Mittwoch, 18. Oktober 2017

Uncle Fester: grad gelesen Oktober 2017

Patrick S. Tomlinson – The Ark
Und noch ein neuer Autor. Die letzte Reise der Menschheit heißt es im Untertitel, das hört sich ja erst einmal gut an. Meine Hoffnung auf ein spannendes Lesevergnügen wurde dann auch nicht enttäuscht. Die Science Fiction Elemente sind hier zwar eher Nebensache, denn eigentlich handelt es sich bei diesem Roman eher um einen Krimi. Die Science Fiction dient mehr dazu, einen „locked room“ zu etablieren, um Spannung in die Geschichte zu bekommen.
Bereits seit 100 Jahren befindet sich das gewaltige Schiff „the Ark“ auf den Weg nach Tau Ceti, auf dessen Planeten erdähnliche Bedingungen herrschen. Auf den 2 Habitaten, die lediglich über einen Zylinder verbunden sind, leben die letzten 50.000 Menschen, denn die Erde wurde von einer plötzlich auftauchenden Singularität namens Nibiru zerstört.
Bryan Benson ist Police Detective von Avalon, einem der beiden Habitate, und ein ehemaliger Star des Zero, einer Art American Football in Schwerelosigkeit. Jedes Jahr spielen die Teams der beiden Habitate gegeneinander um die Meisterschaft. Es ist die letzte Meisterschaft vor der Ankunft, als Benson von Chao Feng, dem 1. Offizier und Verwaltungschef von Avalon, angerufen wird. Der Biologe Edmond Laraby wird vermisst.
Alle Bewohner tragen ein Implantat, über das sie geortet werden können. Und das von Laraby ist vom Schirm verschwunden. Zusammen mit seiner Assistentin und Geliebten Theresa Alexopoulos nimmt Benson die Ermittlungen auf. Die Leiche von Laraby findet er außerhalb der Station, doch wer war der Mörder?
Zunächst scheint Feng hinter einer Verschwörung um den Mord zu stecken, aber wie sich später herausstellt, waren er und Laraby ein Paar, das ein Kind adoptieren wollte. Und das ist auf der Arche verpönt, dass ein schwules Pärchen offen zusammenlebt, noch dazu mit einem Kind. Feng war es also nicht und so fängt der Roman ab der Hälfte fast nochmal von vorne an.
Feng und Laraby hatten alte Gemälde gesammelt, und über den ehemaligen Meisterdieb dieser Art von Gemälden namens Sal findet Benson in den Tiefen der Arche David Kimura. Dieser haust in den Tiefgeschossen der Arche mit einer Handvoll Kinder und Jugendlichen, die allesamt kein Implantat tragen und deshalb nicht geortet werden können.
Kimura und seine Leute entpuppen sich als Terroristen, die die Arche zerstören wollen. Fast hätte Kimura dies auch geschafft. Die Hälfte der Archenpopulation musste daran glauben, als Kimura Shangri-La sprengen ließ. Benson kann noch schlimmeres verhüten, wird aber zwischenzeitlich verhaftet.
Als Mörderin von Laraby entpuppt sich schließlich Avelina, die wissenschaftliche Leiterin der Arche und Chefin von Laraby. Sie hatte mit Kimura kooperiert und das alles nur, um eine neu entdeckte, intelligente Spezies auf einer Insel auf dem Tau Ceti Planeten, auf dem die Menschen landen und siedeln wollen. Laraby wollte das ignorieren un d musste deshalb sterben.
Ganz zum Schluss kommt also doch noch einmal etwas Science Fiction in die Geschichte, die ansonsten eine normale und nicht gerade sensationelle Krimi Handlung bietet. Ganz nebenbei wird noch die Vermutung geäußert, dass die Singularität Nibiru von einer nicht näher beschriebenen hochentwickelten Alien Spezies auf die Erde losgelassen worden sein muss.
Der Roman ließ sich gut lesen und war unterhaltsam. Aber trotzdem: Die Science Fiction Elemente sind dürftig und werden am Schluss noch schnell hingeschludert.Das aber so dilettantisch, das die eventuell beabsichtigte Vorfreude auf Folgebände auf der Strecke bleibt.


                             

Al Robertson – Dunkler Orbit
Dieser Roman eines zum Glück vom technischen Sachverstand befreiten Engländers bietet ein fast ähnliches Szenario, ist aber mehr Science Fiction, versprochen. Dafür liest er sich schwieriger lesen, ist der Autor doch Lyriker (würg) und Kommunikationsberater.
Die Menschen haben es endlich geschafft, ihren Heimatplaneten in eine verstrahlte und damit unbewohnbare Ödnis zu verwandeln. Die letzten Menschen befinden sich auf einer Raumstation im Sonnensystem, welche von künstlichen Intelligenzen beherrscht werden. Diese firmieren nicht ohne Grund unter dem aus der griechischen Mythologie entlehnten Begriff Pantheon, herrschen sie doch gottgleich auf der Station und haben die Menschen unter eine moderne Leibeigenschaft gezwungen.
Eine der KI`s namens Totalität will die Menschen aus der Umklammerung des Pantheons befreien. Kingdom, eine der führenden Intelligenzen des Pantheons, macht sich dies zunutze und zettelt im Vorfeld der Handlung einen Krieg gegen die Totalität, die ihre Basis wohl im Asteroidengürtel hat, an. Ein großer Steinbrocken wird von Kingdom auf die menschliche Klonie auf den Mond geschleudert. Dabei sterben die Kinder der Menschen; die hinterlistige Tat wird der Totalität angehängt. Es kommt zu einem mehr oder weniger brüchigen Waffenstillstand, dank der Kingdom seinen Einfluss auf der Station ausdehnen kann.
Hauptakteur des Romans ist der ehemalige Buchhalter Jack Forster, der während des Krieges im Auftrag des Pantheonmitglieds Grey im Weltall die Drohnen der Totalität zerstört hatte, bis er gefangen genommen wurde. Unterstützt wurde er dabei von der „Puppe“ Hugo Fist, die ihrerseits selbst ein KI ist und sich anderseits in einen Puppenkörper a la Chucky manifestiert.
Da Grey nach dem Waffenstillstand dank Betreibens durch Kingdom geächtet wird und seine Macht verliert, kehrt Jack aus der Gefangenschaft als vermeintlicher Feigling und Kriegsverbrecher zurück. Nach wenigen Tagen wird er sein Leben und vor allem seinen Körper verlieren; diesen soll Hugo Fist erhalten, der sich schon darauf freut. Das ist der Start der Story.
Die Interaktion zwischen Jack und Hugo ist anfangs von gegenseitigem Hass geprägt, wandelt sich jedoch im Laufe der Story in ein tiefes Verständnis zueinander. Da Jack nichts weiter sonst zu tun hat, setzt er seine Ermittlungen als Detektiv (diesen Job hatte Grey ihm vor dem Krieg auferlegt) fort. Der Mord an Björn Penderville, der den Stein auf den Mond abgeschossen hatte, war immer noch nicht geklärt.
Jack hatte zu Beginn des Krieges zusammen mit seinem Chef Harry Devlin in diesem Mordfall ermittelt. Da Harry anscheinend selber ermordet worden war, verliefen die weiteren Ermittlungen im Sande. Sagte ich anscheinend? Eine Leiche von Harry wurde nie gefunden und tatsächlich übernimmt er eine wichtige Rolle im Roman.
Eine weitere wichtige Figur ist Harrys Ehefrau Andrea Hui, eine begnadete Sängerin. Jack hatte ein Verhältnis mit ihr, war unsterblich in sie verliebt. Leider ist sie auch tot, wohl wie Harry und Penderville von der Killerin Aud Yamata getötet. Aber anders als die beiden Kerle ist sie eine Wiedergängerin. Ihr Bewusstsein ist auf einem Server gespeichert; sie kann, ähnlich wie Fist, auf einen geklonten Körper zugreifen. Und das ist ihr eigener.
Da Harry allerdings selbst tatsächlich tot ist, nur auf einem vom Pantheon unabhängigem Server läuft, kann er sich der Verfolgung durch Kingdom entziehen, ihn letztendlich sogar töten. Gleich danach findet der Bösewicht Harry in Hugo Fist seinen Meister und wird seinerseits getötet. Am Ende ist Grey rehabilitiert und die Totalität sorgt zur Zufriedenheit aller für Gerechtigkeit. Jack und Hugo werden Freunde; Jack kann seinen Körper behalten und Hugo bekommt einen anderen. Soweit also alles tutti. Nur Andrea hat sich von Jack endgültig getrennt. Die Wiedergängerin wollte von Jack nichts mehr wissen.
Insgesamt war der Roman schwer zu lesen. Der Plot war interessant, auch wenn die vielen unterschiedlichen Manifestationen der Protagonisten schon sehr verwirrend waren. Daher würde ich das Buch zwar empfehlen. Aber nur, wenn Du es hinbekommst, öfters mal mehr als 50 Seiten am Stück zu lesen, um gut in der Handlung drin zu sein.
 

John Sandford und Ctein – Das Objekt Hier merkt man gleich, dass ein Physiker mit im Boot ist. Ctein ist dazu noch ein langhaariger Althippie und Photokünstler. Man gut, dass der Thrillerautor John Sandford mit an Bord ist. Das bringt Leben in die einzelnen Figuren.
Es geht hier um ein Wettrennen zwischen den Amerikanern und Chinesen zum Saturn, denn auf einem der Monde zwischen den Ringen konnte mithilfe eines Radioteleskops ein Objekt im Anflug beobachtet werden, das eindeutig künstlich ist. Ein Alienraumschiff! Und der langhaarige Althippie Sandy Darlington (alter Ego von Ctein?) hat es durch Zufall beim routinemäßigen Überwachen der Teleskopaufnahmen entdeckt.
Er wird relativ eindeutig als „Big Lebowski“ dargestellt und ist im Observatorium eher als Hilfsarbeiter beschäftigt, wird aber von den Amerikanern trotzdem mit auf die binnen 8 Monaten quasi aus dem Nichts improvisierte Expedition zum Saturn mitgenommen. Doch was sonst zunächst keiner weiß – außer dem Sicherheitsberater der US Präsidentin – ist, dass Sandy eigentlich ein hochdekorierter Einzelkämpfer einer der unzähligen Sondereinheiten ist. Für die Nichteingeweihten ist er einfach nur ein nichtsnutziger Milliardärssohn, der sich irgendwie in die Expedition geschmuggelt hat.
Der erwähnte Sicherheitsberater der Präsidentin namens Mr. Crow stellt höchstpersönlich die benötigte Crew zusammen und fliegt als verlängerter Arm der Präsidentin Santeros selbst mit. Er genießt an Bord der „Nixon“ einen Diplomatenstatus und wirkt auch so: Harmlos und ein typischer Bürokrat. Nur der Captain der Expedition (und natürlich Sandy) ist eingeweiht. In Sicherheitsbelangen hat Mr. Crow nicht nur eine beratende Funktion an Bord des Schiffes.
Dieses Schiff ist übrigens nichts weiter als eine umgebaute Weltraumstation. Captain Naomi Fang-Castro befehligt das zusammengestoppelte Raumschiff und hat alles zunächst im Griff. Als die Amis vor den Chinesen den Mond in den Saturnringen erreichen, hat sie noch alles im Griff. Als die Chinesen kurz nach den Amis den Mond erreichen, spitzt sich die Lage zu.
Die Station der Aliens auf dem Mond entpuppt sich als Tauschstation. Die Menschen bekommen u.a. für ein paar Grateful Dead Songs 8 Memory Module, mit deren Hilfe sich die Amis einen mehr als 100jährigen Technologievorsprung vor den Chinesen sichern wollen. Diese wiederum eilen der „Nixon“ hinterher und müssen von den Amis gerettet werden. Als Dank übernehmen die Chinesen die Kontrolle der Nixon, werden aber durch Crow und Sandy ausgebremst, die mit der Zündung einer von den Amis zur Sicherheit gebauten Atombombe drohen. Leider gehen bei dieser Auseinandersetzung wesentliche Teile der Module verloren, weil Sandy sie zerstört, um die Chinesen zur Aufgabe der Besetzung des Schiffes zu zwingen. Erfolgreich.
Eine Pattsituation – auch auf der Erde, wo dank der Differenzen im All um die Memory Module ein Atomkrieg drohte. Die Politiker können das ihren jeweiligen Bürgern nur erklären, indem sie Sandy zum Sündenbock stempeln, und ihn lebenslang in den Knast sperren. Aber dieser hat wesentliche Elemente der Module insgeheim retten können und kann sich dank dieser freikaufen.
Was mir am Roman am meisten gefallen hat, ist die Vielzahl der präzise gezeichneten Charaktere. Gerade die, welche ich noch nicht erwähnt hatte. Clover ist Anthropologe und gibt auf der Reise interessante philosophische Ansätze von sich. Er hat auch die Idee für die unter der Besatzung laufende Wette, wann Sandy, der offiziell die bekannte Journalistin Fiorella als Kameramann begleitet, fickt.
Martinez, der Mechaniker. Zhang Ming-Hoa, der chinesische Kommandant. Er wird erst auf Seite 382 vorgestellt. Und ganz besonders Becca. Die geniale Ingenieurin hatte in kürzester Zeit den Antrieb optimiert und reist quasi als „Scotty“ mit. Rebecca Johansson, so ihr richtiger Name, dominiert die erste Hälfte des Romans und verliebt sich in Sandy. Bei einem Außeneinsatz wird sie aber bereits zur Hälfte des Romans getötet.
Ein starker Zug der Autoren, die sich den Verlust einer der tragenden Figuren zur Halbzeit leisten können. Deshalb gebe ich hier eine unbedingte Leseempfehlung ab.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen