vorne. Einen Punk Song sucht man dort vergeblich.
Eigentlich ist es eine Schande, dass die Vibrators keine große Karriere gestartet hatten. Nach den beiden genannten Singles landeten sie für ihren ersten Longplayer bei Epic Records. Auf diesem grandiosen Album ohne Schwächen waren das unsterbliche „Baby, Baby“ oder auch „Stiff little Fingers“ verewigt. Eine junge Band aus Belfast benannte sich sogar nach diesem Song.
Auch der zweite Longplayer ein Jahr später war mit enormen Hitpotential versehen, doch der verdiente Erfolg blieb aus. Es sprang mit „Automatic Lover“ lediglich eine Top Forty Platzierung heraus. Mit „Disco in Moscow“ erschien im Oktober 1980 noch einmal ein Lebenszeichen der umformierten Band, aber die Qualität der ersten beiden Longplayer hatte die Band nicht mehr erreichen können.
Von den Toten Hosen Anfang der 90er Jahre ausgegraben, tourten sie im Vorprogramm der deutschen Vorzeigepunker. Da hatte ich sie sogar gesehen, 1992 in der Eilenriedehalle. Neuere Sachen aus diesem Jahrtausend (die Band tourt immer noch) habe ich auch gehört, aus alter Liebe.
Die Qualität der ersten Zwei erreichten sie aber nie wieder. Und wenn selbst solche Juwelen keine Chance hatten…

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen